05 - Geheimagent Lennet und die Astronauten
aussehender Mann von etwa vierzig Jahren war zu sehen. Er trug eine gestreifte Weste, ein rotes Jackett und schwarze Hosen. »Sie sind der Französischlehrer?'' fragte er Lennet. Er sprach jetzt Französisch, allerdings ein Französisch mit sehr gewöhnlichem Akzent. Dabei musterte er den jungen Mann von oben bis unten.
»Ja", gab Lennet zur Antwort, »seien Sie so gut und melden Sie mich gleich an. Ich fürchte, ich habe mich ein wenig verspätet.«
»Nun, ich würde eher sagen, daß Sie zu früh dran sind", erwiderte der Butler.
Der Raum, in dem Lennet zurückblieb, war groß und düster.
Was soll ich ihm bloß erzählen, dem alten Tiger, fragte sich der junge Agent. Ich kann nur hoffen, daß mir im richtigen Moment etwas Glaubwürdiges einfällt, denn... Tatsächlich hatte er keine Ahnung von dem, was auf ihn wartete.
Der Butler kam wieder zurück. »Kommen Sie mit.«
Lennet folgte ihm bis zu einer schweren Tür aus dunklem Eichenholz. Der Butler öffnete langsam die Tür, und Lennet trat ein. Er befand sich in einem großen Raum mit echten Chippendale-Möbeln. Eine zarte Stimme kam aus der Ecke eines weichgepolsterten Sofas. Lennet vernahm »Bonjour Monsieur", und vom Sofa erhob sich ein blondes junges Mädchen, sehr zart, sehr blaß, in einem himmelblauen Samtkleid.
»Bonjour Mademoiselle", erwiderte Lennet, »es ist sicher Ihr Herr Vater, den ich hier treffen soll, Mr. Jean C. Foster.«
»Jean Foster, das bin ich. Und Sie sind mein neuer Französischlehrer.«
»Jean? Aber wieso denn? Jean ist doch ein Männername!«
Das junge Mädchen schlug die Augen nieder. Es war ihr ganz offensichtlich etwas peinlich, ihren neuen Lehrer belehren zu müssen. »Sie müssen wissen, im Englischen spricht man Jean anders aus, mit langem i, und hier ist es eben ein Mädchenname.«
»Schön, Mademoiselle, aber Sie sind doch schließlich nicht der Präsident der Foster-Werke!«
»Doch Monsieur, seit dem Tod meines armen Papas.«
»Oh, verzeihen Sie, es tut mir leid, aber ich wußte ja nicht...«, entschuldigte sich Lennet.
»Ach, das konnten Sie nicht wissen. Mein Vater ist schon vor fast einem Jahr gestorben.«
»Und Sie leiten die Firma?«
»O nein, das könnte ich niemals. Das macht mein Vormund.
Ich bin ja auch noch minderjährig. Aber es ist nun mal so, da ich die Aktienmehrheit besitze, bin ich auch Präsident der Firma.
Klingt ganz schön komisch, nicht wahr?«
»Darf ich fragen, wer Ihr Vormund ist?«
»Mr. Sharman. Er hat Sie ja auch engagiert, um mir Unterricht zu geben.«
Lennet überlegte. Seine Entscheidung war schnell getroffen.
Er ging zur Tür, machte sie sorgfältig zu und setzte sich dann in der Nähe des Mädchens auf ein Sofa, von dem aus man durch das Fenster auf die Straße sehen konnte. Die Aussicht war jedoch nur unvollständig. Das lag daran, daß vor dem Fenster, auf einer kleinen Plattform, ein Fensterputzer balancierte. Er war damit beschäftigt, die Außenscheiben des Zimmers zu putzen. Lennet holte tief Luft und begann: »Mademoiselle, ich will Ihnen die Wahrheit sagen. In wenigen Augenblicken wird ohne Zweifel Ihr wirklicher Französischlehrer erscheinen. Es ist nur ein glücklicher Zufall, daß ich ein wenig früher hier war als er. In Wirklichkeit bin ich französischer Sicherheitsbeauftragter.
Meine Dienststelle hat allen Grund zu der Annahme, daß Ihr Vormund, Mr. Sharman, beabsichtigt, den Raumflug von Frank Kordon zu sabotieren. Vielleicht irren wir uns, aber Sie werden zugeben müssen, daß alles gegen ihn spricht. Hören Sie mir bitte zu und bilden Sie sich selbst Ihr Urteil!«
Lennet erzählte ihr die ganze Geschichte von Anfang an. Das Mädchen hörte aufmerksam zu. Als er geendet hatte, rief sie:
»Oh, wenn das stimmt! Das Andenken meines armen Papas wäre ruiniert! Er hat all seine Kraft, ja sein Leben diesem Werk und seinem Land geopfert! Eine defekte Klimaanlage! Ich sehe genau vor mir, was passieren wird. Der Astronaut wird in der Kapsel verbrennen, sobald die Temperatur zu irgendeinem Zeitpunkt das vorgesehene Höchstmaß überschreitet, und alle Welt wird sagen, daß das die Schuld der Foster-Werke ist.
Monsieur, wir müssen das verhindern, ich flehe Sie an!«
»Nennen Sie mich doch Lennet!«
In dem Moment bemerkte Lennet, daß sie nicht mehr allein im Zimmer waren. Er drehte sich um und sah, daß der Butler geräuschlos ins Zimmer getreten war. »Mademoiselle", sagte er,
»der Portier hat soeben angerufen und gesagt, daß der Französischlehrer unten
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