051 - Die Sklaven des Vampirs
Gunstbeweise verzichten und anderen Wein trinken – wenn er nicht so hervorragend wäre!«
Er schloss verzückt die Augen.
Dorian registrierte, dass Susan Dale schwieg und zuhörte. Sie fühlte sich in der Gesellschaft der vier älteren Herren, die sie kaum zur Kenntnis nahmen und all ihr Interesse nur dem geheimnisvollen Weinfest widmeten, eindeutig nicht wohl.
Die Tür wurde aufgestoßen, und ein junger Mann kam herein.
Dorian beobachtete, wie sich der Junge umblickte und dann geringschätzig grinste, den Motorradhelm abnahm und ihn unter die Achsel klemmte. Die lange Lederjacke war nass und glänzte im flackernden Licht des Kaminfeuers.
»Jedenfalls werden die Herren in meinem Klub mehr als verblüfft sein«, sagte Cooper plötzlich, das Glas in der Hand.
»Worüber, Mr. Cooper?«, fragte Susan.
Es war das erste Mal, dass sie seit einer halben Stunde sprach. Sie wirkte plötzlich etwas niedergedrückt. Dorian spürte den stechenden Blick des langhaarigen, bärtigen jungen Mannes im Rücken.
Cooper lachte hoch und meckernd. »Eifersüchtig werden sie sein – wenn ich zurückkomme, ihnen das Diplom vorweise und ihnen die Flasche zeige. Oder vielleicht sogar mehrere Flaschen.«
»Ist das wirklich so wichtig für Sie?«, erkundigte sich Dorian und spürte, dass sich jetzt drei Gruppen in diesem Raum gebildet hatten: Die Dorfbewohner, die Fremden und der leicht verwahrlost aussehende Jüngling, der sich mit Irene unterhielt, die gerade Gläser polierte. Der Junge schüttete ein Glas klaren Schnaps in sich hinein, als sei es Mineralwasser.
Cooper starrte ihn an, als hätte Dorian etwas gänzlich Unpassendes gesagt.
»Wichtig?«, fragte er gedehnt.
Dorian begegnete seinem aufgebrachten Blick mit unerschütterlicher Ruhe.
»Sie fragen das? Warum sind Sie dann hier?«
Dorian lachte kurz und versicherte glaubwürdig: »Ich bin ebenso ein Weinnarr und Weinkenner wie Sie, meine Herren, aber ich habe im Gegensatz zu Ihnen beispielsweise bemerkt, dass wir eine schöne junge Frau am Tisch sitzen haben. Ihre Gespräche drehen sich ständig nur um den Wein. Warum lassen Sie sich von diesen – wie sagten Sie eben, Monsieur Pascal? – Reklamegags so beeindrucken?«
Der junge Mann stützte, an der Theke lehnend, die Ellbogen auf und betrachtete die Fremden mit zusammengekniffenen Augen.
»Sie haben sicher bemerkt, dass meine Sekretärin hübsch ist«, knurrte Cooper und spießte einen Champignon in der weißen Soße auf. »Aber unser Interesse konzentriert sich mehr auf den Wein. Lacroix' Zeremonien wirken. Wir können es kaum erwarten.«
Der Wein machte sie süchtig. Diese Männer und die beiden, die noch fehlten, waren verhext, gierig, so viel wie möglich und so lange wie möglich von diesem unbezahlbaren Tropfen zu trinken. Obwohl die Mengen, die sie zur Verfügung hatten, geradezu lächerlich gering waren, hatte der Dämon es geschafft, sie zu manipulieren. Der Wein zog sie an wie der Honig die Bienen, aber es würde tödlicher Wein sein.
Eine helle, vorwurfsvolle und trotzige Stimme übertönte die gedämpfte Unterhaltung und die vielen Geräusche der Essenden und Trinkenden.
»Sie sind die Fremden, die Lacroix eingeladen hat, ja?«
Langsam drehte sich Dorian um. Die Köpfe der anderen ruckten in die Höhe. Sie alle starrten den jungen Mann an, der ein halb volles Glas in der Rechten hielt und sich schwankend von der Theke löste.
»Das ist richtig«, erklärte Cooper würdevoll.
»Ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht«, sagte Herr von Schallfeldt steif und förmlich. Er sah den Jungen mit deutlicher Missbilligung an.
Die Dorfbewohner hörten schlagartig zu reden auf.
»Claude, sei ruhig!«, rief Irene scharf.
Simon war nicht zu sehen.
Claude trank einen großen Schluck und kam drei Schritte näher. Er hielt sich an einem der verräucherten Deckenbalken fest und rief stockend: »Sie wollen zu Lacroix? Sie sind von ihm eingeladen worden?«
»So ist es«, antwortete Dorian ruhig.
Er wusste, dass die Situation einem Höhepunkt zustrebte. Vielleicht geschah schon heute Nacht etwas. Er war gerüstet und bereit.
»Sie glauben, es wird roter Wein fließen, dort in dem verwünschten Keller?«, rief Claude.
»Durand, hören Sie auf! Er ist ein nichtsnutziger Raufbold«, sagte ein weißhaariger Mann mit einem unglaublich zerfurchten Gesicht. Er zog entschuldigend seine Mütze.
»Wir haben Grund zu der Annahme«, sagte Dorian, »dass sich in einem Weinkeller auch Wein befindet.«
Claude Durand
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