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das für später auf? Mir ist beides recht. Eigentlich ist mir gleich jetzt sogar lieber."
„Herrgott", sagte die Blondine, und alle, bis auf die dunkelhäutige Frau, zuckten zusammen. „Wie viele Zähne hast du eigentlich?"
Oh. Ihr Lächeln. Affen-Etikette, Affen-Etikette! Sie fuhr mit der Hand zum Mund. „So viele wie nötig. Wer bist du?"
„Wir sollten uns erst einmal alle vorstellen", sagte die Bassstimme, die zu einem furchteinflößenden Mann gehörte, einem Mann, der Dummheit nur schwer ertragen konnte und der dich eher verschlingen würde, als sich dein Gejammer anzuhören. Oh, diesen Mann würde sie mögen. „Das ist längst überfällig."
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Der große dunkelhaarige Mann war der König der Vampire, Sinclair. Die große Frau war die Königin, Betsy (was für ein Name!). Die schwarze Frau war ihre Affendienerin/Freundin/Aufpasserin, Jessica. Garrett war ein Biest und wurde George genannt. Die kleine Blonde war ein ganz gewöhnlicher Vampir, ihre Dienerin, so wie ein Betatier in Antonias Rudel, und sie hieß Tina. Sie lebten alle zusammen mit einem Affen, der Marc hieß und gerade
„Schicht" hatte. Daran fand Antonia nichts Ungewöhnliches. Michael und Jeannie, ihre Alphatiere, umgaben sich ebenfalls mit Betatieren und lebten mit ihnen zusammen wie in einer Familie.
Einer Familie, zu der sie nicht gehörte.
Sie schob den Gedanken schnell zur Seite. Darin war sie geübt und es gelang ihr gut. Stattdessen dachte sie lieber über die faszinierendste Eigenschaft dieser Spinner nach - der König, die Königin und Garrett rochen nach nichts.
Natürlich hatte sie schon von Vampiren gehört, aber bisher waren ihr noch keine begegnet. Und sie kannte auch keinen, der schon einmal einen getroffen hatte oder es wenigstens zugab. Der Überlieferung zufolge waren Vampire so territorial veranlagt, dass sie sich selbst eingeredet hatten, Werwölfe würden nicht existieren. Und das war den Werwölfen ganz recht.
„Nun, da bin ich jetzt." Antonia ärgerte sich, dass sie gedacht hatte, die Dienerin sei die Königin. „Gebt mir eine Aufgabe."
„Einen Moment bitte noch, Antonia", sagte der König freundlich, so als wäre der Befehl eine Bitte. „Wir müssen erst auf den neuesten Stand kommen, sozusagen. Du sagtest, du seiest ein Werwolf?"
.Ja."
„Und du hast dein Rudel verlassen, um unserer Königin zu dienen? Der Königin der Vampire?"
„Ich wusste nicht, dass sie die Königin der Vampire ist", erklärte Antonia.
„Das war in den Bildern nicht zu sehen."
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„Aber du glaubst uns, dass wir Vampire sind?", fragte die Königin.
Antonia zuckte mit den Schultern. „Klar."
„Und du siehst diese Bilder aus der Zukunft? Mithilfe irgendeiner Kamera?", setzte Sinclair die Befragung fort.
„Ja, mit meinem Kopf', blaffte sie. „Der jetzt gerade überlastet ist, weil er das alles noch einmal durchkauen muss."
„Rede nicht so mit dem König", warnte die kleine Blonde, Tina.
„Warum nicht? Er ist schließlich nicht mein König."
„Willst du etwa so der Königin dienen?", fragte Sinclair aalglatt. Antonia, die sonst nicht auf diese Dinge achtete, fiel sein Anzug auf: schwarz, makellos und maßgeschneidert.
„Ich bin hier, um der Königin zu helfen, nicht um ihr die Füße zu küssen. Ihr dienen finde ich ein bisschen übertrieben. Ich bin ja kein Kellner."
Die Königin brach in hilfloses Gelächter aus, das fast auch Antonia zum Lächeln gebracht hätte. Alle anderen im Raum schauten eher säuerlich drein.
„Das ist toll", sagte die Königin kichernd, „aber ich habe schon mehr Hilfe, als ich brauchen kann. Ich meine, na ja, sieh dich nur um." Sie machte eine ausladende Geste. „Seit einem Jahr versuche ich vergeblich, ein paar von den Trotteln loszuwerden."
„Und einige von uns", meldete sich Jessica zu Wort, „schon ihr ganzes Leben."
„Tja, das ist dumm. Ich muss dir nämlich helfen, um das zu bekommen, was ich will. Deswegen bin ich hier."
Tina lehnte sich zum König hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Idioten.
Dachten sie etwa, Werwölfe seien schwerhörig?
„Ich weiß nicht, wer Dr. Spangler ist, aber ruft ihn nicht an. Hier gibt es schon genug Leute, mit denen ich fertigwerden muss."
Tina machte ein überraschtes Gesicht und Jessica, die nur ge 129
sehen hatte, wie sich Tinas Lippen bewegten, zuckte zusammen. Dann sagte sie: „Nun, äh ... ich glaube ... wir glauben ... dass du vielleicht... äh ... verrückt bist."
„Nein, nein, nein", beeilte sich Sinclair zu
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