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Toni nennen?"
„Nein", sagte Antonia, „das darfst du nicht."
„Okay .. Also, hier ist dein Zimmer, solange du bei uns wohnst. Und das Badezimmer ist hier drüben." Die Königin machte einen Schritt aus dem Raum, deutete den Flur entlang und trat wieder zurück in das große Schlafzimmer mit der grün-golden
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gemusterten Tapete. Antonia fühlte sich sofort wohl; die Wände hatten die Farbe des Waldes an einem Spätnachmittag. „Tut mir leid, dass es nicht direkt ans Zimmer anschließt, aber es gehört nur dir allein, du musst es mit niemandem teilen. Und, äh, ich glaube, das ist alles. Huh!"
Antonia wirbelte herum. Garrett war ihnen nach oben gefolgt. „Auf Dauer nervt das", warnte sie ihn.
Statt einer Antwort lächelte er sie an.
„Böser George! Wie oft muss ich dir noch sagen, nicht so zu schleichen!
Irgendwann wird noch jemand einen Herzanfall bekommen. Böses, böses Biest!"
„Warum sprichst du mit ihm wie mit einem Hund, der auf den Teppich gepisst hat?", wollte Antonia wissen.
„Äh .. " Betsy (die Königin - haha!) sah verwirrt aus. „Du hast recht, tut mir leid. Wir sehen ihn wohl immer noch mehr als Tier und nicht wie einen Menschen. Bis vor zwei Monaten hat er gar nicht gesprochen. Kein einziges Wort. Er ist ja noch nicht einmal aufrecht gegangen! Dann sagte er etwas . ."
„Was?"
„Rot, bitte. Er mag Handarbeiten. Lange Geschichte. Eigentlich doch eher eine kurze: Er häkelt und strickt gerne und hatte keine Wolle mehr. Also sagt er das und wir sind alle von den Socken. Dann kommt erst mal nichts mehr. Bis du auftauchst und ganz locker sagst: He, was geht, Garrett? Und er dreht durch und springt dich an. Du musst das verstehen, das hat er noch nie gemacht, es sei denn, er hat gejagt oder mich beschützt. Er ist wie ein Löwe auf der Jagd nach einer Gazelle, wenn es um Vergewaltiger geht. Keine Ahnung, irgendwie komisch. Und dann . ."
„Es muss praktisch für dich sein, dass du keine Luft holen musst", warf Antonia dazwischen.
„Du ahnst gar nicht, wie sehr. Naja, jetzt verstehst du, warum wir alle so aufgeregt sind."
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„Klar. Glaube ich zumindest." Antonia war immer noch verwirrt. Bei ihr zu Hause ließ man Fremde so lange bleiben, wie sie wollten, und stellte ihnen keine Fragen. Aber dann rief sie sich ins Gedächtnis, dass Vampire und Affen unterschiedlich waren. Ganz einfach. Und Garrett war ihr ein Rätsel, obwohl er ein Vampir war. Interessant.
„Antonia", sagte Garrett. Antonia wartete, aber anscheinend hatte er nicht mehr auf dem Herzen. Sie besah ihn sich genauer. Der brachte also Vergewaltiger zur Strecke? Und war kein großer Redner?
Hmmm.
„Du hast schönes Haar", sagte sie zu ihm. „Zum Verlieben." Er lächelte sie wieder an.
„Ihh, tu das nicht", warnte Betsy. „Sein Grinsen ist genauso unheimlich wie deins."
„Er hat ein hübsches Lächeln", verteidigte ihn Antonia. „Genau richtig.
Freundlich, aber nicht aggressiv."
„Ah . . na klar. Nun, dann richte dich erst einmal ein und .. "
„Ich muss mich nicht einrichten. Ich muss dir helfen. Was machst du jetzt?"
Betsy guckte überrascht. „Jetzt gleich?"
„Ja, jetzt gleich. Ich werde nämlich an dir kleben wie ein zerquetschter Käfer, bis .. bis wann auch immer."
Betsy zuckte mit den Schultern. „Weißt du, noch vor einem Jahr wäre mir das merkwürdig vorgekommen, aber jetzt nicht mehr. Jetzt nehm ich das ganz locker, Baby! Du willst helfen? Dann komm. Nicht du, George, äh, Garrett. Du bringst nur alles durcheinander."
Garrett beachtete sie nicht. Was Antonia sehr niedlich fand.
„Oh nein, nein, nein", stöhnte Antonia. „Kann ich mich erschießen oder mir ein Messer zwischen die Rippen stechen lassen?"
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„He, du wolltest helfen, also hilfst du auch."
„Ich glaube, sie hat ein anderes Problem." Jessica besah Antonia kritisch von oben bis unten. „Blau lässt sie blasser aussehen. Ein Problem, da sind wir uns wohl alle einig, das ich nicht habe. Aber an deinem Model sieht die Farbe nicht gut aus."
„Dann zieh mal das Gelbe an", sagte Betsy.
„Einen Scheiß werde ich tun", blaffte Antonia die Königin an. „Ich bezweifle, dass die Götter oder wer auch immer das im Sinn hatten, als sie mir die Vision eingaben, dir zu helfen."
„Das sagst du. Geh und zieh dich um."
Antonia stapfte in ein kleines Wohnzimmer nebenan, riss sich das eisblaue Brautjungfernkleid vom Leib und zwängte sich in das pipigelbe. Dies war die Strafe für alle bösen Gedanken, Worte und Taten, die
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