0494 - Hexen-Polterabend
vergrößern. Wir sind als einzige in der Lage, noch etwas auszurichten.«
»Meinst du?« Ich hatte ins Leere gesprochen und erkannte meine Stimme kaum wieder. Die Zerstörung der Puppe hatte mich tiefer getroffen, als ich selbst zugeben wollte.
»Es ist nicht mehr weit, John. Wir werden Jane auf dem Bluthügel sehen. Nur noch durch diesen Wald müssen wir, und Stern wird uns führen. Ich glaube auch, daß wir auf Abandur treffen werden. Du kannst ihn vernichten, du wirst ihn vernichten und Jane auch wieder zurückholen. Davon bin ich überzeugt.«
»Was nutzt mir eine tote Frau?«
»Steht das fest?«
»Für mich ja, Suko.«
Mein Freund schüttelte mich durch. »Reiß dich endlich zusammen. So kenne ich dich nicht.«
Ich hob die Schultern und schaute Stern an, der grinste. Als er meinen Blick bemerkte, vereiste sein Gesicht. Ich ging auf ihn zu. Mit zwei schnellen Schritten war ich bei ihm. Er bekam Furcht, wich zurück und riß die Arme hoch.
»Hören Sie zu, Stern«, sagte ich mit kratziger Stimme und schüttelte ihn dabei durch. »Ich lasse mir viel gefallen, aber irgendwann ist eine Grenze erreicht, das sollten auch Sie wissen. Wenn Sie vorhaben, uns in eine Falle zu führen, dann sagen Sie es lieber jetzt, bevor es für Sie und uns alle zu spät ist.«
Er lachte schräg. »Falle? Weshalb soll ich Sie in eine Falle führen? Ich weiß überhaupt nicht, was Sie meinen, verdammt!«
»Das wissen Sie sehr genau. Sie kennen den Hügel, sie wissen, ob hier etwas existiert, das menschenfeindlich ist. Sagen Sie es lieber jetzt, denn Sie hängen mit drin. Wir lassen Sie nicht mehr los, und man wird Sie als Verräter ansehen.«
Er lachte mir ins Gesicht. »Verdammt, so schlau bin ich auch. Aber Sie haben mir doch keine andere Wahl gelassen.«
»Das stimmt, Stern. Sie hatten keine andere Wahl. Sie haben nur das kleinere Übel gewählt. Wir sind Menschen, die anderen mögen zwar so aussehen, sind es aber nicht. Und sie sind gnadenlos, sie sind brutal und grausam. Ein Menschenleben spielt keine Rolle. Ob jemand lebt oder tot ist, das ist ihnen egal. Halten Sie sich an uns, Stern, und versuchen Sie nicht, uns in eine Falle zu locken. Klar?«
Ich wußte nicht, ob ihn meine Worte überzeugt hatten. Er nickte mir krampfhaft zu. Ich sah, daß er noch etwas sagen wollte und fragte auch nach.
»Was ist?«
»Garantieren«, flüsterte er »Garantieren kann ich für nichts. Verstehen Sie? Ich weiß nicht, was uns auf dem Weg zum Hügel erwartet. Ich weiß nur, daß dieses Gebiet von ihrem Geist durchtränkt ist. Er ist es, der sich hier breitmacht und all die Jahrhunderte gelauert hat. Die andere Seite ist für jede Überraschung gut, auch für eine tödliche.«
Das war mir leider zu genau bekannt. Ich ging nicht weiter auf seine Worte ein und nickte dem dunklen Waldrand entgegen. »Dann gehen Sie vor, Stern. Ich bleibe hinter Ihnen.«
So hielten wir es auch. Suko bildete den Schluß. Die Geräusche unserer Schritte lösten sich gegenseitig auf. Es hörte sich an, als würde nur einer dem Waldrand entgegenschreiten.
Noch war es eine normale Nacht, mit einem düsteren, wolkenverhangenen Himmel, der einen tiefen Grauton bekommen hatte, in dem der Mond wie ausgeschnitten wirkte.
Wir hatten die Barriere überklettert und befanden uns auf dem schmalen Waldweg. Er wurde auch als Spazierweg benutzt, war entsprechend breit, doch in der Finsternis wirkte er wie ein schmaler Tunnel. Zu beiden Seiten wuchsen die Bäume sehr dicht zusammen. Zwischen den Stämmen wucherte das Unterholz. Es stellte eine Verbindung zwischen den Bäumen da, wirkte manchmal wie ein dicker, undurchdringlicher Filz. Wir würden Mühe haben, ihn zu durchdringen.
Ich schaute auf den Rücken des vor mir gehenden Jerry Stern. Er schritt längst nicht mehr so aufgerichtet und selbstsicher wie sonst. Meine Worte hatten ihn beeindruckt. Zudem wußte er selbst, was ihn erwartete.
Als ich an ihn eine Frage richtete, blieb er stehen und drehte sich um. »Was sagten Sie?«
»Führt der Weg direkt zum Bluthügel?«
»Nein. Er zweigt gleich ab und schlägt einen Bogen. Man kommt wieder am Parkplatz heraus.«
»So ist das.«
»Um den Hügel zu erreichen, müssen wir quer durch den Wald. Das ist nicht schlimm. Er lichtet sich bald. Vor dem Bluthügel ist das Gelände frei. Sie können ihn schon vom Waldrand aus sehen.«
»Das will ich auch meinen.«
»Kann ich weiter gehen?«
»Ich warte darauf.«
Noch blieben wir auf dem Weg, der sich manchmal verengte,
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