05 - Spiel der Intrigen
vorhattest, als Prinzessin aufzutreten.«
»Ich weiß«, erwiderte Emily. »Ich
sollte Fleetwood dankbar sein, aber der Mann hat etwas an sich, das mir Angst
einflößt. Ich habe manchmal den Verdacht, dass er genau weiß, wer ich bin, und dass
er mich auslacht, und ja, dass er gleichzeitig die Gesellschaft auslacht, weil
sie so dumm ist, meine Geschichte zu glauben.«
»Du kannst nicht darauf hoffen,
einen Earl zu heiraten«, sagte Mr. Goodenough mit einem kleinen Seufzer. »Es ist
un-
wahrscheinlich, dass du ihn noch
einmal siehst. Er schien nicht sehr an dir interessiert zu sein und ist nur
kurz geblieben.«
»Warum kann ich keinen Earl heiraten
?« fragte Emily gereizt, obwohl sie selbst es auch niemals für möglich
gehalten hätte. »Als wir den Plan zu einer Saison in London fassten, hast du
gesagt, ich könnte einen Herzog heiraten.«
»Wir sind Träumer«, sagte Mr.
Goodenough. »Aber sogar Träumer wie wir müssen den Tatsachen ins Gesicht sehen.
Fleetwood ist ja nicht nur ein Earl, sondern auch sehr reich. Angenommen, er
würde dir einen Heiratsantrag machen, dann müsste ich seinen Anwälten Rede und
Antwort stehen. Sie würden mich alle mit Fragen bombardieren, über Heiratsverträge
reden und Einzelheiten über deine Vorfahren wissen wollen. Nein, nein. Ein
armer Edelmann — gut, nicht ganz arm, aber auch nicht allzu reich — wäre der
Richtige für dich. Die Anwälte eines armen Gentleman, wenn er sich überhaupt
welche leisten kann, gefährden eine gute Partie nicht durch peinliche Fragen.«
»Dann ist es ja nur gut, dass mich
Fleetwood nicht interessiert.« Emily lachte. »Was ist das für eine Geschichte,
dass auf diesem Haus ein Fluch lastet?«
»Ach ja, wir hätten uns denken
können, dass es einen Grund für die niedrige Miete gibt. Ich habe es von
mehreren Gästen gehört, dass alle möglichen furchtbaren Dinge unter diesem Dach
passiert sind: Ein schönes Mädchen wurde ermordet, ihr Mörder wurde entlarvt,
als er versuchte, auch eine der späteren Mieterinnen zu töten; eine Familie
ging bankrott; und einer hat sogar Selbstmord begangen.«
»Wer hat Selbstmord begangen?«
fragte Emily schwach. »Der neunte Duke of Pelham.«
»Barmherziger Himmel! Ich wundere
mich, dass es überhaupt einer gewagt hat, uns zu besuchen!«
»Oh, sie meinen, dass das Unglück
nur über die kommt, die hier wohnen. Ich glaube nicht an solchen ausgemachten
Unsinn. Du etwa?«
»Nein«, sagte Emily beherzt.
Aber als sie in dieser Nacht zu Bett
ging, bat sie Joseph, das Treppenhaus zu beleuchten, und sie lag noch ziemlich
lange wach und beobachtete die Muster, die das Talglicht an der Decke bildete,
und der unverschämt spöttische Ausdruck in den Augen des Earl ging ihr nicht
aus dem Sinn.
»Es wird Probleme geben«, dachte
Emily. »Ich spüre es!«
Sechstes Kapitel
»Und wie war deine Ausfahrt im Park
mit der schönen Prinzessin?« fragte Fitz am folgenden Tag, als sich die beiden
Herren, Zweispitz und Stock unter den Arm geklemmt, auf den Weg in die Oper
machten.
»Ich hatte keine Gelegenheit, mit
Miss Goodenough spazierenzufahren. Ihr Salon war gerammelt voll von
neugierigen Angehörigen der Gesellschaft, die sich alle damit zufriedengaben,
sie anzustarren, als ob sie ein Fabeltier auf dem Bartholomäus-Jahrmarkt wäre.
Ich habe meine Aufwartung gemacht, versprochen, wiederzukommen, wenn sie nicht so
belagert ist, und mich verabschiedet«, sagte der Earl.
»Sie genießt es bestimmt sehr, im
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.«
»Keineswegs«, meinte der Earl und
warf dabei einem Straßenkehrer, der ihren Weg kreuzte, eine Münze zu. »Sie
blieb ganz ruhig und würdevoll, aber hinter dieser Fassade habe ich ihre Angst
gespürt. Unsere Prinzessin ist nicht nur keine Prinzessin, sondern, das ist
meine Ansicht, aus recht gewöhnlichem Holz geschnitzt. Dieser Onkel von ihr
sieht mir eher wie ein Diener als ein Gentleman aus.«
»Aber geh! Du bist zu streng. Ich
finde, Mr. Goodenough ist ein feiner Herr.«
»Aber er hat etwas Unterwürfiges an
sich, eine gewisse Aura von Servilität. Es ist schwer zu beschreiben.«
»Vielleicht ist Miss Goodenough doch
eine Prinzessin. Das würde ihre Nervosität und ihr merkwürdiges Englisch erklären.«
»Sie hat versucht, mir einzureden, dass
Englisch nicht ihre Muttersprache sei. Ich glaube ihr nicht. Unsere jungen
Damen
der ersten Kreise tun so, als seien
sie schüchtern und ängstlich
und ganz ungewöhnlich zart besaitet,
aber du siehst es ihnen an,
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