0509 - Die Drachenfrau
nicht davor geschützt! Das feststellen zu müssen, war fast noch schlimmer als der Schmerz, der nur langsam wieder wich.
Stygia lachte hart auf.
»Wir werden eine andere Möglichkeit finden«, sagte sie. »Du wirst mir selbst geben, was ich von dir will.«
»Und wie willst du Satansbraten das erreichen?« keuchte Zamorra.
»Oh, da gibt es eine wunderschöne Möglichkeit«, sagte Stygia und wies auf die ohnmächtige Lizette Carboney. »Tötet sie«, befahl sie den Drachenkriegern.
»Nein!« schrie Zamorra auf. »Nicht! Warum…«
Immer noch hielten zwei Drachenkrieger die Frau fest. Ein dritter zog sein Schwert, führte er es in einem weiten, schwungvollen Bogen hoch und ließ es niedersausen.
Die beiden anderen Krieger ließen den Leichnam achtlos zu Boden fallen.
Zamorra fühlte, wie Übelkeit in ihm aufstieg. Daß Lizette von ihrem Ende nichts mehr gespürt hatte, war ihm kein Trost.
Stygia wandte sich ihm wieder zu.
»Warum hast du das getan?« stieß er würgend hervor. »Warum? Sie hatte mit uns nichts zu tun, sie…«
Stygia lachte leise.
»Ich wollte dir zeigen, daß ich es ernst meine. Wenn du mir nicht gibst, was ich von dir will, stirbt als nächstes deine Gefährtin!«
***
Sie meinte es ernst, das war Zamorra in diesem Augenblick klar. Es gab keine andere Möglichkeit. Er mußte der Forderung nachgeben. Dennoch startete er noch einen Versuch, Zeit herauszuschinden. »Ich glaube dir nicht«, sagte er. »Du wirst uns beide ohnehin töten. Sobald die Amulette in deinem Besitz und wir schutzlos sind, wirst du uns umbringen.«
»Das ist ein interessanter Gedanke«, sagte Stygia. »Aber darüber reden wir später. Nun gib mir endlich, was ich will. Oder auch deine Gefährtin stirbt.«
Zamorra sah zu Nicole. Sie hatte den Kopf gedreht, sah ihn an, schwieg aber. Was hätte sie auch sagen sollen? Sie selbst konnte nichts tun, ihre gefährliche Lage zu ändern. Das war jetzt Zamorras Sache.
»Und was dann?« fragte er. »Was, wenn du sie tötest und ich dir die Amulette immer noch nicht gebe?«
»Dann stirbst auch du«, erwiderte Stygia. »Aber ich will dir die Entscheidung noch etwas leichter machen. Jene Frau«, sie deutete auf Carboney, »ist sehr schnell und schmerzlos gestorben. Bei deiner Gefährtin werde ich mir eine etwas spannendere Todesart ausdenken - oder nein, ich überlasse das lieber den Drachenleuten. Sie sind sehr erfindungsreich, was das angeht, mußt du wissen. Und wenn die Entscheidung erst einmal gefallen ist, und die Todesfolter begonnen hat, kannst du sie nicht dadurch widerrufen, daß du mir gibst, was ich von dir will. Du solltest also vorher darüber nachdenken. Sofern du aber gewillt bist, ihre Schreie bis zuletzt zu ertragen, darf ich dir versichern, daß dein eigener Tod noch wesentlich schmerzhafter sein wird und sich über Wochen oder Monate erstrecken kann, nicht nur über Tage.«
Zamorra preßte die Lippen zusammen. »Ich habe von dir immer noch nicht die Zusicherung, daß du uns am Leben läßt, wenn ich dir die Amulette gebe.«
»Wenn ich das besitze, was mein ist, werde ich weder dich noch sie vorerst weiter behelligen«, sagte Stygia.
Das Wort einer Dämonin…
Zamorra konnte ihr nicht vertrauen. Sie war nicht Asmodis. Der hatte, obgleich Oberteufel, nie ein Versprechen gebrochen. Allerdings hatte er auch grundsätzlich nie etwas versprochen, was seinen Plänen zuwider ging…
»Also gut«, sagte Zamorra. »Darf ich mich bewegen?«
»Sofern deine Bewegungen nur dazu dienen, den Willen der Herrin zu erfüllen«, krächzte der Drachenkrieger neben ihm.
»Mir bleibt keine andere Wahl. Ich muß glauben, was mir gesagt wird«, murmelte Zamorra. Er hakte das unterste der Amulette von der Silberkette und wog es in der Hand. Er fragte sich, ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, etwas zu tun. Er konnte die Amulette zwar nicht als magische Waffen einsetzen, aber…
...die Scheibe wie einen Diskus schleudern und den Drachenkrieger treffen, der Nicole die Speerspitze gegen den ungeschützten Nacken drückte!
***
Es war soweit. Das WERDENDE frohlockte. Der Plan funktionierte -ES würde die Amulette voneinander trennen können, und ES gewann neue Aufschlüsse über die menschliche Psyche und das Verhalten der Menschen in Streßsituationen. Jetzt endlich war es ihm gelungen, Zamorra wirklich in Bedrängnis zu bringen.
Das WERDENDE jubelte innerlich.
***
Der silberne Diskus flirrte durch die Luft und traf den Drachenkrieger am Hals. Mit einem japsenden Laut
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