0502 - Die Disco-Hexe Tessy
auch erwischt, aber er machte einen großen Fehler.
Er holte einfach zu weit aus, so daß die Axt mit ihrer stumpfen Seite gegen die Decke schlug und der Schlag zunächst einmal unterbrochen wurde.
Diese winzige Zeitspanne reichte mir. Ich ging voll in den Mann hinein, hebelte ihn hoch und einen Moment später über meine Schulter hinweg.
Er lernte plötzlich fliegen. Ich hörte ihn schreien, etwas krachte, der Schrei wurde sirenenhaft schrill, dann sah ich, was geschehen war. Ich hatte keine Absicht hinter meine Aktion gelegt, aber Frankenstein war durch Zufall in die Nähe des Sargs gelangt und auch in die offene Totenkiste hineingefallen.
Der Sarg, magisch aufgeladen durch das Blut der Disco-Hexe, entfaltete seine Kraft.
Er schluckte den Mann.
Es war ein schlimmes Bild. Frankenstein hatte sich noch am rechten Rand festgeklammert. Die bleichen Finger waren deutlich zu erkennen, doch sein Körper war bereits in der Totenkiste verschwunden. Es bestand auch keine Chance, daß er wieder zurückkehrte, obwohl er es versuchte.
Wir hörten sein Schreien, das auch die Disco-Hexe mobil machte.
Sie hatte sich meinen Tod so sehr gewünscht. Das war in weite Ferne gerückt, deshalb versuchte sie es mit einem letzten Angriff.
Sie rannte plötzlich vor, wollte mich aus dem Weg stoßen, um durch die offene Tür nach draußen zu gelangen.
Ich rammte sie mit der Schulter.
Tessy Lamar wurde mitten im Lauf gestoppt. Sie schüttelte wild und wütend den Kopf, schrie, torkelte zur Seite, gab aber noch immer nicht auf.
Da packte ich ihren linken Arm und bog ihn so hoch, wie es jeder Polizist auf der Schule lernt. Es war der berühmte Polizeigriff. Ihn zu sprengen, bedeutete fast ein Ding der Unmöglichkeit. Vielleicht hatte ich etwas zu hart zugepackt, Tessys Schrei war nicht gespielt, sie ging vor mir in die Knie, ich lockerte den Griff und fragte: »Hast du jetzt genug?«
»Laß mich los, verdammt!«
»Nein, wir beide werden jetzt vorgehen und uns anschauen, was mit deinem Helfer passiert ist.«
Tessy lachte, schrie und sprach gleichzeitig. »Er ist in der Hölle. Er ist in der Hölle!« Sie hatte ihren Spaß, während mir etwas flau im Magen wurde.
Nur widerwillig gab sie dem Druck nach und bewegte sich stolpernd auf den Sarg zu.
Davor stoppte ich sie.
Die Hand war vom Rand verschwunden. Frankenstein hatte sich nicht halten können.
Ich schaute über die Schulter der Disco-Hexe hinweg in das Unterteil der Totenkiste.
Der Boden schwamm.
Und inmitten dieser zitternden, rotschwarzen Masse sah ich die Gestalt Frankensteins. Er lag auf dem Rücken, und er wurde in eine Tiefe gezerrt, aus der es kein Entrinnen gab. Diesmal holte ihn im wahrsten Sinne des Wortes der Teufel.
»Mein Blut!« keuchte Tessy. »Mein Blut hat den Weg geebnet. Ich werde noch weiter…«
Ich packte in ihre steifen Haare und riß sie hoch. »Nein!« keuchte ich. »Das kommt nicht in Frage.«
»Du wirst gar nichts tun, verstehst du? Überhaupt nichts?«
»Der Teufel…«
»Wird uns beide willkommen heißen!«
Um das magische Tor zu schließen, gab es für mich nur eine Chance. Ich mußte selbst in den Sarg und darauf vertrauen, daß die Kraft des Kreuzes den Weg in die Hölle versperrte.
Tessy wollte nicht, weil sie Schlimmes ahnte. Ich ließ ihr keine andere Wahl. Mein Griff wurde härter, und so zwang ich die Disco-Hexe, in den Sarg zu steigen.
»Du zuerst, los!«
Ich hielt sie dabei fest, folgte ihr dann und hielt sie nur noch mit einer Hand fest.
In der anderen hatte ich bereits mein Kreuz!
Fast gemeinsam zogen wir das linke Bein nach, standen uns jetzt in der schmalen Totenkiste gegenüber und starrten uns an.
Ich spürte den Widerstand unter meinen Schuhen. Nur für Dauer von zwei, drei Sekunden. In dieser Zeit bekam ich Gelegenheit, in Tessys Gesicht zu schauen.
Es war verzerrt.
Eine wilde Maske aus Furcht und Hoffen.
Dann gab der Boden unter uns nach, und wir rasten gemeinsam in den tiefen Schacht…
***
Das Plasma-Gebilde, dessen Name Kid Fox lautete, verschwand im aufgerissenen Mund des Mädchens. Der Vorgang dauerte etwas. Es sah so aus, als würde noch etwas nachgeschoben, und Susan Holmes rührte sich dabei nicht. Sie lag wie eine erstarrte Puppe in dem Sessel, hielt die Augen weit geöffnet und schluckte die gespenstische Masse.
Mike sagte nichts mehr. Er hatte aber die Hände gefaltet und betete still.
Suko war näher an das Mädchen herangegangen und sah ihm ins Gesicht. Die Situation stand auf der Kippe. Er
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