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0492 - Die Wölfin von Rom

0492 - Die Wölfin von Rom

Titel: 0492 - Die Wölfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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drosch zudem noch seinen Fuß gegen das Türschloß.
    Mit der Haustür zusammen fiel er in den Flur. Dort hatten er und Julietta schon oft gestanden, sie hatte ihn regelrecht heiß gemacht, und nicht nur ihn. Julietta »spielte« mit vielen Männern aus dem Viertel, da konnte Gibli rasend werden.
    Daran dachte er jetzt nicht. Er wollte nur das Mädchen retten, weil er glaubte, daß es sein Schrei gewesen war.
    So klein die Häuser auch waren, man konnte sich immer wieder wundern, wie viele Menschen dort wohnten. In An- und Umbauten, in alten Ställen, Baracken auf den Höfen oder halb zerfallenen Taubenschlägen. In der Nacht waren fast alle zu Hause, und die Bewohner hatten auch ihre Buden und Zimmer verlassen.
    Sie drängten sich im Flur zusammen.
    Verzerrte, ängstliche Gesichter starrten den jungen Carabiniere an. Da war die dicke Mama, die tagsüber ihre Nudeln verkaufte und ihren Mann mit einer Nudelrolle am Abend verdrosch, wenn er wieder nach anderen Weibern geschaut hatte. Er sah die Kinder, die alten Frauen, die Männer mit den ausdruckslosen Gesichtern, andere wiederum waren haßerfüllt. Zwei junge Burschen hielten Messer umklammert.
    Gibli wühlte sich die Treppe hoch. Er stieß Körper zur Seite und fragte die Frau, die auch mal auf den Strich ging und neben Julietta ihre Wohnung hatte: »Hast du sie gesehen, Carla? Hast du sie gesehen?«
    »Wen denn?«
    »Julietta!«
    »Was willst du von Julietta, du eifersüchtiger Gockel? Ja, sie ist zu Hause, aber sie ist trotzdem nicht allein. Der Hund, weißt du? Er ist zu ihr…«
    »Das war kein Hund!« schrie Gibli. »Ich habe einen Wolf gesehen, verstehst du? Einen Wolf. Das Heulen, das war…« Er winkte ab, weil ihm niemand mehr zuhörte.
    Juliettas Tür stand offen. Giblis Kehle wurde trocken. Die Tür sah nicht so aus, als wäre sie gewaltsam eingerammt worden. Hatte Julietta sie vielleicht geöffnet?
    Der Carabiniere war vorsichtig. In der rechten Hand hielt er seinen Schlagstock, diese Waffe, mit der er sich schon des öfteren Respekt verschafft hatte. Er beging nicht den Fehler, sofort in den Raum zu stürmen, mit dem Fuß stieß er die Tür so weit auf, daß er in das Zimmer hineinschauen konnte.
    Hinter ihm drängten sich die Bewohner. Der Flur war eng. Er roch die Ausdünstungen der Menschen. Die Hälfte von ihnen trug Schlafanzüge und Nachthemden.
    Keiner traute sich, jeder wartete auf Gibli, der schwitzte und sein Herz hämmern hörte. »Geht doch weg!« sagte er hastig, dabei einen Blick über die Schulter werfend.
    Sie blieben, starrten ihn aus ängstlichen und neugierigen Augen an. Mundwinkel zuckten, Lippen waren in die Breite gezogen und lächelten verzerrt.
    Dann war es soweit.
    Mit dem rechten Fuß trat er die Tür auf. Sie schlug nach innen, der Blick war frei.
    Ein Raum, vollgestopft mit alten Möbeln, zwei Fenster, eines davon zerbrochen. Und vor dem Fenster lag eine Gestalt.
    Julietta!
    Sie trug ein weißes Kleid, mehr ein Nachthemd. Der Wind wehte in den Raum und spielte mit dem Stoff.
    Gibli ging näher. Er hatte das Gefühl, über Teer zu laufen. Jeder Schritt fiel ihm schwer.
    »Julietta«, sagte er mit rauher Stimme. »Julietta…«
    Sie rührte sich nicht. Gibli bekam Angst. War sie tot, hatte die Bestie sie zerrissen?
    Er sah kein Blut, und dann bewegte sie sich. Zuerst stöhnte sie, bevor sie sich auf die Seite drehte, den Kopf anhob und Gibli mit einem Blick ansah, der ihm sagte, daß sie ihn überhaupt nicht erkannte, weil sie unter einem Schock stand.
    Erst jetzt sah er das Blut. An der rechten Seite verschmierte es ihr helles Kleid. Von der Schulter angefangen bis zur Hüfte. Irgendwo dort hatten sie die Zähne der Bestie erwischt. Er fiel vor dem Mädchen auf die Knie.
    »Julietta, mein Gott. Mädchen…« Er preßte ihr Gesicht mit beiden Händen zusammen, flüsterte immer wieder ihren Namen und hörte ihr schmerzvolles Stöhnen.
    An der Tür entstand Bewegung. Die Menschen schauten in den Raum. Zuerst nur die besonders Mutigen, doch auch ihre Blicke waren scheu. Dann drängten die anderen nach, schließlich war niemand mehr draußen.
    »Einen Arzt, verdammt!« fuhr Gibli die Neugierigen an. »Holt endlich einen Arzt! Her mit dem Dottore!«
    Zwei rannten weg, um zu telefonieren. Julietta aber öffnete die Augen. Ihr Blick hatte sich wieder normalisiert. Sie sah in Giblis Gesicht und bewegte leicht die Lippen. »Du bist es«, flüsterte sie.
    »Du bist es. Er ist gekommen. Es war grauenhaft. Die Bestie sprang in das Zimmer.

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