0505 - Jagd der Skelette
keine Hilfe zu erwarten.«
Amos schluckte. »Du verspielst leichtfertig unglaubliche Chancen«, stieß er verblüfft hervor. »Bedenke, was du mit deinem Amulett alles erreichen könntest. Außerdem, wenn du es abgibst, vor allem wenn du es dieser bösartigen Kreatur in die Klauen fallen läßt, gestattest du der dunklen Seite der Macht, noch stärker zu werden. Das schwächt natürlich automatisch die Seite der Kämpfer des Lichts…«
Ombre seufzte. »Weißt du was, Asmodis? Das alles interessiert mich so viel wie den Ochsen das Eierlegen. Mich gehen die Auseinandersetzungen nichts an. Ich habe meine eigenen Probleme. Und wenn ich mich der ganzen Sache entziehen kann, indem endlich ein anderer sich mit meinem Amulett herumplacken muß, soll er’s haben.«
»Das ist eine höchst bedauerliche Einstellung«, log Sid Amos. »Es gibt nichts, was dich umstimmen könnte, mein Freund?«
Ombre schüttelte den Kopf.
Amos versuchte, nicht zu zeigen, wie interessiert er war. »Du könntest es dir ganz einfach machen«, sagte er und streckte vorsichtig die Hand aus. »Gib’s doch einfach mir, und du bist deine Probleme los!«
Ombre dachte an seinen Freund Roger Brack und daran, daß er dem das Amulett förmlich aufgedrängt hatte. Brack hatte es auch erst genommen - und dann doch einfach »vergessen«. Das Amulett klebte förmlich an Ombre.
Aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre: »Für wie naiv hältst du mich eigentlich, Asmodis?« fragte er. »Du wärest der letzte, dem ich es freiwillig überlassen würde. Eher schon Zamorra.«
Da bringst du mich auf eine faszi nierende Idee, schoß es Amos durch den Kopf. Warum sollte ich nicht einmal Zamorras Aussehen nachbilden? Viel Glück beim nächsten Treffen.
»Es ist wohl besser, wenn unsere Wege sich jetzt wieder trennen«, bemerkte Ombre. »Und es wäre sicher nicht falsch, wenn sie sich nie wieder kreuzten.«
Er berührte Angeliques Schulter. Sie erhoben sich und gingen.
Sid Amos zuckte mit den Schultern und beglich die gemeinsame Rechnung. Dann trat auch er ins Freie.
Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt.
Die Finsternis nahte.
***
Eysenbeiß schlug zu. Seine Zeit war jetzt gekommen; die Jagd begann. Er konzentrierte sich auf den Einsatz der beiden Amulette. Diesmal war er auf alles vorbereitet; er kalkulierte sogar das neuerliche Eingreifen des Asmodis mit ein, obgleich er sicher war, daß nach menschlichem Ermessen dieser zu schwach sein mußte, um etwas unternehmen zu können. Aber Eysenbeiß hatte - endlich - aus seinen Fehlern gelernt. Noch einmal würde er die andere Seite aus reiner Überheblichkeit nicht unterschätzen.
Die Horde des Grauens machte sich auf, ihr Opfer zu jagen…
***
Yves und Angelique benutzten eines der öffentlichen Verkehrsmittel, um so schnell wie möglich Abstand von Sid Amos zu bekommen. »Mit ihm stimmt etwas nicht«, behauptete Angelique, kurz bevor sie zum Hafenviertel kamen. Sie würden ein gutes Stück vor ihrer Wohnung aussteigen, weniger um ein paar Cents zu sparen, sondern weil diese Vorsichtsmaßnahme Ombre in Fleisch und Blut übergegangen war. Etwaige Verfolger ließen sich zu Fuß in dem engen Gewirr der Seitenstraßen und Gassen einfacher abschütteln und in die Irre führen. Ombre wollte niemanden in die Nähe seiner Wohnung führen. Daß es in diesem Fall vergebliche Mühe war, weil sowohl Sid Amos als auch der Schattenmann, der Eysenbeiß genannt wurde, die Wohnung kannte, berührte ihn nicht weiter. Vielleicht gab es ja noch andere Beobachter…
Yves sah aus dem Busfenster. »Wie meinst du das?« hakte er ein.
»Er ist irgendwie anders als damals. Nicht so… kraftvoll, nicht so energisch. Ich hatte das Gefühl, in ihm einen uralten, verbrauchten Mann zu sehen, der dem Tod näher ist als dem Leben.«
»Das kann an der anderen Gewalt liegen«, sann Yves. »Damals gab er sich ja auch ein anderes Aussehen.«
»Er wirkte seltsam hilflos«, fuhr die Kreolin fort. »So, als könnte ich ihn mit einem harmlosen ›Simsalabim‹ aus den Schuhen blasen. Vielleicht hättest du ihm das Amulett doch geben sollen. Das hätte ihn möglicherweise wieder aufgebaut.«
Yves schüttelte den Kopf. Der Bus stoppte, und sie stiegen aus. Vorsichtig sah Ombre sich um, und erst, als der Bus fort war und er nichts Verdächtiges in der Umgebung feststellen konnte, nahm er Angelique bei der Hand und setzte sich in Bewegung. Sie entzog sich seinem Griff mit einer hektischen, leicht ärgerlichen Bewegung sofort wieder. Sie
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