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050 - Die Blutsauger

050 - Die Blutsauger

Titel: 050 - Die Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Barton
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Sinn der Worte, die vor seinen Augen tanzten, zu begreifen. Und das schreckliche Gefühl der Lethargie und Schwäche blieb bestehen, trotz des großen Brandys.
    Als er aufblickte, kam Henry Foster eben durch die breiten Schwingtüren. Henry bewegte sich mit der Würde eines gesetzten Mannes, der zweihundertzehn Pfund wog. Er hatte ein kantiges Gesicht und graue Schläfen. Er trug ein Monokel und ging niemals ohne seinen Stock mit Silberknauf aus. Er war eines der ältesten und am meisten respektierten Mitglieder des Klubs.
    Er blickte um sich, unentschlossen, wen er mit seiner Gesellschaft beehren sollte. Aber da blieb das Monokel bereits zielsicher auf Leroy Thompson gerichtet, und Henry Fosters üppige Lippen formten sich zu einem breiten Grinsen.
    »Hallo! Thompson! Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Dr. Henry Foster hatte eine kräftige, grollende Stimme, die direkt aus den Tiefen seines gewaltigen Leibes zu kommen schien. Er klemmte das Monokel zurecht und blickte auf seinen Freund Leroy Thompson nieder.
    »Leroy, Sie sehen schlecht aus. Sie sind blaß«, sagte er beinahe vorwurfsvoll. »Wenn ich es recht bedenke, so sehen Sie aus wie ein Gespenst.«
    Er ließ sich in den breiten Stuhl fallen, der gegenüber von Leroy stand. »Oder haben Sie bloß eines getroffen?« Er zwinkerte heftig.
    »Ich beginne mich zu fragen, ob es so ist«, entgegnete Leroy mit schwacher Stimme.
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
    »Ich bin nicht zum Scherzen aufgelegt.«
    »Ich nehme nicht an, daß Sie mir anvertrauen wollen, worum es sich handelt …«
    »Ganz im Gegenteil, nichts würde ich lieber tun. Aber ich fürchte, es wird Sie langweilen, denn rückblickend und aus der soliden Realität dieses Sessels sieht die Sache weit weniger gespenstisch aus als im Mondlicht.«
    »Lassen Sie mich erst etwas zum Trinken bestellen«, sagte der Doktor und rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl. Er winkte John mit heftigen Armbewegungen, und rasch stand das Getränk vor ihnen, obwohl John nicht das geringste Zeichen der Eile gezeigt hatte.
    »Alles nahm seinen Anfang, als ich vor einigen Tagen von meinem Büro in Norfolk nach Hause fuhr und die alte Römerstraße wählte, um den Weg abzukürzen«, begann Leroy. »Ich sah ein Mädchen am Straßenrand stehen.«
    »Dachte ich’s doch gleich!« sagte der Doktor und lächelte amüsiert.
    »Warten Sie«, bat Leroy müde.
    Foster räusperte sich. »Wann war das? Am Tag oder in der Nacht?«
    »Sehr spät. Eigentlich schon gegen Morgen«, sagte Leroy Thompson.
    Der Doktor bemühte sich ernst zu bleiben.
    »Und wann kommt das Gespenst vor?«
    »Ich weiß nicht, ob es überhaupt vorkommt.« Leroy bereute es fast, das Thema berührt zu haben. Er lehnte sich zurück und schloß die Augen.
    »Ich unterbreche zu viel«, sagte Foster hastig. »Bitte sprechen Sie weiter.«
    »Nun, ich ließ sie einsteigen. Sie war unglaublich schön auf eine wilde, ganz und gar unmoderne Art.«
    »Können Sie mir das, bitte, näher erklären?«
    »Sie hatte langes, schwarzes Haar, das in glänzenden Wellen über ihren Rücken fiel, ein blasses, ovales Gesicht und graue Augen. Die tiefsten, eindringlichsten Augen, denen ich je begegnet bin. Sie hatte volle, rote Lippen, feucht und einladend …«
    »Und vermutlich Zähne wie Perlen. « warf Foster ein.
    »Das weiß ich nicht, ich habe sie nie gesehen. Aber vermutlich haben Sie recht.«
    »Was? Sie haben sie nie gesehen? Lächelt sie denn nie, wenn sie Sie sieht?«
    »Doch, aber sie preßt die Lippen aufeinander, wenn sie lächelt«, sagte Leroy.
    »Klingt wie ein Fernsehwerbespot für die falsche Zahnpasta«, lachte Foster gut gelaunt. Aber unter der Fröhlichkeit klang ein ernster Ton mit.
    Leroy Thompson schwieg. Die beiden Männer tranken nachdenklich.
    »Die nächste Runde geht auf meine Rechnung«, sagte Thompson.
    John stand vor ihnen wie vom Himmel gefallen, und die Gläser wurden wieder gefüllt.
    »Ihre Beschreibung bezog sich nur auf das Gesicht des Mädchens. « sagte Foster.
    »Ach ja! Ja … Sie hatte eine perfekte Figur, und das rote Samtkleid, das sie anhatte, betonte ihre Formen noch. Das Kleid hatte einen Schnitt nach der Mode vor hundertfünfzig Jahren. Darüber trug sie seinen Umhang.«
    »Vielleicht war sie Krankenschwester?« warf der Doktor mit wachsendem Interesse ein.
    »Das dachte ich anfangs auch. Aber sie verneinte. Außerdem war es kein Schwesternumhang. Schwer zu beschreiben … der Umhang war fast klassisch zu nennen, sehr weit, aus sehr dünnem

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