0502 - Die Disco-Hexe Tessy
Wohnmobil der Frau zu. Kid Fox konnte nicht länger an dieser Stelle verweilen, sie hätten ihn sonst gesehen. Er zog sich zurück. Seine Turnschuhe verursachten kein Geräusch. Er hörte auch, wie die zahlreichen Zuschauer den Bau verließen. Sie machten einen Heidenlärm, waren aufgeputscht und würden bestimmt noch nicht nach Hause fahren.
Diese Geräuschkulisse störte Kid nicht. Er konzentrierte sich auf seinen Plan.
Die Musiker schlossen die Tür des Wohnwagens auf. Sie hatten den Sarg abgestellt.
Kid lauerte am Ende des Wagens. Als Licht durch die offene Seitentür fiel, streifte es auch die drei Monster.
Der junge Mann erschrak, denn diese Typen sahen aus, als wären sie echt und nicht verkleidet.
Sie hoben den Sarg wieder an. Das »Skelett« blieb draußen. Die anderen beiden stellten die schwarze Totenkiste in den Wagen und kamen sehr schnell wieder zurück.
Das »Skelett« hämmerte noch die Tür zu. Kid bekam den Eindruck, als hätte diese Gestalt tatsächlich eine Knochenhand.
Kid wartete, bis die drei Musiker in ihrem Wohnmobil verschwunden waren. Hinter den Scheiben wurde es hell. Er sah noch die Schatten an den Fenstern vorbeiziehen und entdeckte auch keine Besucher, die ankamen und Autogramme haben wollten.
Auf leisen Sohlen schlich er bis zur seitlichen Eingangstür des Wohnmobils. Noch schaute er sich um.
In der Dunkelheit war nicht viel zu sehen. Er hoffte auch, daß er nicht beobachtet wurde.
Sein Herz klopfte sehr laut. Plötzlich hatte er Furcht, wollte sich zurückziehen, denn eine innere Stimme warnte ihn davor, den endgültigen Schritt zu gehen.
Dann dachte er an Tessy! Er sah sie vor sich, ihren fast nackten Körper, das wilde Haar, das katzenhafte Gesicht und den lockenden, wilden Ausdruck in den Augen, all dies hatte ihn verrückt gemacht und sein Nervenkostüm aufgepeitscht und dünn werden lassen. Er war verliebt, nein, verknallt, konnte kaum etwas essen, noch weniger schlafen, er dachte nur an diese Frau. Tessy hatte ihn regelrecht verhext. Er hätte alles für sie getan und wäre für sie auch durch die Hölle gegangen. Nur mehr die dünne Tür des Wohnmobils trennte ihn von seiner Angebeteten. Entweder würde sie ihn erhören oder aber…
An die zweite Möglichkeit wollte er nicht denken, obwohl sie eigentlich wahrscheinlicher war.
Er strich noch einmal durch sein »gegeltes« Haar. Es lag glänzend auf seinem Kopf.
Dann klopfte er. Zunächst zaghaft, kaum hörbar, anschließend härter. Würde sie reagieren?
Sie tat nichts, blieb stumm.
Sollte er gehen? Einfach so verschwinden, eintauchen in das Dunkel der Nacht, als wäre nichts gewesen?
Wahrscheinlich mußte er dies. Sein Inneres war aufgewühlt. Die Seele von innen nach außen gekehrt. Er hatte plötzlich Angst vor der Blamage. Im Nacken hockte dieses verdammte Ge- fühl, ein Druck, der ihn ins Schwitzen brachte.
Dann hörte er die Schritte. Sie näherten sich der Tür. Kid Fox erschrak. Ohne es eigentlich zu wollen, ging er zurück, einen Schritt, den zweiten schaffte er nicht mehr.
Von innen wurde die Tür aufgezogen. Nicht sehr hastig, auch nicht langsam, normal eben.
Dann stand sie auf der Schwelle.
Tessy, seine Königin, seine Herzdame, umschmeichelt von einem warmen Schein der Deckenleuchten. Sie hatte sich nicht einmal umgezogen. Der Mantel war auch nicht völlig geschlossen. Vom Kinn bis zu den Knöchern klaffte der Spalt.
Er schaute in diese Lücke, sah die weißen, prallen Brüste. Sie waren fast zum Streicheln nah.
Er konnte nicht sprechen. Jetzt mußt du lächeln! befahl er sich.
Lächle, sonst bist du blamiert. Er zog die Lippen in die Breite. Es wurde ein Grinsen. Vielleicht sogar mit einem wölfischen Ausdruck, aber mehr schaffte er nicht.
Sie schaute ihn an. In den Pupillen der schwarzumrandeten Augen leuchtete es. Kid verstand den Ausdruck nicht. Es konnte ein Willkommensgruß sein, brauchte aber nicht.
»Da bist du ja«, sagte sie.
Kid war wie vor die Stirn geschlagen. Sie hatte mit ihm gesprochen. Sie hatte ihn nicht einmal abgewiesen, nur festgestellt, daß er da war. Ein Wahnsinn, kaum zu fassen, als hätte sie ihn gerade erwartet.
Er nickte nur.
Tessy lächelte. Es war nicht das wissende, hypnotische und harte Bühnenlächeln, das er von ihr kannte. Diesmal wurden ihre Gesichtszüge weich, sie wirkten auf ihn wie eine Einladung.
Er hob die Schultern. Verdammt, das hatte er nicht gewollt. Die Geste kam ihm plötzlich unterwürfig vor, aber er hatte sich nicht anders zu helfen
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