051 - Duell mit den Ratten
ganz allein fertig. Meinen Sie nicht auch, Miß Swanson?«
Coco nickte. »Brauchen Sie mich noch, Mrs. Reuchlin?«
»Da ist noch etwas, das ich Sie gern fragen möchte.« Mrs. Reuchlin machte eine Pause und starrte sie lange und durchdringend an, bis Coco den Blick senkte. Dann fragte sie: »Würden Sie gern ein Kind haben, Miß Swanson?«
Coco blickte sie verwirrt an.
»Meinen Sie, ob ich an einer Adoption interessiert sei, Mrs. Reuchlin?« fragte sie und dachte unwillkürlich schaudernd an Prosper.
»Nein«, sagte Mrs. Reuchlin. »Ich meine, ob Sie ein Kind … Ob Sie es selbst austragen möchten.« »Das kommt darauf an«, meinte Coco ratlos. »Wenn ich einmal heirate, dann möchte ich natürlich …«
»Sie können gehen«, sagte Mrs. Reuchlin und entließ sie mit einer Handbewegung.
Coco ging nicht mehr in ihr Büro, denn sie hatte bereits Dienstschluß. Als sie auf den Korridor kam, stieß sie beinahe mit Michael Lundsdale zusammen. Er war so in Gedanken versunken, daß er sie nicht einmal sah.
»Was brüten Sie denn aus, Mike?« fragte sie ihn.
Er blickte sich gehetzt um, legte den Finger an die Lippen und drängte sie auf den Ausgang zu. Er schwieg auch noch, als sie ins Freie kamen, und öffnete den Mund erst, als sie etwa zwanzig Meter vom Schloß entfernt waren.
»Da drinnen kann man kein Wort mehr sagen, ohne daß irgend jemand mithört«, sagte er entschuldigend.
Seine Augen bekamen wieder einen gehetzten Ausdruck, und er blickte sich nach dem Hauptportal um. Als er dort niemanden sah, fuhr er verschwörerisch fort: »Ich glaube nicht, daß es eine besondere Akustik ist, wenn man mit anhören kann, was am anderen Ende des Schlosses gesprochen wird.
Ich gebe zu, solche Phänomene sind bekannt, aber in solcher Anhäufung kann es sie einfach nicht geben.«
»Aber Sie wissen so gut wie ich, daß es sie im Schloß gibt«, gab Coco zu bedenken.
»Stimmt, aber sie können nicht natürlichen Ursprungs sein.«
Dieser Meinung war Coco ebenfalls, aber sie konnte Mike nicht gut sagen, daß sie die Dämonen dafür verantwortlich machte.
»Was meinen Sie damit?« fragte sie deshalb.
»Prosper steckt dahinter«, behauptete Mike und nickte bekräftigend. »Er tut alles nur, um mich zu ärgern. Letzte Nacht habe ich Judys Stimme gehört. Sie war so deutlich zu verstehen, als sei sie bei mir im Zimmer.«
»Das müssen Sie sich einbilden, Mike«, sagte Coco gegen ihre Überzeugung. »Miß Skeates ist nicht mehr hier. Andernfalls wäre sie von den Männern des Secret Service gefunden worden.«
»Ja, ja«, sagte Mike abfällig. »Ich habe mit diesen unfähigen Trotteln gesprochen. Die scheinen mich für nicht ganz voll genommen zu haben. Ich glaube fast, daß Sie mich ebenfalls für verrückt halten, Claudia. Aber das macht nichts. Ich werde schon allein mit meinen Problemen fertig.«
Er wandte sich abrupt ab und lief davon – in Richtung des Faun-Teiches.
»Mike!« rief ihm Coco nach, aber er hörte nicht auf sie.
Sie wollte ihm schon folgen, als sie hinter sich Motorenlärm hörte. Ein Jaguar kam den Kiesweg heraufgefahren und hielt vor dem Hauptportal. Ein livrierter Chauffeur stieg aus und öffnete den hinteren Wagenschlag, um eine mondän gekleidete Dame herauszulassen.
Dorians Gegenpropaganda trug bereits Früchte; die erste Mutter war gekommen, um ihren Sohn aus dem Internat zu holen. Coco hoffte, daß auch die anderen Eltern Dorians Warnung ernst nahmen und ihre Kinder abholten. Sie konnte nicht sagen, wieso, aber irgendwie fürchtete sie sich vor der kommenden Nacht. Sie fand, daß sich Prosper Fludd und seine drei Freunde heute besonders bösartig gezeigt hatten, und auch Theophil Crump war ihr heute unheimlicher gewesen als sonst. Der rotmähnige Turnlehrer hatte sie schon beim Frühstück so angestarrt, daß ihr eine Gänsehaut über den Rücken gelaufen war. Und am Nachmittag, während Dorian mit seinen Leuten das Grundstück nach Miß Skeates abgesucht hatte, belauschte sie ein Gespräch zwischen Crump und Prosper. Sie wußte nicht, wo es stattgefunden hatte, sondern hörte nur die Stimmen der beiden, als sie die Toilette aufsuchte.
Theo hatte Prosper gefragt, ob er sein Spielzeug auch gut versteckt habe, woraufhin Prosper sich dumm stellte. Theo drückte sich daraufhin deutlicher aus und ermahnte Prosper, darauf zu achten, damit den fremden Männern nicht das, wonach sie suchten, in die Hände fiel.
Und dann sagte er noch etwas. Wortwörtlich sagte er: »Der Tag wird kommen, da du
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