0498 - Die Totentänzerin
die Natur hinterlassen hat.«
»Das glaube ich Ihnen gern, Elena«, sagte ich. »Deshalb sind wir auch hier.«
Mit einer etwas abweisend wirkenden Geste strich sie eine Haarsträhne aus der Stirn. »Wer seid ihr, Brüder?«
»Zwei Suchende.«
»Dann seid willkommen. Jeder, der sucht, der wird auch finden. Es ist nie zu spät. Hat euch jemand geschickt?«
»Charles«, sagte Suko.
»Oh!« Die Frau staunte und bekam noch größere Augen. »Wir haben mehrere Männer mit diesem Namen.«
»Charles Everett!« präzisierte Suko.
»Der Meister?« Sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. »Ihr seid vom Meister geschickt worden.«
»So ist es.«
»Aber er hat mir nichts gesagt.«
Ich beugte mich vor. »Muß er das denn als Meister?« erkundigte ich mich leise.
»Ja, nein… eigentlich nicht. Aber er hat mir immer alles gesagt.«
»Vielleicht hat er es vergessen.«
Ihr Blick wurde strafend. »Der Meister vergißt nichts. Er ist ein besonderer Mann.«
»Ja, wir kennen ihn.«
Elena geriet ins Schwärmen. »Er ist so belesen. Er ist weit gereist und überall in der Welt herumgekommen. Er hat nach den Kristallen gesucht und sie gefunden. Er hat sie aus den fernen Ländern geholt…«
»Auch aus Ägypten?« fragte ich.
»Ja!« Sie wirkte so, als wollte sie aufspringen. »Aus diesem Land besonders, denn es gibt eine starke Verbindung zwischen diesem alten Volk und uns. Von ihm können wir noch lernen, aber das werdet ihr selbst erleben. Wie lauten eure Namen, Brüder?«
»Ich bin Suko.«
»Und ich John.«
»Gut«, sagte sie und holte aus einer Schublade zwei Plaketten im Dreiecksformat hervor. Sie trug darauf unsere Namen ein und gab jedem von uns eine Plakette. Die bestand aus einem besonderen Material, das in zahlreichen Farben schimmerte, wenn man sie bewegte.
»Ihr müßt sie bei euch tragen, wenn ihr in den Tempel schreitet. Das wollt ihr doch - oder?«
»Klar«, sagte ich. »Wo befindet er sich?«
»Am Ende dieses langen Ganges seht ihr seine Tür. Öffnet sie und tretet ein in eine andere Welt. Laßt euch von ihr und der Kraft der Kristalle umarmen, sie wird es euch irgendwann danken, das kann ich schon jetzt versprechen.«
»Ja, wir danken dir.«
»Bitte, ich freue mich nur, daß zwei weitere Brüder den Weg zu uns gefunden haben. Wir sind schon sehr stark. Manche bezeichnen uns bereits als wunderbar. Ich glaube auch, daß ich wunderbar bin.«
Wir wollten sie in dem Glauben lassen, hefteten uns die Plaketten an und verabschiedeten uns durch angedeutete Verbeugungen. Im Flur schüttelte Suko den Kopf. »Ich hätte nicht gedacht, daß es so einfach sein würde, hier Mitglied zu werden.«
»Ich auch nicht.«
»Vielleicht sind sie wirklich harmlos.«
»Wer kann das wissen«, erwiderte ich. »Ich glaube nicht so recht daran, sonst hätte man uns nicht auf die gehetzt. Und die Spur mit Ägypten scheint zu stimmen.«
»Warten wir erst einmal ab, bis wir in der Halle sind«, sagte Suko. Er ging vor. Wir befanden uns auch weiterhin allein auf dem Gang. Unsere Schritte waren kaum zu hören. Wir passierten Türen ohne Aufschrift. Schließlich stoppten wir vor der Tür am Ende des Ganges. Sie war breiter als die anderen und besaß zwei Flügel. Auf die sanftbraune Lackierung war ein Kristall als Dreieck gemalt worden. An seinen Enden sprühte er vor Licht.
Eine Klinke war nicht vorhanden, dafür ein Türgriff an der rechten Seite.
Ich drückte dagegen, vernahm ein leises »Schwapp«, danach hatten wir freien Eintritt.
Vergessen war die Welt, aus der wir kamen. Vor uns lag eine völlig andere und auch fremde. Ein Reich der Musik und der fernen Sphären. Die Welt des Geistes, der mentalen Kraft und natürlich der der Kristalle.
Sie befanden sich überall. Unter der Decke, an den Wänden, gruppiert um Leuchten und Lampen, damit deren Licht zu einem explodierenden Strahlen wurde.
Steine verschiedener Größen boten sich unseren Blicken. Große und kleine, unzählige Formen und Arten. Karfunkelsteine, einige kopfgroß, aber auch geschmolzener Sand, der in flachen Schalen aufbewahrt wurde.
›Quarz enthält eine heilende und liebevolle Energie‹ Dieser Satz war wohl das Motto der Kristalljünger. Er stand auf einem Transparent in leuchtenden Buchstaben geschrieben.
Die Luft war ungewöhnlich kühl. Ich empfand sie als sehr angenehm. Fenster sah ich keine. Bestimmt waren sie verhängt worden. Dafür entdeckten wir mehrere Menschen, die sich in dem Saal aufhielten. Die meisten hockten an Tischen, auf denen
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