0491 - Der Blutjäger
an den langen Beinen und ein Korsett aus weichem Leder, dessen oberer Rand ihre beiden gut geformten Brüste höher schob. Auf den hochhackigen Pumps hätte ich nicht stehen können, sie aber hatte sich lässig vor mir aufgebaut und ein Bein sogar angezogen, so daß ihre linke Wade gegen das rechte Schienbein gedrückt wurde. Dabei rauchte sie eine Zigarette, die in einer silbrig glänzenden Spitze steckte.
Ich saß an einem kleinen, runden Tisch ziemlich in der Ecke, hatte einen Whisky-Soda vor mir stehen und schaute zu, wie sie mir eine Rauchwolke ins Gesicht blies.
»Allein?«
»Ja.«
Sie lächelte. »Nicht mehr lange.« Mit einer grazilen Bewegung nahm sie neben mir Platz und rückte mir dabei dicht auf die Pelle. Ich mochte ihr Parfüm nicht und auch nicht ihr unechtes Lächeln. Sie besaß ein Puppengesicht, in dem der Mund besonders stark auffiel.
»Was darf ich mir bestellen, Süßer?«
»Alles, was du willst.«
Ihr fiel fast die Zigarettenspitze aus der Hand. »Ehrlich? Oder hast du mich angelogen?«
»Nein, bestell dir, was du willst.« Ich deutete nach vorn. »Das ist ein öffentliches Lokal. Hier kann jeder trinken, was er gern möchte. Oder nicht?«
»Moment mal, Süßer, so habe ich das nicht gemeint.«
»Wie denn?«
»Du sollst mir einen ausgeben.«
»Ach so ist das. Nein, das ist nicht drin. Bei meinem kleinen Gehalt und der Familie…«
Sie schnellte hoch wie eine Spirale, die vom Gegendruck befreit worden war. Ihr Gesicht verzerrt sich. »Du Arsch«, sagte sie im lockeren Hafenslang. »Ich kann mich selbst ver…«
Ich legte meinen Zeigefinger auf die Lippen. Sie verstummte tatsächlich und rauschte in Richtung Bar ab.
Ich hockte ja nicht ohne Grund in diesem Anmachschuppen, der auf den skurrilen Namen »Blondie« hörte. Wahrscheinlich deshalb, weil einige Poster der verstorbenen Filmdiva Marilyn Monroe an den Wänden hingen und bereits vergilbt waren.
Das Lokal gehörte zu den teureren Schuppen. Es existierte seit zwei Jahren, und freiwillig saß ich hier auch nicht, um meinen Whisky auf Spesen zu trinken.
Mich hatte eine gewisse Eva Leitner bestellt, die mich unbedingt sprechen wollte. Sie hatte etwas von Vampiren erzählt und davon, daß jemand gepfählt worden war. Wie die Frau oder das Mädchen aussah, wußte ich nicht: Ich hoffte, daß sie bald erscheinen würde und mich nicht zu lange warten ließ.
Wer Eva Leitner war und als was man sie hier beschäftigte, hatte ich noch nicht erfahren. Viel Auswahl gab es nicht. Sie konnte als Animiergirl arbeiten oder hinter der Bar stehen. Vielleicht auch als Stripperin. Hin und wieder trat eine auf.
Zehn Minuten hockte ich schon auf meinem Platz. Getan hatte sich nichts. Ich konnte die Gäste beobachten, die an den Tischen hockten oder die Plätze an der Bar eingenommen hatten. Kein Gast war allein. Die Mädchen kümmerten sich intensiv um die erlebnishungrigen Männer.
Ich nippte am Whisky, der nicht zu den großen Sorten zählte, dafür aber groß im Preis war, stellte das Glas wieder ab und streckte die Beine aus. Fünf Minuten wollte ich Eva Leitner noch geben.
Wenn sie bis dann nicht gekommen war, wollte ich nachfragen, wo sie steckte.
Auch in der folgenden Zeit blieb alles normal, sah man mal davon ab, daß eine gazellenschlanke Tänzerin sich langsam entblätterte.
Sie machte das sehr geschickt und zeigte auch gute tänzerische Qualitäten. Mit sicheren Bewegungen schälte sie sich aus einem roten Tüllkostüm. Die Fetzen warf sie in die Luft. Es dauerte eine Weile, bis der leichte Stoff zu Boden oder zwischen die zuschauenden Gäste fiel.
War das vielleicht Eva Leitner?
Ich wollte nicht so recht daran glauben und hielt eines der Mädchen fest, als es dicht an mir vorbeistrich.
Sie stammte aus Asien und war recht klein. »Ja?« fragte sie und bekam ihr lockendes Lächeln.
»Ich möchte zu Eva Leitner.«
»Die arbeitet beim Chef. Ist so etwas wie…« Die Asiatin verzog ihre Lippen. »Ja, Sekretärin, sagt man wohl. Die ist über das Bett des Kerls hochgekommen.«
»Und wie heißt der Mann?«
»Cecil Carny, auch C. C. genannt. Reicht Ihnen das?«
»Danke und wie.«
»Ich trinke übrigens Champagner«, sagte sie im Wegschweben und drehte ihr beachtliches Hinterteil.
»Dann Cheerio!« rief ich ihr noch nach, als ich mich erhob. Das halbvolle Glas ließ ich stehen.
Außerdem war ich leicht sauer. Das hätte mir Eva auch sagen können. Dann wäre ich direkt zu ihrem Chef gegangen.
Klar, die Abkürzung C. C. war mir
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