Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0505 - Jagd der Skelette

0505 - Jagd der Skelette

Titel: 0505 - Jagd der Skelette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
leicht, großer Bruder. Früher warst du flexibler in deinem Denken.«
    »Man wird eben alt«, brummte er und trank den Kaffee, der jetzt auf zungenfreundliche Temperatur abgekühlt war. Es behagte ihm nicht, daß Angelique ihn unmittelbar nach dem Aufstehen auf dieses Thema angesprochen hatte - und das nicht zum ersten Mal, jetzt aber so massiv wie noch nie zuvor. Er hatte auch nicht ganz so ruhig geschlafen, wie er vorgab. Auch er war von Alpträumen geplagt worden und einige Male aufgewacht. Er wünschte sich, daß der Dieb beim nächsten Versuch Erfolg hatte - daß er kaum noch wirklich darauf hoffte. Wahrscheinlich mußte er erst sterben, um von dieser Heimsuchung befreit zu werden…
    Und daran war ihm aus verständlichen Gründen am allerwenigsten gelegen…
    ***
    Angelique handelte auf eigene Faust - wie schon so oft zuvor. Wenn ihr Bruder sich nicht überzeugen lassen wollte, mußte sie ihn eben vor vollendete Tatsachen stellen. Mit denen mußte er sich dann abfinden.
    Sie ging zu Sam. Der hatte seine Schnapsbude am frühen Nachmittag zwar noch nicht geöffnet, aber er war zumindest anwesend. Mußte er, um aufzuräumen, das Lager aufzufrischen und den nötigen Papierkrieg zu erledigen, den das Schatzamt ihm abverlangte. »Es ist eine Gemeinheit«, hatte er einmal griesgrämig locker gemurmelt. »Als wäre es nicht schon schlimm genug, daß ich überhaupt gegen meinen erklärten Willen Steuern zahlen muß; ich muß auch noch dem Amt vorrechnen, was es von mir verlangen will! Gäbe es eine Gerechtigkeit in dieser Welt, müßten die Finanzbeamten es mir ausrechnen. Aber so beschränken sie sich aufs Nachprüfen -und komischerweise kommen sie dafür immer zu mir - gegenüber sind sie seit zehn Jahren nicht mehr gewesen.« Gegenüber erklang jetzt schon Jazz-Musik aus Tür und Fenstern; ein paar Unentwegte, die entweder arbeitslos waren oder Arbeit nicht nötig hatten, weil sie auf andere Weise an Geld gelangten, zechten dort bereits. Angelique wandte sich Sams Pub zu. An der breit offenstehenden Tür hing das Schild »noch nicht geöffnet - aber Ihre Geduld lohnt sich«. Das klang, behauptete Sam übereinstimmend mit seinen Kunden,, wesentlich gemütlicher als ein nüchternes »Geschlossen«.
    Sie trat ein.
    »Sam, läßt du mich telefonieren?« fragte sie. »Es ist ein Gespräch nach Europa. Du kannst es mir vom Lohn abziehen.«
    Sam nickte. »Wann legt ihr euch endlich ein eigenes Telefon zu?« brummte er freundlich. Aber er kannte die Antwort - die hohen Bereitstellungsgebühren für den Anschluß. Da kam es für Angelique billiger, wenn sie die wenigen Male, wo sie ein Telefon wirklich brauchte, das eines Freundes oder Bekannten mitbenutzte. Und es war auch verständlich, daß sie für ein Übersee-Gespräch keinen öffentlichen Fernsprecher benutzen wollte, wo sie mit dem Nach werfen von Münzen nicht nachkam oder die Einheiten von der Telefonkarte schneller abgebucht wurden, als sie eine neue kaufen konnte.
    Er schob ihr den Apparat hin. Das Zählwerk konnte sie selbst einstellen; Sam vertraute ihr. Immerhin hatte sie ihm nie einen Grund zu gegenteiligem Verhalten gegeben. Sie überlegte, dann tastete sie die lange Zahlenreihe ein. Vorsichtshalber hatte sie sich zwar einen Notizzettel eingesteckt, aber den braucht sie nicht; ihr hervorragendes Gedächtnis hatte die Rufnummer noch nicht vergessen. Dabei war es schon einige Zeit her, seit sie das letzte Mal in Frankreich angerufen hatte.
    Dann wartete sie.
    Es dauerte über fünf Minuten, ehe die Verbindung via Satellit zustandekam. Aber es meldete sich weder Professor Zamorra noch der alte Diener Raffael Bois, sondern ein Mann namens William, von dem Angelique noch nie etwas gehört hatte. Umgekehrt war das ebenso der Fall; dieser William fragte drei-, viermal nach und wollte sich eingehend erzählen lassen, wer Angelique Cascal war, woher sie den Professor kannte und aus welchem Grund sie anrief. Langsam aber sicher reifte in ihr der heilige Zorn. »Sie sollen mich nur zu Professor Zamorra durchstellen oder mir mitteilen, wo ich ihn erreichen kann, wenn er nicht persönlich anwesend ist! Ist das denn so schwer zu begreifen, verdammt noch mal?«
    »Aber Mylady!« kam es entsetzt zurück. Dieser William, der sich geschraubt und steif ausdrückte, schien eine Mimose zu sein - selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß derlei Kraftausdrücke nicht unbedingt ladylike waren. Aber Angelique hatte noch nie für sich in Anspruch genommen, eine Lady zu

Weitere Kostenlose Bücher