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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gelangt, welcher von den Zelten und Hütten gebildet wurde. Im Mittelpunkt desselben wurden die Vorbereitungen zu dem bevorstehenden, hochinteressanten Zweikampf getroffen.
    Dort ragte aus einem Haufen zentnerschwerer, zusammengetragener Steine ein starker Pfahl empor, an welchem zwei Lassos befestigt wurden. Um diesen Platz standen alle männlichen und weiblichen Bewohner des Lagers, um Zeuge des Schauspiels zu sein. Old Shatterhand richtete sein Augenmerk darauf, daß die roten Krieger alle vollständig bewaffnet waren, ein Umstand, welcher auf seine Befürchtungen nicht beruhigend zu wirken vermochte. Er beschloß, dem entgegenzuarbeiten, und trat in die Mitte des Kreises, wo der Häuptling sich bereits befand. Dieser zeigte eine sehr siegesgewisse Haltung. Er deutete auf die beiden Lassos und sagte: „Du siehst diese Riemen. Weißt du, wozu sie bestimmt sind?“
    „Ich kann es mir denken“, antwortete der Jäger. „Wir sollen während des Kampfes angebunden sein.“
    „Du hast richtig geraten. Das eine Ende des Lassos hängt an dem Pfahl; das andre bekommen wir um den Leib gebunden.“
    „Warum?“
    „Damit wir uns nur in diesem engen Kreis bewegen und einander nicht entfliehen können.“
    „Was mich betrifft, so ist diese Maßregel überflüssig, denn es wird mir nicht einfallen, vor dir davonzulaufen. Ich kenne den eigentlichen Grund. Du traust mir mehr Schnelligkeit und Gewandtheit als Stärke zu, und willst mich durch diese Fessel verhindern, diese Überlegenheit in Anwendung zu bringen. Sei es; es ist mir sehr gleichgültig! Mit welchen Waffen kämpfen wir?“
    „Es bekommt jeder ein Messer in die linke und einen Tomahawk in die rechte Hand. Damit wird gekämpft, bis einer von uns beiden tot ist.“
    Es war klar, daß der Häuptling diese Kampfesweise gewählt hatte, weil er glaubte, dem Weißen in derselben überlegen zu sein. Doch erklärte dieser sehr ruhig: „Ich bin einverstanden.“
    „Einverstanden? Mit deinem Tod? Es ist gewiß; daß ich dich besiege.“
    „Warten wir es ab!“
    „Prüfe erst einmal deine Kraft, und versuche, ob du mir das nachmachen kannst!“ Er trat zu einem der schweren Steine und hob ihn empor. Er besaß eine ungeheure Körperkraft, und es war sicher, daß keiner seiner Roten es ihm hätte nachmachen können. Old Shatterhand bückte sich nieder, um denselben Stein aufzuheben, brachte ihn aber trotz aller scheinbaren Anstrengung nicht drei Zoll hoch empor. Ein befriedigtes „Uff!“ erklang im Kreis der Indianer. Der kleine Sachse aber sagte zu dem dicken Jemmy: „Er verschtellt sich nur, um den Häuptling sicher zu machen. Ich weeß ganz genau, daß er diesen Schteen bis über den Kopf heben und ooch noch zehn Schritte weit fortschleudern kann. Warten wir es nur ab, bis es zur Perplexion kommt. Da wird der Rote sein blaues Wunder sehen.“
    Dieser letztere hegte aber die entgegengesetzte Ansicht. Er hatte den Weißen mit seiner Kraftprobe mutlos machen wollen und war überzeugt, daß ihm dies gelungen sei. Darum sagte er im Ton der Nachsicht: „Du siehst, was du zu erwarten hast. Die Bleichgesichter pflegen zu beten, wenn sie vor dem sicheren Tod stehen. Ich erlaube dir, zu deinem Manitou zu sprechen, bevor der Kampf beginnt.“
    „Das ist nicht nötig“, antwortete Old Shatterhand. „Ich werde erst dann mit ihm sprechen, wenn meine Seele zu ihm kommt. Du bist ein starker Mann, und ich hoffe, daß du dich in diesem Kampf nur auf dich allein verlassest!“
    „Das werde ich tun. Wer sollte mir helfen?“
    „Deine Krieger. Wie es scheint, halten sie es doch für möglich, daß du von mir besiegt wirst. Warum haben sie sich bewaffnet, als ob es in den Streit gehen solle?“
    „Sind etwa deine Gefährten unbewaffnet?“
    „Nein. Aber wir werden alle unsre Waffen nach unserm Zelt schaffen. Das ist bei den Bleichgesichtern so Gebrauch. Der Stolz eines tapfern weißen Kriegers duldet es nicht, daß durch irgend einen Umstand der Anschein der Hinterlist erregt wird. Soll ich glauben, daß auch du ein Tapferer bist?“
    „Willst du mich beleidigen?“ rief der Rote zornig. „Ich brauche nicht den Beistand eines andern. Meine Krieger sollen alle ihre Waffen in die Zelte tragen, wenn die deinigen dies ebenso tun.“
    „Gut! Du wirst sehen, daß wir es sogleich tun. Ich werde nur mein Messer behalten.“ Er übergab seine Gewehre dem Hobble-Frank, und Jemmy und Davy taten desgleichen. Dabei sagte er dem Kleinen in deutscher Sprache: „Du trägst das alles

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