0497 - Die Fledermenschen
durch den volltrunkenen Cristofero in eine andere Welt versetzt worden war, hatte der Gnom scheinbar eine Möglichkeit gefunden. Zumindest hatte Nicole entsprechende Andeutungen gemacht. Aber Zamorra hatte später keine Gelegenheit gefunden, das mit dem verwachsenen Zwerg näher zu erörtern.
Eine Unterlassungssünde, ein Fehler -aber es war nun einmal so geschehen und ließ sich nachträglich nicht mehr ändern.
Aber da änderte sich etwas!
Von einem Augenblick zum anderen war der Fremde da! Er jagte aus den Regenbogenblumen hervor, taumelte, schlug mit großen Flughäuten um sich und kreischte schrill, während er sofort versuchte, Para-Kräfte zu aktivieren. Zamorra spürte sie deutlich, und das Amulett glühte grell auf.
Im dunklen Rittersaal tobte ein fliegender Teufel!
***
Als Don Cristofero erwachte, fand er sich ebenso allein in einem nicht verschlossenen Raum wieder wie Lady Patricia. »Verabscheuungswürdige Niedertracht«, brummte er. »Reicht es nicht, wenn diese steinewerfenden Affen aus dem Hinterhalt angreifen und zu feige für einen Kampf Mann gegen Mann sind? Müssen sie mich unbedingt noch dadurch demütigen, daß sie großzügig darauf verzichten, die Tür abzuschließen?«
Vermutlich hätte es ihn nicht weniger verdrossen, hätte man alles abgeriegelt und ihm damit die Möglichkeit zur Flucht genommen. Er stellte schnell fest, daß man ihn weder entwaffnet noch ausgeplündert hatte. Selbst seinen Degen hatte man ihm gelassen und auch die recht praktische Taschenuhr, die er sich in dieser Zeit beschafft hatte und die ihm stets die Uhrzeit verriet, ohne daß er nach einer Zimmeruhr oder gar nach einem Kirchturm Ausschau halten mußte.
Er verließ die düstere Steinkammer und sah sich auf dem Gang um. Andere Türen konnte er nicht erkennen. Mit dem Degengriff klopfte er die Wände ab, konnte aber keine Geheimtür dahinter entdecken.
Was hatten die Spießgesellen dieses rosaflaumigen Plapperers mit dem Gnom und mit Lady Patricia angestellt? Wo mochten sie sie versteckt haben?
Cristofero ging den umgekehrten Weg - tiefer in das Höhlensystem hinein. Er wollte es erkunden und versuchen, einen der Pelzigen zu erwischen. Den wollte er dann schon zwingen, ihn zum Gnom und der Lady zu führen, damit er sie befreien konnte.
Dummerweise lief ihm keiner der Pelzigen über den Weg. Aber als er zum zweiten Mal nach rechts abgebogen war, weil der Gang sich verzweigte und Cristofero wußte, daß man sich in einem Labyrinth stets nur in eine Richtung halten mußte, um - wenn auch erst nach langer Zeit, dafür aber unverirrbar - wieder herauszugelangen, hörte er Stimmen.
Zwei oder drei Fremde redeten aufeinander ein. Cristofero konnte zwar kein Wort verstehen, auch nicht, als er näher heran kam, aber aus dem Tonfall ging eindeutig hervor, daß zwei der Redner den dritten bedrohten.
Cristofero erreichte die Tür. Sie war geöffnet. Der Spanier spähte um die Kante und stellte fest, daß sich insgesamt sechs dieser rosapelzigen Wesen dort befanden. Fünf von ihnen waren bewaffnet und bedrohten den sechsten. Und diesen erkannte Cristofero wieder.
Er fand es erstaunlich, daß er diese Kreaturen auf Anhieb voneinander unterscheiden konnte. Dabei brachte er es nicht einmal fertig, die Schwarzen voneinander zu unterscheiden, die hier und da in Spanien und auch in Frankreich als Diener oder Sklaven gehalten wurden. Hier aber bereitete es ihm kein Problem, die Pelzigen anhand der Form ihrer Gesichter zu unterscheiden.
Der, der bedroht und scheinbar ermordet werden sollte, war jener, der vor den Regenbogenblumen gekniet hatte. Cristoferos anfänglicher Verdacht, der Bursche sei nur der Köder gewesen, damit die anderen sich unbemerkt heranpirschen und mit Steinen werfen konnten, war somit ad absurdum geführt. Sie würden ihn für eine solche aufopfernde Hilfe jetzt wohl kaum voller Dankbarkeit erschlagen wollen. Da steckte etwas anderes dahinter, und Cristofero wollte es herausfinden. Dazu mußte der Pelzige aber überleben.
»Fünf Bewaffnete gegen einen Unbewaffneten, das ist nicht gerade sonderlich tapfer«, grollte Cristofero und stürmte wie eine Kampfkugel auf Beinen in den Raum, mit dem flachen Degen sofort kräftige Hiebe austeilend. Der erste Getroffene schrie auf und ließ seine Waffe fallen. Der zweite sank benommen in die Knie. Die drei anderen wandten sich geschlossen gegen Cristofero.
Während er versuchte, ihre Schwerthiebe mit seinem Degen aufzufangen, begann er sich zu fragen, ob er nicht
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