0496 - Die Stadt der Toten
aufwendiger, komplizierter. Hier gab es nicht einmal eine Kulisse, aber eine Monitorwand hatte ihnen gezeigt, wie sie auf den Fernsehschirm in den Haushalten der Sauroiden zu sehen waren. Computertechnik stellte sie vor einen grandiosen Hintergrund, der im Live-Studio überhaupt nicht existierte, und dieser Hintergrund glich sich blitzschnell der jeweiligen Sprech-Stimmung und den Themendetails an. Dabei hatte Zamorra nicht einmal herausfinden können, wo sich die Kameras befanden, von denen sie aufgenommen wurden.
»Dann wollen wir uns den Meegh-Spider mal näher ansehen«, sagte Reek Norr. »Zamorra, was passiert, wenn wir ihn nicht wieder flottmachen und für den Exodus benutzen können?«
»Dann müssen wir uns vermutlich etwas anderes einfallen lassen«, gab Zamorra zurück.
»Welch großartige Planung!« höhnte Charr Takkar. »Wir sollten mit einem Schweber des Tempels fliegen und auch einige parabegabte Priester und Adepten mitnehmen, um entsprechend gewappnet und gerüstet zu sein.«
Reek Norr legte den Kopf schräg und schloß ein Auge, um den »Hohen« mit dem anderen zu fixieren. »Sagten Sie ›wir‹, Takkar?«
»Natürlich komme ich mit! Wenn ich schon gezwungen werde, einen solchen Irrsinn öffentlich zu unterstützen, will ich wenigstens von Anfang an wissen, woran ich bin! Außerdem, Norr, brauchen Sie dann beim nächsten Mal nicht zu bluffen, wenn Sie wieder einmal ein Statement in unser beider Namen von sich geben wollen.«
Zamorra registrierte den Disput sorgfältig. Hatte Reek Norr nicht behauptet, Takkar sie ein Feigling, und sich darüber gewundert, daß der »Hohe« persönlich zur Erde gegangen war, um Helfer zu rekrutieren? Offenbar unterschätzte Norr das neue Oberhaupt der Kältepriester ganz entschieden. Zamorra nahm sich vor, nicht den gleichen Fehler zu begehen.
***
Carlotta tauchte vor dem Hotel auf. Dunkelheit umfing sie; im ersten Moment glaubte sie, von den Sauroiden an der falschen Stelle abgesetzt worden zu sein. Aber mit ihrer Magie hatten sie das Weltentor am richtigen Punkt geöffnet; Carlotta hatte nur vergesssen, daß der Zeitablauf der Erde anders war als der der Echsenwelt. Sie entsann sich der alten Märchen von Menschen, die ins Zwergenreich eingeladen wurden und dort nur einen Tag verbrachten, aber nach ihrer Rückkehr an die Oberfläche der Erde feststellen mußten, daß dort ein ganzes Jahrhundert verstrichen war. So groß würde der Zeitunterschied hier natürlich nicht sein - aber irgendwie hatten alle diese alten Geschichten doch einen wahren Kern.
Das Hotel war still und völlig verdunkelt, aber in einigem Abstand entdeckte sie Wachtposten in Soldatenuniform, die ziemlich rasch auf sie aufmerksam wurden. Ehe sie begriff, wie ihr geschah, wurde sie gepackt, in einen Wagen gezerrt und mit Blaulicht durch das nächtliche Rom gefahren. Ihre Proteste beachtete niemand. Dann stand sie vor einem Mann, der einen dunklen Westenanzg trug, etwas übernächtigt und unrasiert aussah und sich ihr als Colonnello Sebastian vorstellte.
Er lächelte. »Sie müssen Signorina Carlotta sein. Bitte, nehmen Sie doch Platz.« Er wandte sich den Soldaten zu. »Alle Beteiligten stellen sich morgen dem Augenarzt vor. Das ist keine dieser Sauroiden, sondern nur eine bemalte Frau - wenngleich diese Bemalung doch ziemlich verblüffend ist.«
Jetzt erst wurde den Soldaten klar, daß sie kein außerirdisches Wesen, sondern eine menschliche Frau hergebracht hatten. »Die Lichtverhältnisse am Hotel und im Wagen…«
»Echsen mit Kopfbehaarung, noch dazu in solch üppiger Pracht, gibt’s nicht«, behauptete Sebastian. »Das hätte Ihnen auffallen müssen. Raus, ihr Gummilöwen!« Er wandte sich wieder Carlotta zu. »Bitte entschuldigen Sie das ungestüme Vorgehen der Soldaten. Aber sie haben Anweisungen, auf Echsenmenschen zu achten, die durch Weltentore kommen, und sie mir vorzustellen. Egal wie, aber unbedingt lebend. Man hat Sie für eine Sauroidin gehalten. In der Tat ist Ihre Bemalung außerordentlich gelungen.«
Carlotta seufzte. Sie war froh, im Tempel der Kälte Kleidung erhalten zu haben, jetzt hätte sie sich nackt doch recht deplaziert gefühlt. Längst verwünschte sie ihre exhibitionistische Idee, zusammen mit Nicole als »Eva und die Schlange« aufzutreten.
»Woher wissen Sie überhaupt von den Sauroiden und von Weltentoren?« fragte sie überrascht.
Sebastian lächelte. »Seit Ihrem Verschwinden arbeiten wir mit Ihrem Freund Ted Ewigk zusammen. Die Gefahr durch den
Weitere Kostenlose Bücher