0499 - Garingas Fluch
Schlüssel.«
»Welches Schwert?«
Saunders machte es spannend. »Es hat einen bestimmten Besitzer gehabt. Er nahm es auf seinen Kreuzzügen mit, um im Heiligen Land gegen die Ungläubigen zu kämpfen…«
»Richard Löwenherz!«
Saunders winkte mit beiden Händen ab. »Nein, nicht nur er hat eine wichtige Rolle gespielt. Es gab noch einen anderen mächtigen Kämpfer. Sein Name lautet Gottfried von Bouillon.«
Ich sagte zunächst nichts. Aber ich spürte den Druck in meiner Kehle, der mir das Atmen erschwerte.
Gottfried von Bouillon! Durfte es denn wahr sein? Jedem Schüler sagte dieser Name etwas, aber in der Schule lernt man nichts über die Hintergründe dieses Mannes. Auch ich wußte nicht sehr viel über ihn. Die Geste, mit der ich durch mein Haar strich, drückte Verlegenheit aus.
Saunders lachte leise. »Ja, ich sehe schon, daß ich dich überrascht habe.«
»In der Tat.«
»Du kennst ihn?«
»Wer kennt ihn nicht?«
»Gottfried von Bouillon«, sagte der alte Mann, »war Graf in Verdun und Antwerpen sowie der Herzog von Niederlothringen. 1088 nannte er sich auch der König von Jerusalem, und er gründete den Orden von Zion. Er war ein Merowinger und zählte zu den geheimen Königen. Noch heute gibt es Abkömmlinge, die auf den Thron von Frankreich wollen, denn sie gehen davon aus, daß er ihnen rechtmäßig und auch historisch zusteht.«
Ich räusperte mir vor der nächsten Frage die Kehle frei. »War Gottfried von Bouillon ein Templer?«
»Das kann man nicht unbedingt behaupten. Er stand ihnen aber sehr nahe. Als Gründer des Ordens von Zion hatte er zu den mächtigen Templern Kontakt, und schon er wußte vom Gral.«
»War es der Dunkle Gral?«
»Das wurde nie erwähnt. Man sprach nur immer vom Gral. Alles andere mußt du herausfinden.«
»Das heißt, ich muß zunächst das Schwert finden.«
»So ist es.«
»Hilfst du mir dabei?«
Saunders lächelte. »Ich bin ein alter Mann. Mein Leben ist bald vorbei. Wie kann ich dir helfen?«
Ich schaute ihn ernst an. »Zum Beispiel durch dein Wissen.«
»Es ist zu schmal.«
»Hast du die Glocken geläutet?«
»Nein, sie läuteten von allein, weil du gekommen bist. Sie spürten, daß eine Entscheidung dicht bevorsteht.«
»Okay, dann wollen wir nicht länger zögern. Wahrscheinlich muß ich in die Kirche - oder?«
»So ist es.«
»Ich habe keine Tür gesehen. Wenn du vorgehen würdest, wäre mir schon viel geholfen.«
Ohne ein Wort zu sagen, drehte sich der alte Mann um und lief an der Breitseite des Gebäudes entlang. Er ging gekrümmt, das hohe Alter hatte ihn gebeugt.
Ich warf einen Blick zum Himmel hoch. Inzwischen hatte die Nacht auch den letzten grauen Streifen verdrängt. Es war dunkel geworden. Schwach erkannte ich das Silberlicht der Sterne. Auch jetzt so gut wie kein Wind. Die Kräfte der Natur hatten sich zur Ruhe gelegt.
Ich ließ mir die letzten Ereignisse noch einmal durch den Kopf gehen. Mit einer derartigen Wendung des Falles hatte ich niemals gerechnet. Um dem Geheimnis des Grals auf die Spur zu kommen, mußte ich mir das Schwert des Gottfried von Bouillon holen, dieses berühmten Kreuzritters, der sich gleichzeitig als König von Jerusalem bezeichnete.
Neben mir ging Saunders. Ich hörte ihn seufzen und erkundigte mich nach dem Grund.
»Da ist noch etwas, das ich dir sagen muß«, erklärte er. »Und ich will es jetzt tun, weil ich nicht mehr lange zu leben habe, das spüre ich sehr genau.«
»Was ist es?«
»An das Schwert heranzukommen, wird nicht so einfach sein, weil es von einem Dämon bewacht wird.«
»Wieso?«
»Der Dämon heißt Garinga. Der Legende nach hat Gottfried von Bouillon ihn durch seine Waffe gebannt. Wer das Schwert an sich nimmt, befreit den Dämon.«
Ich blieb stehen. Wir hatten das Ende der breiten Seite fast erreicht. »Bist du dir sicher?«
»Man spricht davon. Ich habe die Information von meinen Ahnherren bekommen. Das wollte ich dir nur sagen. Es wird nicht leicht sein, die Hürde zu überspringen.«
»Was könnte denn geschehen?«
»Wenn Garinga befreit ist, wird er versuchen, dich zu töten. Und nicht nur dich.«
»Weißt du, wo er lauert?«
»Beim Schwert.«
»Das kann ja heiter werden.«
»Ich wollte es dir nur gesagt haben.«
»Danke für die Warnung.«
Wir umrundeten die Ecke, gingen noch ein paar Schritte und standen vor dem Eingang.
Es war eine breite, hohe Tür, die uns den Weg ins Innere der Kirche versperrte. Natürlich war sie verschlossen. Ich schob Saunders etwas zurück
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