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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sheriff.
    »Und Verkehrsmittel!« meinte Jimmy und schob anerkennend die Unterlippe vor. »Man spürt doch gleich, wenn man es mit einem gebildeten Mann zu tun bekommt. Noch ein bißchen Kaffee, Jerry, altes Haus?«
    So wurde man ja nicht einmal im Waldorf-Astoria verwöhnt. Ich bedankte mich artig, wie es sich gehört, und nippte an dem ausgezeichneten Getränk. Sie hatten nicht nur überaus freundliche Menschen hier in Cheeseaville, sie verstanden auch meisterhaft, Kaffee zu kochen. Ich nahm mir vor, an die Burschen zu schreiben, die den amerikanischen Reiseführer für Touristen herausgeben.
    »… benutzt habe«, sagte der Sheriff und betrachtete wohlgefällig sein Werk. Sobald er die Faust einmal ausruhen ließ und sie dabei auf das Blatt legte, war von dem Bogen nicht mehr viel zu sehen. Der Sheriff war in jeder Hinsicht ein imponierender Mann.
    »Sonst habe ich mich keiner Verbrechen oder Vergehen schuldig gemacht, was ich hiermit an Eides Statt erkläre«, sagte ich.
    »Verbrechen oder Vergehen«, nickte Jimmy anerkennend, »das ist erschöpfend formuliert.«
    »Ja, wirklich«, sagte der Sheriff, wollte anfangen, seinen Schreibprügel zu gebrauchen, und stutzte plötzlich. »Was ist los?« grollte er. »Willst du mich auf einmal auf den Arm nehmen, Jerry?« Ich betrachtete seine Zwei-Meter-Gestalt und schüttelte den Kopf.
    »Das möchte ich lieber nicht versuchen, Sheriff.«
    »Ich möchte es dir auch nicht raten! Es hat auch keinen Zweck, daß du es abstreiten willst, Jerry. Ich habe zwar den Anfang von deinem Telefongespräch nicht mitgekriegt, aber ich habe genug gehört!« Er machte ein finsteres Gesicht, hob den knochigen Zeigefinger und sagte feierlich: »Zyankali!« Er ließ ein beeindruckendes Schweigen folgen, bevor er fortfuhr: »Stationsvorsteher umgebracht!«
    Na ja, einmal mußte der Traum einer freundlichen Behandlung ja mal ein Ende nehmen. Nun war es soweit. Eine gute Stunde versuchte ich, den beiden gar nicht mehr so freundlichen Sternträgern klarzumachen, es seien harmlose Scherze gewesen, die Phil und ich ausgetauscht hatten. Ebensogut hätte ich behaupten können, Cheeseaville läge in Sibirien, und sie hätten es nur in all den Jahrhunderten nicht gemerkt. Sie knurrten mich an, sie brüllten mich an, sie stießen unbestimmte, fürchterlich anzuhörende Drohungen aus, sie versuchten es wieder mit der freundlichen Tour, aber ich konnte ihnen wirklich nicht helfen, so gern ich es getan hätte. Schließlich kam Jimmy auf die wahrhaft geniale Idee:
    »Wir nehmen ihm die Fingerabdrücke ab und schicken sie mit Luftpost an das FBI in Washington. Dann wissen wir binnen achtundvierzig Stunden, auf welcher Station er den Vorsteher ermordet hat.«
    »Gute Idee«, sagte ich.
    »Halt’s Maul!« raunzte der Sheriff grob.
    Sie machten sich schwitzend an die Arbeit, die sie sichtlich nicht gewöhnt waren. Aber endlich hatten sie — unterstützt durch meine unauffällig gewährte Hilfe — zehn brauchbare Fingerabdrücke von mir auf einer Karte.
    »Führ ihn ab«, knurrte der Sheriff.
    Jimmy brachte mich durch die rechte Tür in einen Vorraum, dessen Rückwand nur aus einem großen Gitter bestand. Er schloß eine Tür darin auf und schob mich hinein.
    »Endlich ein bißchen Gesellschaft«, krähte vergnügt ein Männchen, das auf der einzigen Pritsche lag, die es hier gab. Rein äußerlich konnte zwischen uns beiden kein großer Unterschied bestehen, wenn man von der Figur absah. Vollbart und alles andere ließen den Tramp erkennen.
    »Tag. Kumpel«, sagte ich. »Wer bist du?«
    »Bananen-Tony. Und du?«
    »Telefon-Jerry.«
    »Ach, von dir habe ich schon gehört. Wie geht’s deiner Tochter?«
    Ich sank sprachlos auf den Hocker, der außer der Pritsche zu diesem Luxusapartment gehörte. Unser Geheimdienst sollte sich ein Beispiel am Nachrichtenwesen der Tramps nehmen. Vielleicht klappte es dann in der Politik besser.
    »Danke, danke«, sagte ich. »Warum haben sie dich hier eingesperrt? Ich denke, das hier ist eine ,Gute Stadt’?«
    »Es gibt keine ,Guten Städte’ mehr«, sagte Bananen-Tony bekümmert. »Nicht, seit man diese armen Mädchen überall im Lande an den Bahndämmen gefunden hat. Jetzt hat jeder Bahnpolizist und jeder Sheriff nur noch den einen Ehrgeiz, ein Geständnis des Mörders zu kriegen.«
    »Na ja«, sagte ich, »wenn ich es recht bedenke, ist genau derselbe Wunsch bfi mir der Grund dafür, warum ich hier bin. In der Ortszelle von Cheeseaville. Was werden die bloß in Washington

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