05 - Der Kardinal im Kreml
Problemen rechne ich nicht.»
«Gut. Ich esse jetzt etwas und komme dann runter.» Er wies auf den anderen Gefangenen. «Den können Sie mitnehmen. Mit ihm sind wir wohl fertig.»
«Genosse, ich -» setzte der Kurier an, bekam aber das Wort abgeschnitten.
«Wagen Sie es nicht, mich noch einmal so anzureden.» Die Zurechtweisung klang um so härter, als sie sanft ausgesprochen wurde.
Oberst Bondarenko leitete inzwischen die Abteilung Laserwaffen im Verteidigungsministerium. Ernannt worden war er von Minister Jasow, selbstverständlich auf Empfehlung von Oberst Filitow. «Nun, Genosse, welche Neuigkeiten bringen Sie?» fragte Jasow. «Unsere Kollegen vom KGB haben einen Teil der Pläne für das amerikanische Spiegelsystem mit adaptiver Optik geliefert.» Er überreichte zwei Kopien der Skizzen.
«Und selbst bringen wir das nicht fertig?» fragte Filitow.
«Das Design ist genial, und laut Bericht ist ein verbessertes Modell im Entwicklungsstadium. Günstig ist, daß es weniger Verstellorgane braucht -»
«Was heißt das?» fragte Jasow dazwischen.
«Die Verstellorgane ändern die Konturen des Spiegels. Mit einer geringeren Anzahl reduzieren sich auch die Anforderungen an das den Spiegel steuernde Computersystem. Der existierende Spiegel - dieser hier - erfordert einen sehr leistungsfähigen Supercomputer, den wir hier in der Sowjetunion noch nicht nachbauen können. Der neue Spiegel soll nur ein Viertel der Computerleistung brauchen, was ein vereinfachtes Steuerprogramm bedeutet.» Bondarenko beugte sich vor. «Genosse Minister, wie ich schon in meinem ersten Bericht darlegte, stellt Heller Sterns Computersystem die Hauptprobleme. Selbst wenn es uns gelingen sollte, einen solchen Spiegel herzustellen, fehlen uns noch Hard- und Software, um ihn mit maximaler Wirkung einsetzen zu können. Mit dem neuen Spiegel gelänge uns das aber.»
«Die neuen Pläne liegen noch nicht vor?» fragte Jasow.
«Ja. Das KGB ist mit der Frage befaßt.»
«Und wir können noch nicht einmal diese nachbauen», murrte Filitow. «Seit mehreren Monaten liegen die technischen Daten und Zeichnungen vor, aber es hat noch kein Fabrikdirektor -»
«Zeit und Mittel», erinnerte Bondarenko.
«Mittel», grunzte Jasow. «Immer hängt es am Geld. Wir könnten einen unverwundbaren Panzer bauen -, wenn wir die Mittel hätten. Mit genug Geld ließe sich der Vorsprung des Westens in der U-Boot-Technologie einholen. Für alles ist aber nicht genug Geld da.»
«Genosse Minister», sagte Bondarenko, «ich bin seit zwanzig Jahren Berufssoldat, habe in Stäben gedient, Fronterfahrungen gemacht und immer nur für die Rote Armee gelebt. Heller Stern gehört zu einer anderen Waffengattung. Dennoch bin ich der Auffassung, daß wir notfalls Mittel für Panzer, Schiffe und Flugzeuge abzweigen sollten, damit Heller Stern fertiggestellt werden kann. Wir verfügen über genug konventionelle Waffen, um jeden denkbaren Angriff der Nato abzuwehren, aber die Zerstörung unseres Landes durch westliche Raketen können wir nicht verhindern.» Er nahm im Sitzen Haltung an. «Verzeihen Sie meine Offenheit.»
«Sie werden fürs Denken bezahlt», merkte Filitow an. «Genosse Minister, ich stimme mit dem jungen Mann überein.»
«Michail Semjonowitsch, warum habe ich wohl das Gefühl, daß meine Obersten eine Palastrevolte planen?» Jasow lächelte, was selten vorkam, und wandte sich an den jungen Mann. «Bondarenko, in diesen vier Wänden erwarte ich, daß Sie sagen, was Sie denken. Und wenn es Ihnen gelungen ist, mich alten Kavalleristen von Ihrem Science-fiction-Projekt zu überzeugen, werde ich es wohl ernsthaft erwägen müssen. Sollen, wir dem Projekt Ihrer Auffassung nach absoluten Vorrang geben?»
«Genosse Minister, wir sollten die Möglichkeit ins Auge fassen. Es fehlt noch Grundlagenforschung, und ich finde, daß die Zuweisung von Mitteln drastisch gesteigert werden sollte.» Bondarenko folgte Jasows Vorschlag nicht ganz, denn es handelte sich um eine politische Entscheidung, die einem Oberst nicht zustand. KARDINAL kam zu dem Schluß, daß er diesen hellen jungen Offizier unterschätzt hatte.
«Puls beschleunigt sich», sagte der Arzt fast drei Stunden später. «Patientin bei Bewußtsein.» Ein Tonbandgerät zeichnete seine Worte auf.
Sie wußte nicht, wann der Schlaf endete und der Wachzustand begann. Diese Grenze ist bei den meisten Menschen unscharf, besonders, wenn ein Wecker oder die ersten Sonnenstrahlen fehlen. Sie bekam keinen Hinweis. Swetlana
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