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0498 - Wenn Götter morden

0498 - Wenn Götter morden

Titel: 0498 - Wenn Götter morden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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bißchen zu chaotisch. Wir haben Besseres zu tun. Wir machen noch den Basarbummel, und morgen sehen wir zu, daß wir wieder nach Hause kommen. Suchos hin und Sobek her - die altägyptischen Götter sind längst tot und vergessen.«
    ***
    Der Krokodilköpfige sah von einem zum anderen. Sie wußten jetzt, was sie zu tun hatten; er hatte sie davon überzeugt. Und nachdem sie zum ersten Mal seit langem wieder unter den Sterblichen gewandelt waren, hatten sie es selbst gespürt: Menschenblut ist Leben, ist Kraft! Der Krokodilköpfige hatte es ihnen eingehämmert, und sie konnten jetzt spüren, wie das Blut heiß in den Adern der Sterblichen pulsierte. Es übte einen magichen Einfluß auf sie aus. Es schien ihnen zuzuschreien: Nimm mich, trink mich, labe dich an mir und erstarke!
    Es war neu für sie. An dieses Gefühl konnte sie sich nicht erinnern. Damals hatten sie es nicht verspürt. Sie erlebten es erst jetzt, und es schien etwas mit der Art und Weise zu tun zu haben, durch die sie aus dem Dunkel des Vergessens ins Licht zurückgerufen worden waren.
    In ein Licht das nicht hell genug war.
    Wir werden es heller sehen, wenn Blut uns stärkt. Blut hat uns gerufen, und Blut wird uns mächtiger werden lassen als jemals zuvor, behauptete der Krokodilköpfige. Blut ist Leben.
    Dem mußte selbst der Flußpferdköpfige zustimmen, aber sollte dieser Satz nicht eine ganz andere Bedeutung haben?
    Wir dürfen keine Zeit verlieren. Jeder Tag, den wir zögern, schwächt uns, drängte der Krokodilköpfige.
    Aber wie wollen wir einen Sterblichen zu uns holen, auf daß er uns sein Blut schenkt ? fragte der Schakalköpfige.
    Das Krokodil lachte schmatzend. Hat nicht jeder von euch heute den Ruf des Blutes gespürt? So kehrt den Ruf um, und das Blut wird zu uns kommen! Ich mache den Anfang, auf daß ihr seht, wie einfach es geht.
    ***
    Hassan Amehdi hatte schon den ganzen Tag über dieses seltsame Gefühl gehabt. Seit er jenem Man begegnet war, der einen so nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. Dabei war an ihm äußerlich nichts Besonderes gewesen. Ein Allerweltsgesicht, ein Durchschnittsmann, dessen Aussehen man schnell wieder vergaß. Und doch war da etwas, das Hassan immer wieder an diese Begegnung denken ließ. Obgleich sie nur relativ rasch aneinander vorbei geschritten waren, glaubte Hassan so etwas wie eine innere Verbundenheit mit dem Fremden zu spüren. So, als handele es sich um einen sehr engen Verwandten, vielleicht um Vater oder Sohn oder Bruder. Er hatte ihn nie zuvor gesehen und konnte sich jetzt beim besten Willen nicht mehr an das Gesicht erinnern.
    Stundenlang grübelte er darüber nach, wer dieser Mann wohl sein konnte und woher diese seltsame Anziehungskraft kam. Je länger er darüber nachdachte, desto bewußter wurde es ihm, daß er beim nur Sekundenbruchteile währendem Blickkontakt sogar das Gefühl gehabt hatte, sich vor dem Fremden auf den Boden zu werfen, um sein Wohlwollen zu erbitten.
    Das war natürlich völlig irrational. Es gab nicht den geringsten Grund für ein solches unterwürfiges Verhalten. Aber in jenem winzigen Moment, in dem sich ihre Blicke gekreuzt hatten, mußte etwas von dem Fremden auf Hassan Amehdi übergesprungen sein. Jener Moment war der Auslöser.
    Als die Dämmerung einsetzte, verließ Hassan noch einmal seine Wohnung. Er wußte selbst nicht, was ihn trieb, entgegen seinen Gepflogenheiten noch einmal einen Spaziergang zum Nil zu machen. Er schritt eine Weile am Ufer entlang, bis schließlich die Tempelanlagen vor ihm auftauchten.
    Er war so in Gedanken versunken, daß er gar nicht gemerkt hatte, wie weit er schon gegangen war. Jetzt zuckte er regelrecht zusammen. Er wollte umkehren. Es wurde Zeit, wenn er nicht im Dunkeln seinen Heimweg antreten wollte. Aber etwas hinderte ihn an der Bewegung. Er brachte es nicht fertig, sich umzudrehen und davonzugehen. Etwas Unsichtbares hielt ihn fest!
    In Richtung des antiken Tempels aber, der fünf- bis siebentausend Jahre alt war, konnte er sich bewegen!
    Da war es wieder, dieses seltsame Gefühl der Verbundenheit. Plötzlich wußte er, daß jener, dem er heute begegnet war, sich hier befand.
    Unwillkürlich schritt er schneller aus, zwischen die teilzerstörten Säulen und Wände. Vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden schon war die Dachkonstruktion dieses Tempelbereiches eingestürzt; die Trümmer waren beiseite geräumt, damit die immer wieder wie die Saatkrähen in Scharen einfallenden Touristen sich durch den Tempelbereich bewegen

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