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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Wanejewas erste bewußte Empfindung war Verwirrung. Wo hin ich? fragte sie sich nach rund fünfzehn Minuten. Die Nachwirkungen des Barbiturats legten sich, aber nichts ersetzte die angenehme Entspannung traumlosen Schlafes. Schwebte sie?
    Sie versuchte, sich zu bewegen, aber das ging nicht. Sie war völlig entspannt, jeder Quadratzentimeter ihres Körpers so gleichmäßig gestützt, daß kein Muskel angespannt oder belastet wurde. So bequem hatte sie noch nie gelegen. Wo hin ich?
    Sie konnte nichts sehen, aber irgend etwas stimmte da nicht. Es war keine Schwärze, die sie umgab, sondern etwas Graues... wie eine Nachtwolke, die die Lichter von Moskau reflektierte.
    Sie hörte nichts. Keine Verkehrsgeräusche, kein laufendes Wasser, keine schlagenden Türen. Sie wandte den Kopf, aber um sie herum blieb alles grau wie in einer Wolke oder einem Wattebausch oder...
    Sie atmete ein. Die Luft war geruch- und geschmacklos, weder feucht noch trocken, und hatte anscheinend auch keine Temperatur. Sie sprach, hörte aber unglaublicherweise nichts. Wo hin ich!
    Swetlana begann ihre Umgebung genauer zu prüfen, ein Prozeß, der eine halbe Stunde sorgsamen Experimentierens in Anspruch nahm. Sie beherrschte ihre Gefühle, ermahnte sich, ruhig und entspannt zu bleiben. Das mußte ein Traum sein. Nichts Unangenehmes konnte passiert sein. Die echte Angst hatte noch nicht eingesetzt, aber sie spürte sie nahen. Entschlossen wehrte sie sich dagegen. Sie blickte nach rechts und links. Gerade genug Licht, um ihr die Dunkelheit vorzuenthalten. Ihre Arme waren da, aber sie konnte sie nicht anlegen, obwohl sie es versuchte. Ihre Beine schienen gespreizt zu sein. Sie versuchte, die rechte Hand zur Faust zu ballen, brachte aber noch nicht einmal fertig, daß sich ihre Finger berührten.
    Ihr Atem ging nun rascher. Mehr konnte sie nicht tun. Sie spürte die Bewegungen ihrer Brust, aber das war auch alles. Wenn sie die Augen schloß, umgab sie Schwärze, aber das war die einzige Alternative. Wo bin ich!
    Bewegung, sagte sie sich, mehr Bewegung. Sie rollte sich herum, suchte nach Widerstand, einem Stimulans für ihren Tastsinn. Nichts, nur diese sonderbare Zähflüssigkeit. Wohin sie sich auch wandte, das Gefühl des Treibens, Schwebens blieb unverändert. Oben oder unten, links oder rechts - alles einerlei. Sie schrie so laut sie konnte, nur um etwas Reales zu hören. Nur das ferne, verklingende Echo einer fremden Stimme.
    Nun begann die Panik.
«Zeit zwölf Minuten... fünfzehn Sekunden», sagte der Arzt ins Mikrophon. Die Kabine mit dem Steuerpult befand sich fünf Meter über dem Tank. «Puls wird rascher, Atmung zweiundvierzig, akute Angstreaktion hat eingesetzt.» Er warf einen Blick zu Watutin. «Früher als gewöhnlich. Je intelligenter die Versuchsperson -»
    «Desto größer das Bedürfnis nach Sinnenreizen; ich weiß», versetzte Watutin mürrisch. Er war über diese Prozedur informiert, aber skeptisch. Ein brandneues Verfahren, bei dem er zum ersten Mal in seiner Karriere auf die Unterstützung eines Fachmannes angewiesen war.
    «Puls scheint bei hundertsiebenundsiebzig seinen Höhepunkt erreicht zu haben; keine schweren Irregularitäten.»
«Wie haben Sie es fertiggebracht, daß sie ihre eigene Stimme nicht hören kann?» fragte Watutin den Arzt.
«Ein neues Verfahren. Mit Hilfe eines elektronischen Geräts duplizieren wir ihre Stimme und wiederholen sie phasenverschoben. Das neutralisiert den Schall, den sie erzeugt, fast völlig und hat den Effekt, als schriee sie im Vakuum. Die Perfektionierung nahm zwei Jahre in Anspruch.» Er lächelte. Wie Watutin hatte er Freude an seiner Arbeit und hier zum ersten Mal Gelegenheit, jahrelange Mühe Früchte tragen zu sehen.
Swetlana schwebte am Rande der Hyperventilation; der Arzt änderte das Gasgemisch, das sie einatmete. Diese Verhörmethode hinterließ keine körperlichen Spuren, keine Narben, keinen Hinweis auf Folterung. Im Grunde war sie überhaupt keine Folter, zumindest keine physische. Ein Nachteil der sensorischen Deprivation indes war, daß der von ihr erzeugte Schrecken zur Tachykardie, dem Herzjagen, das tödlich sein konnte, führen mochte.
«So ist's besser», meinte er nach einem Blick aufs EKG. «Puls stabilisiert. Patientin erregt, aber in stabiler Verfassung.»
Panik nützte nichts. Obwohl ihre Gedanken noch rasten, vermied es Swetlana, sich selbst Schaden zuzufügen. Sie kämpfte um Beherrschung und wurde seltsam ruhig.
Bin ich jetzt tot oder lebendig? Sie prüfte alle ihre

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