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0494 - Fenrirs Wacht

0494 - Fenrirs Wacht

Titel: 0494 - Fenrirs Wacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Pierre. Vielleicht hilft ein sofortiger, kompletter Blutaustausch, falls er infiziert ist. Vielleicht auch nicht.«
    »Du sagtest vorhin, der… äh, der Keim wäre nicht auf den Blutkreislauf angewiesen.«
    »Das kann uns natürlich auch passieren. Dann hilft der Blut-Austausch nichts«, sagte Nicole leise. Sie fuhr herum und faßte Robin bei den Schultern. »Pierre, weder Zamorra noch ich sind allwissend. Es gibt immer wieder Unwägbarkeiten und Dinge, die auch uns überraschen. Es gibt hochrangige, uralte und überstarke Erzdämonen, die mit einer Handbewegung getötet werden können, und es gibt lächerlich schwache Gespenster, mit denen wir die größten Schwierigkeiten haben. Du kannst nicht einen Fall mit dem anderen vergleichen, in keiner Hinsicht. Es ist immer wieder anders. Es gibt grobe Richtlinien, wie Knoblauch und Eichenpflock gegen Vampire oder Silberkugeln gegen Werwölfe. Aber im Detail ist es jedesmal Neuland.«
    »Na schön«, brummte Robin. »Und was ist mit eurem Wunderinstrument, dieser silbernen Scheibe? Warum hast du sie eben nicht eingesetzt?«
    »Weil Zamorra sie zu sich gerufen hat«, erwiderte Nicole. »Es ist besser, wenn ich noch einige Zeit warte, bis ich sie zurückhole. Danach kann ich versuchen, mit dem Amulett etwas für den Medizinmann zu tun.«
    »Bleibt das Problem des entflohenen Toten«, sagte Robin. »Wir dürfen uns nicht einfach damit abfinden, daß er irgendwo in Lyon frei herumläuft. Ich schätze ihn als eine ebensolche Bedrohung ein, wie sie damals die Furie war.«
    Nicole nickte.
    »Da dürftest du recht haben«, gestand sie. »Laß nach ihm fahnden -aber sage den Leuten auch, daß es nichts nützt, auf ihn zu schießen. Wenn sie ihn aufspüren, sollen sie ihm nicht zu nahe kommen. Nur beoabachten und seinen Standort mitteilen.«
    Robin nagte an seiner Unterlippe. »Und wenn er einen Menschen anfällt?«
    Nicole schürzte die Lippen.
    »Dann können die Polizisten ohnehin nicht helfen«, bedauerte sie. »Sie würden höchstens ebenfalls getötet. Und wem wäre damit gedient?«
    Robin seufzte.
    »Vorhin habe ich noch geglaubt, einen relativ unverfänglichen Bericht schreiben zu können«, sagte er. »Einsatz erwies sich als nicht erforderlich; Opfer wurde nicht von einem Menschen ermordet, sondern von einem Wolf gerissen. Aktendeckel zu, Feierabend. Aber das geht jetzt nicht mehr. Wie soll ich der Staatsanwaltschaft erklären, daß ein Toter vom Obduktionstisch aufsprang, zwei Pathologen übel zurichtete und dann durchs Fenster floh?«
    Nicole sah an ihm vorbei.
    »Vielleicht hättest du einen anderen Beruf ergreifen sollen«, sagte sie.
    ***
    Auch beim abermaligen Klopfen zuckte Naomi Varese zusammen. »Wer ist da?« fragte sie zögernd und beschloß, nicht zu öffnen, wenn sie keine Antwort erhielt. An einer erneuten Begegnung mit dem Unheimlichen, dessen Wortschatz sich auf »Ich danke dir für deine Gastfreundschaft« beschränkte, war sie nicht interessiert.
    »Zamorra«, sagte der Besucher.
    »Ausgerechnet«, erwiderte sie und öffnete. »Das ist doch kein Zufall, oder?«
    Er schüttelte den Kopf und sah zwei benutzte Gedecke auf dem Tisch des Zimmers, das zugleich Diele, Küche und Wohnzimmer war; Vareses Schlafraum befand sich nebenan. Zamorra fiel die Ähnlichkeit dieser Holzhütte mit jener des einzelgängerischen Jägers auf, den er in der Bretagne kennengelernt hatte. Er bemühte sich, die Erinnerungen so schnell wie möglich wieder zurückzudrängen.
    »Sie hatten Besuch, Naomi?«
    »Nein. - Ja… und? Zamorra, es sind Wölfe in der Nähe. Ich habe ein bißchen Angst um Fenrir. Er ist ein Einzelgänger, und die anderen sind ein ganzes Rudel. Sie könnten ihn umbringen. Wissen Sie, wo er ist? Er lief heute vormittag davon, nachdem er erst ziemlich verdreckt und zerzaust hier aufkreuzte.«
    »Er ist im Château«, sagte Zamorra. »Sie wissen also von den Wölfen… aber ist Ihnen auch der meneur des loups ein Begriff?«
    »Der Anführer der Wölfe? Nein, Zamorra…«
    Es klang ehrlich. Zamorra hatte keinen Grund, Naomi Varese nicht zu glauben. »Naomi, wer hat Sie besucht? Wer hat bei Ihnen spät zu Mittag gegessen und ist wieder gegangen, ohne Spuren zu hinterlassen? Oder ist er noch hier?«
    »Ich verstehe Sie nicht, Zamorra«, stieß sie hervor. »Wovon reden Sie?«
    Er lächelte. »Sie essen doch bestimmt nicht an zwei Stühlen von zwei Tellern, oder? Aber ich kann keinen Gast sehen, und in Ihrem Schlafzimmer

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