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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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stehlen.
Die Besatzung ging lässig die Checkliste durch - es war noch viel Zeit. Die Männer kamen von Boeing. Bisher hatte sich die Army mit Erfolg Versuchen der Air Force widersetzt, eigene Leute ins Cockpit zu bringen. Der Kopilot, ein ehemaliger Offizier der Air Force, fuhr mit dem Zeigefinger an den Positionen entlang und las sie vor, während Pilot und Bordingenieur/Navigator Knöpfe drückten, Instrumente ablasen und die Maschine für einen sicheren Flug vorbereiteten.
Der unangenehmste Aspekt der Mission war das Wetter am Boden. Die zu den westlichen Aleuten gehörende Insel Shemya, vier Meilen lang und zwei Meilen breit, erhob sich an ihrem höchsten Punkt nur zweiundsiebzig Meter über die schiefergraue Meeresoberfläche. Was auf den Aleuten als normales Wetter galt, hätte zur Schließung der meisten anderen Flughäfen geführt, und das Schlechtwetter hier weckte bei der Crew der Boeing Sehnsucht nach der Eisenbahn. Man war auf dem Stützpunkt gemeinhin der Auffassung, die Sowjets testeten ihre Interkontinentalraketen nur über dem Ochotskischen Meer, um den überwachenden Amerikanern das Leben sauer zu machen. Heute war die Witterung einigermaßen akzeptabel. Man konnte bis fast zum Ende der Startbahn sehen, wo Dunstkreise die blauen Lichter umgaben. Wie die meisten Flieger bevorzugte der Pilot Tageslicht, aber das stellte hier im Winter die Ausnahme dar.
«Shemya Tower, hier Charlie Bravo. Bereit zum Rollen.»
«Charlie Bravo, frei zum Rollen. Wind aus zwei-fünf-null, fünfzehn Knoten.»
«Roger. Charlie Bravo rollt.» Zehn Minuten später startete die Boeing zu einem weiteren Routineflug - wie man erwartete.
Zwanzig Minuten darauf erreichte die Cobra Belle ihre Diensthöhe von 15 ooo Metern. Die Maschine glitt so sanft dahin wie ein Verkehrsflugzeug, aber die Insassen genossen nicht den ersten Drink und machten sich Gedanken übers Abendessen, sondern waren bereits losgeschnallt und an der Arbeit.
Es waren Instrumente zu aktivieren, Computer in Gang zu setzen, Datenverbindungen herzustellen und Sprechfunkverbindungen zu testen. Die Maschine war mit allen vorstellbaren Kommunikationssystemen ausgerüstet und hätte sogar einen Hellseher an Bord gehabt - wäre das entsprechende Programm des Verteidigungsministeriums so erfolgreich verlaufen, wie ursprünglich erhofft. Der Kommandant war ein Artillerist mit einem Grad in Astronomie, der zuletzt in Westdeutschland eine mit der «Patriot» ausgerüstete Raketenbatterie befehligt hatte. Die meisten Menschen sahen Flugzeuge und wollten sie fliegen; er aber war immer nur daran interessiert gewesen, sie abzuschießen. Da er für ballistische Raketen ähnliche Gefühle hegte, hatte er an der Entwicklung einer Modifikation mitgeholfen, die die Patriot-Rakete in die Lage versetzte, nicht nur sowjetische Flugzeuge, sondern auch andere Lenkgeschosse vom Himmel zu holen.
Er hielt eine Unterlage vom militärischen Nachrichtendienst DIA in Washington in der Hand, die ihn darüber informierte, daß die Sowjets in vier Stunden und sechzehn Minuten einen Testabschuß der Interkontinentalrakete SS-25 durchführen würden. Woher diese Information stammte, verriet die Unterlage nicht, aber der Colonel konnte sich schon denken, daß man sie nicht einem Artikel in der Iswestija entnommen hatte. Cobra Belle hatte den Auftrag, den Abschuß zu verfolgen, alle Telemetriesendungen der Rakete abzufangen und die Sprengköpfe im Flug zu fotografieren. Die so gesammelten Daten sollten später zur Feststellung der Leistung und ganz besonders der Zielgenauigkeit der Sprengköpfe analysiert werden.
Als Missionskommandant hatte der Colonel nicht sonderlich viel zu tun. An seinem Steuerpult zeigten farbige Leuchten den Status verschiedener Bordsysteme an. Da Cobra Belle noch verhältnismäßig neu war, funktionierte alles. Außer Betrieb war heute nur eine Reserve-Datenverbindung, und während der Colonel seinen Kaffee schlürfte, war ein Techniker dabei, sie wieder instand zu setzen. Es kostete den Colonel einige Mühe, interessiert dreinzuschauen, obwohl er eigentlich nichts zu tun hatte, aber wenn er anfing, gelangweilt zu wirken, gab er seinen Leuten ein schlechtes Beispiel. Er zog den Reißverschluß seiner Ärmeltasche auf und nahm einen Schokoladenriegel heraus. Der Colonel lutschte fünf Minuten lang an dem Riegel und kam dann zu dem Schluß, daß irgend etwas getan werden mußte. Er schnallte sich los und ging nach vorne zum Flugdeck.
«Morgen, Leute.» Inzwischen war es

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