05 - Spiel der Intrigen
Dann
sagte sie: »Aber er hat versucht, eine Countess zu erpressen. Wenn er redet,
dann reden wir auch, und Mylady und Mr. Goodenough haben nicht gegen das
Gesetz verstoßen — nun, abgesehen von der Geburtsurkunde. Sie hat ihren Namen
rechtmäßig geändert und als Miss Goodenough geheiratet. Deshalb kann dieser
Kerl, dieser Pardon, gar nicht zur Polizei gehen und auspacken. Wir halten ganz
fest zusammen und sagen, dass wir alle gehört haben, wie er Geld von Mylady erpresst
hat. Das einzige, was wir tun müssen, ist, ihn hierherbringen, wenn wir Mylord
und Mylady das Dinner serviert haben.«
»Aber wie sollen wir das machen?«
fragte Rainbird.
»Ich hab's!« rief der Koch aus. »Wir
entführen ihn — das ist die Lösung.«
Mrs. Middleton stieß einen schwachen
Schrei aus. »Das können wir nicht tun. Diener entführen keine Gentlemen.«
»Ich glaube, Alice hat den Nagel auf
den Kopf getroffen«, sagte Rainbird bedächtig. »Ich habe dir bisher gar nicht
zugetraut, dass du so gute Ideen hast, Alice.«
Alice errötete. »Ich habe viel
darüber nachgedacht«, gestand sie bescheiden. »Geheimnisse kommen immer
irgendwie ans Tageslicht. Ich meine, ich habe natürlich nicht gewusst, dass jemand
Geld von Mylady verlangen wird, aber ich habe gedacht, dass irgend etwas
passieren wird, und da hab' ich vor lauter Angst meinen Grips angestrengt.«
»Lasst mich überlegen«, sagte
Rainbird. »Wir brauchen eine geschlossene Kutsche, ein starkes Seil und einen
Knebel, den wir ihm in den Mund stopfen.«
»Was ist, wenn er heute abend
ausgeht?« fragte Lizzie.
»Wir warten, bis er zurückkommt —
und wenn es die ganze Nacht dauert.«
»Aber was ist, wenn Mylord und
Mylady sich fragen, wohin die Diener gegangen sind?« wollte Mrs. Middleton
wissen.
»Nun, ihr Frauen kommt nicht mit«,
sagte Rainbird. »Sie werden es nicht merken, solange sie von irgend jemandem bedient
werden. Sie sind erst so kurz verheiratet, dass sie nur Augen füreinander
haben.«
»Aber Mylords Bruder ist gerade
gestorben«, warf Lizzie voller Zweifel ein, »und Sie haben gesagt, dass Lord
Fleetwood ganz außer sich war. Vielleicht sind seine Gefühle heute nicht
romantisch genug, und er merkt doch etwas.«
»Mrs. Middleton wird schon irgendeine
Ausrede einfallen«, sagte Rainbird ungeduldig. »Lasst uns jetzt unseren
Schlachtplan ausarbeiten ...«
Der Earl holte seine Braut am späten
Nachmittag vom Haus in der Park Lane ab. Sie erklärte, dass Mr. Goodenough sich
hingelegt habe, und da ihn der Tod seines Bruders viel zu sehr beschäftigte,
merkte er gar nicht, dass Emily unnatürlich bleich und angespannt war.
Sobald sie zu Hause angekommen
waren, ging er nach oben, um sich zum Dinner umzuziehen — eine Prozedur, die
eine ganze Stunde in Anspruch nahm, weil es für den Earl schwierig war, ohne
seinen Kammerdiener zurechtzukommen. Dann musste er im Speisezimmer auf seine
Frau warten. Emily brauchte viel Zeit, bis sie soweit war, dem Earl gefasst und
lächelnd gegenüberzutreten.
Als sie sich endlich zum Dinner
niederließen, erzählte er, was er über die Beerdigung seines Bruders in
Portugal erfahren hatte. Emily sah die Anspannung und die Trauer in seinem Gesicht
und wusste, dass sie seinen Schmerz noch vergrößern musste. Percival Pardon
würde das Geheimnis nie für sich behalten, davon war sie überzeugt. Er würde
immer wieder Geld verlangen, bis sie ihn schließlich nicht mehr bezahlen
konnte, und dann würde er reden. Ohne zu ahnen, dass seine junge Frau
Höllenqualen durchlitt, erzählte der Earl mit leiser Stimme, was für ein guter
Junge Harry gewesen war, als sie beide klein waren, und wie er sich dann zu
einem wilden, verantwortungslosen Wüstling entwickelt hatte. Als Alice und
Jenny den Tisch abgeräumt und den Portwein mit den Walnüssen aufgetragen
hatten, bemerkte der Earl endlich, wie blass Emily war.
»Du darfst dir meine
Familientragödie nicht so zu Herzen nehmen«, sagte er freundlich. »Harrys Tod
ist auf seine Weise eine Gnade...«
»Ich muss dir etwas berichten«,
sagte Emily und umklammerte die Tischkante so fest, dass ihre Fingerknöchel
weiß hervortraten.
Mr. Percival Pardon fühlte sich im
Einklang mit der Welt. Die Erpressung von Emily verlieh ihm ein berauschendes
Machtgefühl. Das würde das kleine Luder lehren, dass es einem schlecht bekam,
wenn man seine Annäherungsversuche zurückwies.
Er gab seiner Toilette den letzten
Schliff, indem er eine Diamantnadel am Revers befestigte, nahm Hut und Stock
und
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