0507 - Die Lady mit dem Schädeltick
immer zu verenden.« Meine rechte Hand rutschte in die Tasche. Ich wollte ihr das Kreuz präsentieren. Wenn sie sich dem Teufel verpflichtet fühlte, würde sie vor Angst vergehen.
»Baal!« schrie sie plötzlich. »Baal wird es nicht zulassen, daß ich…«
Da fiel unten im Garten ein Schuß. Der Wind wehte das Echo hoch. Mit dem Aufklingen des Schusses zuckte auch die Untote zusammen, als wäre sie von der Kugel getroffen worden.
Sie beugte sich nach vorn, so daß es aussah, als würde sie fallen.
Dabei preßte sie eine Hand gegen eine bestimmte Stelle ihres nackten Körpers.
Ich ließ das Kreuz stecken und zog auch nicht die Beretta hervor.
Irgend etwas war hier passiert.
Sie richtete sich wieder auf. Der Wind erfaßte ihr Kleid. Madeline drehte mir ihr Gesicht zu. Es war schmerzverzerrt, sie wollte etwas sagen, als sie der zweite Hammer erwischte.
Diesmal schrie sie. In ihrem Körper tobten die Schmerzen. Beide Hände hielt sie jetzt auf bestimmte Stellen ihres Körpers gepreßt, und die Augen wollten ihr aus den Höhlen quellen.
Ich mußte sehen, was los war, holte die Lampe hervor und leuchtete Madeline an.
Bestimmte Stellen ihres Körpers waren schwarz, als wäre dort Kohle verbrannt worden. Aber es war nur die Haut, auf der sich diese Flecken abzeichneten.
Sie faulte dort…
Madeline dachte nicht mehr daran, mich zu attackieren. Es glich schon einem kleinen Wunder, daß sie sich trotz der Schmerzen noch auf den Beinen halten konnte. Der Wind packte sie, er schüttelte sie durch, die Untote schwankte mal nach rechts, dann wieder nach links, aber sie fiel nicht.
Dafür beugte sie sich vor.
Und wieder drang ein gellender Schrei aus ihrem Maul. Dieses so schlimm und makaber, daß mir eine Gänsehaut über den Rücken rann und ich unwillkürlich den Kopf zur Seite drehte.
Ich hörte sie dennoch gehen.
Sie kam auf mich zu, jetzt wimmerte sie. Ihr gesamter Körper war schwarz. Madeline besaß keinen Kontakt mehr zu den makabren Andenken ihrer ehemaligen Freunde und Liebhaber.
Die Schädel mußten zerstört worden sein. Diese Tatsache beendete auch ihre Existenz.
Der Engel verging.
Er besaß keine Kraft mehr. Als wäre ich ein Rettungsanker, so streckte sie mir die Arme entgegen, nur kam sie nicht mehr dazu, mich zu berühren.
Mit dem rechten Fuß glitt sie auf der schrägen Fläche ab. Einen Herzschlag später lag sie auf dem Dach, einen Arm noch immer gestreckt, die Hand zur Kralle geformt.
Ich leuchtete mit der Lampe.
Madeline Brent rutschte dem Dachrand entgegen, und nichts war da, was sie hätte stoppen können.
Plötzlich war sie verschwunden, als hätte es sie nie zuvor gegeben.
Nicht einmal einen Schrei gab sie noch von sich.
Lautlos raste der Körper der Untoten in die Tiefe!
Ich ging wieder zurück. Meine Knie zitterten schon etwas, und auch Claudia, das Dienstmädchen zitterte, als sie sah, wie ich in ihr Zimmer kletterte.
Mein Lächeln sagte ihr genug.
»Es gibt sie nicht mehr – oder?«
Ich legte ihr meinen Arm auf die Schulter. »Nein, Claudia, es gibt sie nicht mehr…«
***
Was von ihr übriggeblieben war, schauten Suko, Bill und ich uns gemeinsam an.
Knochenreste und Staub.
Auch Sir James kam herbei. Selbst ihm fiel es schwer, Haltung zu bewahren.
»Das wäre fast ins Auge gegangen, nicht wahr?«
»Ja, Sir«, sagte ich, »so ist es.«
»Und was ist mit Sir Lucius?«
Ich atmete tief durch.
»Ist er…?«
»Nein, Sir, er ist nicht tot.« Ich tastete über meinen Hals. »Er stand nur auf ihrer Seite und hätte mir fast den Kopf abgeschlagen, doch dank Claudia bin ich gerettet worden. Das ist alles.«
»Ein bißchen viel auf einmal.«
»Was soll man machen, Sir? So ist das Leben. Sie können mit mir kommen. Vielleicht sollte uns auch Mrs. Brent begleiten…«
»Ich hole sie.«
»Stimmt es tatsächlich, was du da eben erzählt hast?« fragte Bill mich.
»Leider.«
»Das wird ein Schock werden.«
»Abwarten.«
Lady Eleonore, Sir James und ich betraten das Haus gemeinsam.
Ich wollte hoch in die vorletzte Etage, das war nicht mehr nötig.
Eine Gestalt, die wirkte wie ein Betrunkener, kam die breiten Stufen der Treppe herab, sich dabei am Geländer festhaltend.
»Lucius!« Mrs. Brent rannte auf ihren Mann zu. Er fiel ihr förmlich in die Arme. Das Schwert hatte er zum Glück oben gelassen.
Ich beobachtete ihn. Soweit ich erkennen konnte, war er wieder normal. Madelines endgültiger Tod hatte auch von ihm den Druck genommen und ihn wieder zu einem richtigen
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