0492 - Die Wölfin von Rom
noch sagen sollte.
Sheila schaute uns bittend an. »Seid vorsichtig, ja? Tut alles, um zu vermeiden, daß Johnny stirbt.«
»Sicher.«
Suko wollte noch wissen, ob die Conollys genaue Angaben darüber hatten, wo sie sich aufzuhalten hatten.
»Nein«, sagte Bill, »man sagte uns, daß wir auf dem Petersplatz zu warten hätten. Aber ich habe das Gefühl, daß es erst der Anfang ist. Man will uns zeigen, wer demnächst herrscht. Die Macht der Wölfe soll gestärkt werden. Wahrscheinlich wird unser Tod den Anfang bilden. Es steht jemand dahinter…«
»Sag mal, Bill, die Stimme, die so zischelnd sprach. Hast du sie erkannt?«
»Nein, John. Ich zerbrach mir den Kopf, aber mir ist nichts eingefallen.«
»Tatsächlich nicht?«
»Der Anrufer muß uns kennen und wir ihn möglicherweise auch«, setzte Suko nach.
»Ich dachte schon an Lupina«, sagte Bill leise. »Aber sie existiert ja nicht mehr.«
»Richtig, die Allianz ist gesprengt, bevor sie noch richtig entstehen konnte.« Suko drehte sich mir zu. »Hast du einen Verdacht, John?«
»Nein.«
»Es muß jedenfalls ein Riesentier sein«, flüsterte Bill. »Wir haben es gesehen, als man Johnny entführte. Sheila und ich hatten den Eindruck, als würde es wachsen.«
»Der Gedanke ist zwar fantastisch«, sagte ich. »Aber könnte möglicherweise eine alte römische Legende wahr geworden sein? Ich denke da an Romulus und Remus.«
Meine Freunde staunten mich an. Auch der Commissario bekam den Mund nicht zu. »Nein«, sagte er, »das ist Spekulation, Signor Sinclair. Reine Spekulation. Fantasy, mehr nicht. Alles zu unwahrscheinlich, viel zu unwahrscheinlich.« Er schüttelte den Kopf und lachte.
Wir nicht, doch Spekulationen hatten einfach keinen Sinn.
»Okay«, sagte ich abschließend und nickte. »Es bleibt dabei, daß wir uns spätestens um Mitternacht sehen. Macht’s gut.« Suko und ich verabschiedeten uns von Sheila, Bill wollte uns noch bis auf den Gang bringen.
»Sie ist völlig fertig«, erklärte er. »Wir haben beide gelitten. Die Zeit bis Mitternacht wird sich lange hinziehen und…«
»Okay. Bill, wir versuchen alles.«
»Ich weiß. John.«
Er ging zurück zu seiner Frau, begleitet von unseren Blicken. Savini wischte über seine Stirn. »In der Haut Ihrer Freunde möchte ich nicht stecken«, flüsterte er. »Was müssen die beiden alles hinter sich haben. Und dann noch dieses Treffen. Sollen wir nicht doch den gesamten Platz abriegeln?«
»Nein, Kollege.«
»Ich werde im Hintergrund dabei sein und mir die Sache ansehen.«
»Das können wir Ihnen nicht verbieten, Commissario.«
»Dann kann ich nur hoffen, daß alles gutgeht.«
Diese Hoffnung hatten Suko und ich auch. Ob sie sich allerdings erfüllen würde, stand in den Sternen…
***
Auf einer Länge von etwas mehr als 500 Metern führte von der Piazza Pia, wo die berühmte Engelsburg steht, die Via della Conciliazione direkt auf die Piazza San Pietro, den Petersplatz, dessen Rückseite von den gewaltigen Gebäuden des Petersdoms beherrscht wird, dessen Kuppeldach alles andere überragte.
Ein Bauwerk, das Geschichte gemacht hatte. Errichtet zu Ehren des Apostels Petrus, dessen Gebeine unter der Kirche liegen sollten.
Millionen Besucher hatten schon auf dem Petersplatz gestanden und sich von der Umgebung faszinieren lassen. Sie hatten den Segen des Papstes erhalten und seinen Predigten zugehört oder dem Klang der mächtigen Osterglocken gelauscht.
Das alles war bekannt. Aber es gab auch Stunden, wo der Platz wie leergefegt wirkte.
Da gehörte Rom den Römern, und sie hatten kein Interesse, in der Nacht diese historische Stätte zu besuchen. Sie suchten ihr Vergnügen woanders. In den Gassen, den Straßen, den Lokalen, wo man draußen saß und speiste, um dann anschließend das nächste Abenteuer zu suchen.
Einen offiziellen Parkplatz gab es dort nicht in der Nähe.
Dennoch fuhren Bill und Sheila mit einem Leih-Fiat über die schnurgerade Straße ihrem Ziel entgegen.
Sie sprachen nicht mehr miteinander. Es war eigentlich alles gesagt worden, aber sie dachten beide nur an ihren Sohn!
Die Via della Conciliazione war so gut wie leer. Der Blick war auch in der Dunkelheit phantastisch, weil die Kuppel des Petersdoms angestrahlt wurde und wie eine goldene Lichtglocke die dunkelblaue Finsternis erhellte.
Über Rom wölbte sich der Himmel im Glanz der Sterne. Ein wunderschöner Tag lag hinter der Stadt. Für viele ging es jetzt weiter. Die Restaurants schlossen erst um Mitternacht. Danach
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