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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang Kostenlos Bücher Online Lesen
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meinen beiden hohlen Absätzen stak, lag jetzt aut' dem Schreibtisch. Die beiden sortierten es.
    »Vier Dollar fünfzig«, sagte der Sheriff. Es hörte sich an wie die Ankündigung eines Todesurteils.
    »Schon verdächtig«, erklärte der hochaufgeschossene Jimmy. »Ein Tramp mit so viel Geld? Kann er doch nur geklaut haben.«
    »Klar«, dröhnte der sonore Baß des Sheriffs. »Ein richtiges Taschenmesser. Und nicht einmal verrostet.«
    »Eine Schachtel Zigaretten. Nicht einmal zerknautscht«, sagte Jimmy.
    »Einen Korkenzieher. Nicht einmal verdreckt«, sagte der Sheriff.
    Kopfschüttelnd besahen sie meine Reichtümer, sich gegenseitig, wieder meine Habseligkeiten und endlich mich. Ich hatte Hunger, und außerdem war ich müde. Wenn sie mir nicht bald einen ordentlichen Kaffee besorgten, würde ich einschlafen.
    »Also, Freundchen«, sagte der Sheriff. »Nun lege hübsch brav ein Geständnis ab.«
    Ich nickte.
    »Einverstanden.«
    Sie bedachten sich wieder gegenseitig mit zufriedenen Blicken.
    »Sehr vernünftig, Kumpel«, lobte Jimmy. »Willst du schreiben oder soll ich?«
    »Schreib du«, meinte der Sheriff. »Du hast eine so schöne Handschrift.«
    »Nein, nein«, wehrte Jimmy ab. »Etwas so Wichtiges muß der Sheriff selbst protokilo — eh — prokoloie — eh —also auf nehmen.«
    Eine Weile schoben sie sich in schönster Freundlichkeit gegenseitig die Ehre zu, das Protokoll führen zu dürfen. Schließlich griff der Sheriff seufzend zu einem Stift, mit dem man tollwütige Hunde hätte totschlagen können, nahm ein Blatt Papier und malte in wirklich wunderschönen großen Buchstaben darauf »Geständnis.«
    »Wir fangen, mit dem Namen an«, verkündete er.
    Damit war ich einverstanden.
    »Cotton, Jerry«, sagte ich. »Eigentlich Jeremias. Das ist nämlich wegen einer Tante. Die gehörte zu einer Sekte, wo die den alten Jeremias so verehren, und sie gab keine Ruhe, bis mich meine Eltern so getauft hatten. Aber alle nennen mich Jerry. Bei Jeremias werde ich böse.«
    »Keine Sorge, Freundchen, wir sagen Jerry zu dir. Ist doch klar. Du legst ein Geständnis ab, und wir sind freundlich zu dir. Ganz klar, mein Junge. Möchtest du einen Kaffee und was zu essen?«
    »Reißend gern«, gestand ich. »Ehrensache. Cheeseaville hat noch niemanden verhungern lassen, was Jimmy?«
    »Noch nie, Joe.«
    »Hol ihm was, Jimmy. Aber ein richtiges Männerfrühstück. Wie soll er ein richtiges Geständnis ablegen, wenn er nichts im Magen hat und uns womöglich vor Schwäche aus dem Stuhl kippt.«
    »Klar, Sheriff, unser lieber Jerry muß ordentlich was in den Magen kriegen, damit er auch nichts vergißt bei dem Geständnis. Klar doch. Bin gleich wieder da, Jerry, alter Junge.«
    Er klopfte mir auf die Schulter, daß ich fast vom Stuhl fiel, dann ging er durch die linke von den beiden Türen hinaus, die hinten irgendwo ins Innere des Gebäudes führten. Der Sheriff malte in den nächsten Minuten meinen Geburtsort und das Datum auf seinen Papierbogen und hatte damit schon fast die Hälfte ausgefüllt. Wenn er weiter mit dieser Plakatschrift schrieb, würde er den Papiervorrat eines Schreibwarengeschäftes verbrauchen.
    Wir waren erst bei den Geburtsnamen meiner Eltern angekommen, als Jimmy mit einem Tablett hereinkam. Schon der Duft brachte mich fast um den Verstand. Zum Glück hatten die beiden so viel Menschlichkeit, daß sie den Ernst einer solch wichtigen Sache wie die eines ungestörten Frühstückes voll respektierten. Allerdings hegte ich den Verdacht, daß der Sheriff über die Unterbrechung seiner Schönschreibversuche nicht eben böse war. Jedenfalls durfte ich erst einmal frühstücken. Wer auch immer von meinen Landstreicherkollegen draußen vor der Stadt das Zeichen an den Grenzstein gemacht hatte, er hatte nicht gelogen. Hier war wirklich eine »Gute Stadt«. Und das Beste an ihr waren womöglich der Sheriff und sein Assistent. Ganz reizende Menschen.
    Selbst das üppigste Frühstück nimmt einmal ein Ende. Seufzend griff der Sheriff wieder zu seinem Zimmermannsstift, während ich mir mit ihrer beider Genehmigung eine Zigarette anzündete.
    »So«, sagte der Sheriff-Baß. »Womit fangen wir an?«
    »Ich gestehe«, sagte ich.
    »Gestehe ist gut«, meinte Jimmy. »Finde ich auch«, sagte der Sheriff und malte. Dann hob er den Kopf. »Weiter?«
    »Ich gestehe«, wiederholte ich, »daß ich unbefugterweise den Güterzug GT 506 der UNION PACIFIC als Verkehrsmittel benutzt habe.«
    »Unbefugterweise ist gut«, sagte der

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