Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hatten sich mit diesen vereinigt und waren dann ohne Verweilen in nördlicher Richtung davongeritten, wohl ahnend, daß man sie hier aufsuchen werde. Sie hatten also ihre Absicht auf die Farm aufgegeben und ahnten nicht, daß Old Firehand den Plan genau kannte, den sie nun jetzt verfolgen wollten. – – –

ACHTES KAPITEL
    Ein Drama auf der Prärie
    Über die Prärie schritt langsam und müd ein Fußgänger, eine seltene Erscheinung, wo selbst der allerärmste Teufel ein Pferd besitzt, da der Unterhalt desselben nichts kostet. Welchem Stand dieser Mann angehörte, das war schwer zu erraten. Sein Anzug war städtisch, aber sehr abgetragen, und gab ihm das Aussehen eines friedlichen Mannes, wozu aber die alte, gewaltig lange Flinte, welche er geschultert trug, nicht recht passen wollte. Das Gesicht war bleich und eingefallen, wohl infolge der Entbehrungen, welche eine lange Fußwanderung mit sich gebracht hatte.
    Zuweilen blieb er stehen, wie um sich auszuruhen, aber die Hoffnung, Menschen zu treffen, trieb ihn immer schnell wieder zur neuen Anstrengung seiner müden Füße. Er musterte wieder und immer wieder den Horizont, doch lange vergeblich, bis endlich sein Auge froh aufleuchtete – er hatte draußen am Horizont einen Mann bemerkt, auch einen Fußgänger, welcher von rechts her kam, so daß beide Richtungen zusammenstoßen mußten. Das gab seinen Gliedern neue Spannkraft; er schritt schnell und weit aus und sah bald, daß er von dem andern bemerkt wurde, denn dieser blieb stehen, um ihn herankommen zu lassen.
    Dieser andre war sehr eigentümlich gekleidet. Er trug einen blauen Frack mit rotem Stehkragen und gelben Knöpfen, rotsammtene Kniehosen und hohe Stiefel mit gelbledernen Stulpen. Um seinen Hals war ein blauseidenes Tuch geschlungen und vorn in eine große, breite Doppelschleife, welche die ganze Brust bedeckte, geknüpft. Den Kopf beschattete ein breikrempiger Strohhut. An einem um den Hals gehenden Riemen hing vorn ein Kasten aus polierten Holz. Der Mann war lang und dürr, das glatt rasierte Gesicht scharf geschnitten und hager. Wer in diese Züge und in die kleinen, listigen Augen blickte, der wußte sofort, daß er einen echten Yankee vor sich habe, einen Yankee von jener Sorte, deren Durchtriebenheit sprichwörtlich geworden ist.
    Als die beiden sich bis auf bequeme Hörweite genähert hatten, lüpfte der Kastenträger leicht seinen Hut und grüßte den andern: „Good day, Kamerad! Woher des Weges?“
    „Von Kinsley da unten“, antwortete der Gefragte, indem er mit der Hand rückwärts deutete. „Und ihr?“
    „Von überall her. Zuletzt von der Farm, welche da hinter mir liegt.“
    „Und wohin wollt Ihr?“
    „Überall hin. Zunächst nach der Farm, welche da vor uns liegt.“
    „Gibt es da eine?“
    „Ja. Wir werden kaum länger als eine halbe Stunde zu gehen haben.“
    „Gott sei Dank! Ich hätte es auch nicht länger aushalten können!“
    Er sagte das mit einem tiefen Seufzer. Er war herangekommen und stehengeblieben, wobei man seinen Körper wanken sah.
    „Nicht aushalten? Warum?“
    „Vor Hunger.“
    „Alle Teufel! Hunger? Ist das möglich? Wartet, da kann ich helfen. Setzt Euch nieder, hierher auf meinen Kasten. Ihr sollt gleich etwas zwischen die Zähne bekommen.“
    Er legte den Kasten ab, drückte den Fremden auf denselben nieder, zog dann aus der Brusttasche seines Frackes zwei riesige Butterbrote hervor, brachte aus der einen Schoßtasche ein großes Stück Schinken zum Vorschein, reichte beides dem Hungrigen und fuhr fort: „Da eßt, Kamerad! Es sind nicht etwa Delikatessen, aber für den Hunger wird es ausreichend sein.“
    Der andre griff schnell zu. Er war so hungrig, daß er das Brot sofort zum Mund führen wollte; doch besann er sich, hielt in dieser Bewegung inne und meinte: „Ihr seid sehr gütig, Sir; aber diese Sachen sind für Euch bestimmt; wenn ich sie esse, werdet dann Ihr selbst hungern müssen.“
    „O nein! Ich sage Euch, daß ich auf der nächsten Farm so viel zu essen bekommen werde, wie mir beliebt.“
    „So seid Ihr dort bekannt?“
    „Nein. Ich war noch nie in dieser Gegend. Aber sprecht jetzt nicht, sondern eßt!“
    Der Hungrige folgte dieser Aufforderung, und der Yankee setzte sich in das Gras, sah ihm zu und freute sich darüber, daß die riesigen Bissen so schnell hinter den gesunden Zähnen des Essenden verschwanden. Als sowohl Brot wie auch Schinken alle geworden waren, fragte er: „Satt seid Ihr noch nicht, aber einstweilen

Weitere Kostenlose Bücher