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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang Kostenlos Bücher Online Lesen
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Unser Hauptquartier in Washington hatte strikten Befehl gegeben, daß ich für den alleräußersten Notfall wenigstens eine verkleinerte Ausgabe dee FBI-Sterns bei mir zu führen hätte. Ich zog mir den nächsten Stuhl heran, schlug das rechte Bein über das linke Knie und hantierte am rechten Absatz.
    Unsere Experten für solche Dinge hatten ausgezeichnete Arbeit geleistet. Wer den Kniff nicht kannte, bekam den Absatz niemals auf. Ich schaffte es mit einem kleinen Ruck, ließ den blaugoldenen Stern herausfallen und zeigte seine Rückseite. Sie trug die eingestanzte Inschrift:
     
    SPECIAL AGENT OF THE FBI
    FBI-NO.: S 6 944 WDC
     
    »Ich weiß nicht, ob sich ein Tramp oder gar ein Gamp davon beeindrucken läßt«, meinte Phil skeptisch. »Ein Sheriff, der dich wegen Landstreicherei festgenommen hat, wird dem Stern seine Achtung nicht versagen können und dich laufen lassen müssen. Aber die anderen?«
    Ich besah mir meine Hände.
    »Vergiß nicht«, erinnerte ich meinen Freund, »daß ich einiges von Gore gelernt habe. ‘Falls ich mich einmal herumprügeln müßte, würde ich mich schon durchsetzen. Jedenfalls hoffe ich das.«
    »Jetzt ist es zu spät, einen Rückzieher zu machen«, meinte Mr. High. »Der Vorschlag kam von Ihnen, Jerry, und in diesen Tagen traten von drei anderen Orten der USA drei andere G-men genau wie Sie die große Reise ins Ungewisse an. Wir können nur hoffen, daß dieses Unternehmen zu einem Erfolg führt. Das FBI hat in seiner Geschichte schon die waghalsigsten Unternehmen durchgeführt. Wir wollen dieser denkwürdigen Geschichte ein neues Blatt hinzufügen. Und dazu wünsche ich Ihnen alles Glück, Jerry, und vollen Erfolg. Kommen Sie gesund und bald zurück.«
    Er drückte mir die Hand. Urplötzlich saß mir etwas in der Kehle. Verdammt, ein Bursche wie unsereiner kann sich manchmal Vorkommen, als ob er mit dem FBI verheiratet wäre, und wenn man sich plötzlich von den Jungs und vom Chef verabschieden muß, ohne zu wissen, ob, wie und wann man zurückkommt, dann gibt das ein verdammt seltsames Gefühl. Steve Dillaggio klopfte mir mit einem aufmunternden Nicken auf die Schulter, Phil drückte mir die Hand und rümpfte dabei die Nase, als ob er es gar nicht erwarten könnte, den muffigen Gestank meiner Kleidung loszuwerden, aber ich hatte die Hand noch nicht auf die Türklinke gelegt, da rief er:
    »Jerry?«
    Ich drehte mich um.
    »Ja, mein Alter?« fragte ich ein bißchen heiser.
    Er zeigte auf die Wermutbuddel.
    »Eh — gewöhne dir nicht das Saufen an!«
    Es klang, als hätte er eigentlich etwas ganz anderes sagen wollen. Und ich war sicher, daß ich ihn trotzdem verstanden hatte. Ich grinste ihm noch einmal zu, dann drehte ich mich um, ging hinaus und drückte die Tür hinter mir zu. Das zarte Flattern von Myrnas winkender Hand hing noch in meiner Erinnerung, als ich schon durch den hinteren Ausgang hinaustrat in die nächtliche Dunkelheit — ein Tramp auf dem Wege zur nächsten Eisenbahn, ein Obdachloser, Ausgestoßener, einer unter vielen…
    ***
    Das Licht stach grell in meine Augen. Ich warf mich herum, meine Hand griff in die Achselhöhle, aber sie griff ins Leere, ich fuhr in die Höhe, sah Ballen von Holzwolle rechts und links neben meinen ausgestreckten Beinen, und ich hatte nicht den blässesten Schimmer, wo ich eigentlich war. Nur daß mir jemand mit einer starken Lampe ins Gesicht leuchtete, das ging mir allmählich auf.
    »Sie blenden mich«, sagte ich.
    In meinem Mund war ein ekelhaft bitterer Geschmack. Da mein rechter Ellenbogen gegen etwas stieß, fand ich die Wermutflasche in meiner Manteltasche. Der bloße Gedanke daran drehte mir schier den Magen um. Ich rappelte mich hoch. Die Lampe war keinen ganzen Yard von mir entfernt. Plötzlich zischte etwas leise, ich konnte nichts erkennen, so geblendet war ich, aber da traf mich auch schon ein mörderischer Schlag auf die linke Schulter.
    »Stinkender Tramp!« grölte eine feiste, ölige, widerlich krächzende Stimme, auf die ein halbes Dutzend sich eigentlich widersprechender Eigenschaften dennoch und gleichzeitig zutrafen.
    Ich trat einen Schritt zurück. Hätte ich nicht den dicken Mantel getragen, hätte mir der Schlag das Schlüsselbein brechen können.
    »Sind Sie von der Bahn?« fragte ich.
    »Ich werde dir schon zeigen, wer ich bin, du arbeitsscheue Ratte!« stieß der Kerl hinter der Lampe hervor und kam näher.
    Ich dachte nicht daran, mir sämtliche Knochen brechen zu lassen. Mit einem Satz war ich bei ihm. Er

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