050 - Monsterburg Höllenstein
da eigentlich
vorgeht, dann kann ich es dir nicht mal sagen…«
Er schilderte, was er in
der Wohnung alles gesehen hatte. Vom gedruckten Poster und der Handzeichnung
von Monster- und Werwolfgesichtern, von den Utensilien zur Herstellung der
Silberkugeln bis zum Vorhandensein einer umfangreichen Bibliothek, die sich mit
abstrusen Sonderfällen und den Grenzgebieten der Kriminalwissenschaft befaßte.
»Außerdem habe ich noch eine Anzahl prallvoll geschriebener Tagebücher
entdeckt«, beendete der Kommissar seinen Bericht. »Vielleicht steht da einiges
drin, das uns über Dasners Denken und Vorgehen Aufschluß gibt. Daß er anfing, aus
geweihtem Silber Gewehr- und Pistolenmunition zu gießen, muß doch einen Grund
gehabt haben…« Der Inhalt der Tagebücher war nach den Ereignissen gerade auch
für Morna und Larry von großer Bedeutung. Die Schwedin erklärte sich bereit,
Thönessen bei seinen Recherchen zu unterstützen. Der Fall verlief in eine
Richtung, die keiner von ihnen auf diese Weise erwartet hätte.
»Vielleicht hat Mister
Dasner sich mehr dabei gedacht, als wir in diesen Minuten ahnen können«, sagte
Larry, als Morna mit dem Lotus schon davonraste. »War er nicht, wie Sie sagten,
ein Mann, der unorthodox vorging und auch, unbequeme Wege einschlug, wenn es
sein mußte? Er war verschwiegen und hat oft Dinge getan, die man so eigentlich
nicht von ihm erwartete. Scheinbar hat er etwas entdeckt, eine Gefahr, über die
er nicht wagte, mit jemand zu sprechen. Er wollte klare Verhältnisse schaffen…«
»Sie sind der festen
Überzeugung, daß er einen Werwolf aufgespürt hat?« Larry zuckte die Achseln.
»Ich weiß es nicht. Aber denken Sie an das, was wir hier in diesem Waldstück
gefunden haben, Leichenteile eines Mannes und die Silberkugeln. Vielleicht war
Kommissar Dasner aus dem gleichen Grund hier wie wir. Nur, daß er
möglicherweise schon etwas von dem Toten wußte. Er war auf der Spur des
Mörders. Das Opfer, Eckert, muß nicht zerstückelt, es kann doch auch zerrissen
worden sein von einer mordgierigen, blutrünstigen Bestie. Von einem Werwolf zum
Beispiel… Dasner war gestern abend möglicherweise wieder unterwegs und ihm auf
der Spur. Es ist kaum anzunehmen, daß er meine blonde Begleiterin mit einem
struppigen Werwolf verwechselt hat. Dasner ist offenbar in eine Falle getappt,
die Waffe wurde ihm entwendet, und der Hersteller der Silberkugeln ist nicht
identisch mit dem Schützen…«
Die logische
Gedankenkette war bestechend. Eckert war selbst ein Mann, der viel dachte. Aber
die Präzision dieser Logik ging über das hinaus, was er gewohnt war. Der
PSA-Agent sprengte mit seinen Gedanken weit die Grenzen, die er sich naturgemäß
setzte. »Allerdings stört mich bei diesen Überlegungen eine kleine, aber
bemerkenswerte Tatsache«, fuhr Larry fort. »Und was ist das?«
»Wir hatten in der
letzten Nacht keinen Vollmond. Menschen, die sich in Werwölfe verwandeln,
brauchen ihn aber. Nur in dieser Zeit funktioniert dieser unheimliche
Mechanismus in den Tiermenschen überhaupt. Und wenn…« Er unterbrach sich. Über
die Asphaltstraße kam ein roter Opel Senator mit Kölner Kennzeichen. Der Wagen
hielt direkt auf die Männer bei dem Polizeifahrzeug zu. Am Steuer saß eine
junge Frau, schlank, zierlich, platinblond. Sie trug das Haar als
Pferdeschwanzfrisur. Die Fremde kurbelte das Fenster herunter. Die Augenlider
waren kobaltblau geschminkt, und die roten Lacklippen schimmerten
verführerisch. »Hallo, ihr beiden!« wurden sie auf burschikose, unkomplizierte
Weise angesprochen. »Spricht zufällig jemand amerikanisch?«
»Ein wenig«, entgegnete
Larry und grinste wie ein großer Junge. »Was können wir für Sie tun, Miß?«
Er beugte sich an dem
offenen Fenster nach vorn. Die platinblonde Fahrerin hielt einen Zettel in der
Hand. »Oh«, sagte sie erstaunt, »Sie sprechen sehr gut, wissen Sie das? Ohne
deutschen Akzent… Ich möchte zu einer Burg… Höllenstein…« Sie hielt ihm den
Zettel unter die Nase.
Larry Brent sah, daß der
Name der Burg auf den Zettel geschrieben war. Noch ein weiterer Name stand
darauf. Einen, den er kannte. Walter Demare…
●
»Wollen Sie einen
Verwandten auf der Burg besuchen?« fragte Larry Brentschnell, ohne sich seine
Überraschung und sein Erstaunen anmerken zu lassen. »Nein… ich soll mich bei
einem Mister Demare melden… wegen einer Erbschaftsangelegenheit.«
»Wenn Sie zur Burg
wollen, haben Sie sich ganz schön verfahren«, schaltete Eckert
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