0509 - Die Drachenfrau
taumelte der Krieger seitwärts; sein Speer glitt ab. Nicole, die Zamorras Bewegung gesehen und auch seine Absicht früh genug erkannt hatte, rollte sich zur anderen Seite weg. Jetzt sah Zamorra, daß zu ihrer Rüstung auch Bewaffnung gehörte. Wieder ein Fehler, den der Feind begangen hatte -Menschen, die so kampferfahren und gefährlich waren wie Zamorra und Nicole, rüstete man nicht mit Waffen aus.
Sie zog das Kurzschwert. Noch während die Drachenkrieger wie erstarrt standen und Zamorra bereits aufsprang, machte Nicole einen Ausfallschritt, ließ das Schwert durch die Luft pfeifen und schlug Stygia den Kopf ab!
Da kam Bewegung in die Drachenkrieger. Sie rissen ihre Waffen hoch. Zamorra und Nicole wichen zurück. Zum Mauerdurchbruch kamen sie nicht - erstens schien er nicht mehr vorhanden zu sein, und zweitens standen dort Krieger. Mit Schwertern, Dolchen und Speeren rückten die Schuppigen jetzt gegen die beiden Menschen vor.
»Wir müssen hier irgendwie raus«, murmelte Zamorra. Er konnte Merlins Stern immer noch nicht wieder aktivieren. Und obgleich er damit gerechnet hatte, daß mit dem überraschenden Niederstrecken Stygias diese ganze wandelbare Scheinwelt flatterte und sie beide zurück ins Flugzeug geschleudert wurden, war nichts dergleichen geschehen. Stygia war tot, und trotzdem hatte diese seltsame Welt weiterhin Bestand!
Zamorra sah neben dem gefälligen Krieger das von ihm geschleuderte Amulett liegen. In diesem Moment wünschte er sich, sein eigenes benutzt zu haben - er hätte es rufen können. So aber mußte er zusehen, wie er es sich auf andere Weise wieder zurückholte.
Die Drachenmänner schlossen immer dichter auf. Zamorra hoffte, daß sie nicht auf die Idee kamen, ihre Speere als Wurfgeschosse zu benutzen.
Kaum gedacht, schleuderte der erste Krieger seinen Speer, der Zamorra nur um Haaresbreite verfehlte!
Aber gab es nicht eine Möglichkeit, die Gegner auszutricksen? Hatten sie ihn nicht einen »verfluchten Zauberer« genannt?
»Halt!« schrie er. »Bleibt stehen! Weicht zurück! Eure Herrin ist tot, sie kann euch nicht mehr schützen! Wagt es nicht, uns anzugreifen, oder ich belege euch mit einem furchtbaren Zauber!«
Es funktionierte. Die Drachenkrieger, die allein durch ihre Übermacht Zamorra und Nicole hätten erdrücken können, verharrten unsicher.
»So ist es schon besser«, sagte Zamorra etwa leiser. »Jetzt legt eure Waffen nieder.«
Diesmal zögerten sie. Aber als Zamorra seine Aufforderung etwas lauter wiederholte, gehorchten sie.
»Das hilft uns noch nicht«, flüsterte Nicole ihm zu. »Sie können uns immer noch mit Zähnen und Klauen zerfetzen.«
Offenbar waren die Drachenmänner jedoch eingeschüchtert. Zamorra wußte weder, warum er der »verfluchte Hexer« sein sollte, noch was man den Kriegern für Schauergeschichten über denselben erzählt hatte, daß sie ihm so bereitwillig gehorchten, aber er wollte diese Chance nutzen. Er deutete auf einen der Drachenmänner. »Du! Komm zu mir!« befahl er.
Der Drachenkrieger sollte eine Doppelfunktion erfüllen; er sollte als Faustpfand gegen eine eventuelle Verfolgung dienen, und er sollte Zamorra und Nicole den Weg aus dieser Burganlage oder zu einer Stelle weisen, von welcher aus die Rückkehr zur Erde und zum Flugzeug möglich war.
Aber der Drachenkrieger reagierte ganz anders als erwartet. Er bückte sich, hob einen Dolch vom Boden auf und schnitt sich selbst die Kehle durch.
***
Neben George Bell gab es plötzlich Bewegung. Aus dem Nichts heraus materialisierte eine Gestalt.
Lizette Carboney!
Unwillkürlich zuckte er zusammen. War er auf die gleiche Weise wieder im Flugzeug erschienen, als er aus dem Raumanzug und aus der fremden Welt hinausgeschleudert worden war?
Aber was war denn mit Lizette los? Beils Augen wurden groß. Fassungslos starrte er die Frau an. Er selbst war in seiner eigenen Kleidung wieder hier aufgetaucht, sie dagegen trug jetzt ein langes, bis zum Boden reichendes Kleid, das an verschiedenen Stellen aufgerissen war. Und…
Ihm wurde übel, als er sah, wie sie zugerichtet war. Sie mußte von einem Axt- oder Schwerthieb getötet worden sein. Und dieser Mord lag noch gar nicht lange zurück; Blut rann immer noch aus der klaffenden Wunde hervor und versickerte im Stoff ihres Kleides.
Jetzt sahen auch die anderen Passagiere das Bild des Grauens. Das Chaos war endgültig nicht mehr aufzuhalten.
Alle Faktoren kamen zusammen und verstärkten sich gegenseitig. An Bord des Jumbo-Jets brach die
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