0505 - Jagd der Skelette
war doch kein kleines Kind mehr!
»Jedem arbeitslosen Mexikanerjunge hätte ich das Amulett gerne gegeben, aber nicht diesem Wesen«, griff Yves den Gesprächsfaden wieder auf. »Hast du vergessen, wer er ist?«
»Wer er war - der Teufel«, nickte Angelique. »Aber das hat er doch lange hinter sich. Professor Zamorra sagt…«
»Mich interessiert nicht, was Professor Zamorra sagt. Mich interessiert nur, was ich sehe und erlebe. Er benutzt immer noch seine Magie! Er hat sich nicht geändert.«
»Du haßt ihn immer noch, weil er dich damals gehetzt hat«, meinte Angelique.
»Unsinn.«
Sie bogen zum zweiten Mal in eine Seitengasse ab. Ombre kannte sich in diesem Teil der Stadt aus wie kein zweiter. Jede Kleinigkeit war ihm vertraut. In den Nächten war dies sein »Jagdrevier«. Allerdings hätte er sich auch im Rest von Baton Rouge einschließlich der Vororte jederzeit als Fremdenführer verdingen können. Er hatte immerhin fast drei Jahrzehnte Zeit gehabt, diese Stadt zu durchstreifen und kennenzulernen.
Plötzlich verharrte er.
»Schritte«, murmelte er. »Jemand ist hinter uns her.«
Angelique drehte sich langsam um.
Fassunglos starrte sie die Verfolger aus großen Augen an - und dann begann sie plötzlich zu laufen…
***
Sie waren zu siebt. Überall hatte Eysenbeiß sie postiert. Mit der zusammengeschalteten Kraft der beiden Amulette, die er immer besser beherrschte und koordinieren konnte, hatte er sie ebenso entstehen lassen wie am Nachmittag das Angelique-Skelett.
Skelette!
Er hätte seinen Chargen auch ein anderes Aussehen geben können. Aber mit den Gerippen wollte er Ombre schockieren, der sicher sein Erlebnis auf der Feuerleitergalerie noch in schlechtester Erinnerung hat. Und Anwohner, die gerade zufällig aus den Fenstern schauten, würden erst einmal ihren Augen nicht trauen und deshalb darauf verzichten, die Polizei zu rufen - oder gar selbst dazwischenzugehen.
Eysenbeiß lenkte die Amulett-Projektionen. Er befand sich als Beobachter ganz in der Nähe, und er wartete auf den Augenblick, in dem Ombre erneut sein eigenes Amulett zum Einsatz bringen würde. Er war bereit, mit dem Dhyarra-Kristall zuzuschlagen. Die Wirkung mußte dann annähernd so fürchterlich sein wie kürzlich bei Asmodis; dann, wenn die gegensätzlichen Energien zusammenprallten…
***
»Nicht schon wieder«, entfuhr es Ombre, als er die kleinen Skelette hinter sich auftauchen sah. Sie drangen in die Gasse ein, sperrten sie in ihrer vollen Breite ab. Langsam, aber unaufhaltsam kamen sie näher. Die Knochenfüße klapperten bei jedem Schritt, den sie machten. Angelique rannte bereits davon. Das war ein Fehler. »Warte!« rief Ombre ihr hinterher. »Bleib hier - bleib bei mir.« Nur in seiner unmittelbaren Nähe konnte er ihr Schutz bieten. Denn er ahnte, daß Flucht in diesem Fall kein Ausweg war. Der unheimliche Jäger schlug jetzt zu, er hatte seine knöchernen Bluthunde vorgeschickt und schloß jetzt die Falle um sein Wild.
Plötzlich schrie Angelique auf und stoppte. Am anderen Ende der Gasse erschienen ebenfalls Skelette. Zwei waren es, die ihr den Weg versperrten. Unwillkürlich wich sie zurück, wäre fast gestürzt. Jetzt rannte auch Ombre. Er lief zu ihr. Noch ließ sich vielleicht ein Kampf vermeiden, noch gab es einen Ausweg… da war ein offener Hauseingang… Ombre winkte Angelique zu. Sie verstand, lief jetzt auf den Eingang zu. Aber es war zu spät. Aus genau diesem Eingang traten zwei weitere Knochenmänner hervor. Und plötzlich befanden sie sich genau zwischen Ombre und Angelique!
Die drei und die zwei an den beiden Straßenenden rückten unaufhaltsam näher. Sie hatten es nicht eilig. Sie wußten, daß ihre Opfer ihnen nicht entkommen konnten. Die Falle war zugeschnappt. Ombre verwarf den Gedanken wieder, einfach eine Fensterscheibe einzuschlagen und quer durch ein Haus zu flüchten. Auch das würde sie nicht weit bringen…
Angelique war von der Straßenmitte bis zur Hauswand zurückgewichen. Die Skelette näherten sich ihr. Ombre wußte, daß er nichts anderes mehr tun konnte, als Magie mit Magie zu bekämpfen, obgleich das das letzte war, was er wollte. Er fürchtete, sich mit jedem Mal, da er das Amulett benutzte, in eine stärkere Abhängigkeit zu bringen.
»Es sind Trugbilder«, rief er Angelique zu. »Sie können dir nichts tun! Sie sind nicht wirklich existent!«
Angeliques Gesicht war verzerrt. Sie nickte. Mit gesenktem Kopf versuchte sie trotz ihrer Furcht einen Durchbruch in Richtung
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