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0511 - Fenster der Angst

0511 - Fenster der Angst

Titel: 0511 - Fenster der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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getroffen wie unsichtbare Peitschenschläge. Er duckte sich sogar und wandte sich ab. Auch der Geistliche wollte mit mir nichts zu tun haben.
    »Nein, bleiben Sie bitte noch«, bat ich ihn.
    »Und dann?« Er deutete auf den Toten. »Was soll noch geschehen? Was haben Sie vor?«
    »Ich sprach von einem magischen Bann. Möglicherweise gelingt es mir, ihn zu lösen.«
    »Wie denn, wenn es keinen gibt?«
    »Das werden wir ja feststellen.« Mein Kreuz brauchte ich nicht erst über den Kopf zu streifen. Es befand sich griffbereit in meiner rechten Seitentasche.
    Ich holte es hervor, ließ es noch in der halb geschlossenen Faust.
    Ganz konnte ich sie nicht schließen, das Kreuz war zu groß.
    »Was haben Sie da?« fragte der Pfarrer.
    Ich öffnete die Faust.
    Der Geistliche starrte auf das Silberkreuz. Er wollte einen bissigen Kommentar geben, das sah ich ihm an. Der Anblick des Kreuzes hielt ihn davon ab.
    »Damit?« krächzte er nur.
    »So ist es.«
    Er bewegte die Hände. Manchmal schloß er sie zu Fäusten, dann öffnete er sie wieder. Ich sah, daß die Innenflächen schweißnaß waren. »Ich besitze ebenfalls ein Kreuz…«
    »Das glaube ich Ihnen gern.«
    »Aber ich würde mich nie erdreisten, damit einen, wie Sie sagen, magischen Bann zu lösen.«
    »Vielleicht wäre das bei Ihrem Kreuz auch nicht möglich, Herr Pfarrer. Bitte, geben Sie mir die Chance, Sie und alle anderen hier vom Gegenteil zu überzeugen.«
    »Der Mann ist…«
    »Scheintot, Herr Pfarrer und steht gleichermaßen unter einem schwarzmagischen Bann.«
    Der Geistliche schüttelte den Kopf, bevor er sich umschaute. Es war niemand in der Nähe, der ihn unterstützt hätte, auch nicht Dr. Cisari.
    »Kann ich jetzt in Ruhe…?«
    »Ja, meinetwegen. Machen Sie Ihren Hokuspokus. Los, ich will mir nichts nachsagen lassen.«.
    Ich bückte mich.
    Allein diese Bewegung hatte ausgereicht, um wieder Stille einkehren zu lassen. Selbst das Atmen der Trauergäste war verstummt. Die Menschen hielten buchstäblich die Luft an.
    Ich schaute in Kens Gesicht. Das Kreuz wollte ich auf seine Brust legen. Möglicherweise mußte ich es aktivieren, das alles würde sich noch zeigen.
    Ich hielt die Silberkette fest, als ich das Kreuz dicht über der Brust des Toten fallen ließ.
    Dann lag es.
    Eine Sekunde verstrich, eine zweite ebenfalls.
    Die Spannung verdichtete sich. Auch ich zitterte innerlich und hoffte, daß etwas geschah.
    Auch in der dritten Sekunde reagierte der scheintote Ken Bright nicht. Hatte ich mich geirrt? Bekam der Pfarrer jetzt recht?
    Da passierte es!
    Zuerst das Zucken der Augenlider. Und dann, noch im gleichen Moment, öffnete Ken den Mund.
    Es war eine Bewegung, die etwas Roboterhaftes an sich hatte, bis ich und wir alle den gellenden Schrei hörten, der wie ein Trompetenstoß in den Nebeldunst über dem Friedhof hineinjagte…
    ***
    Der Scheintote schrie!
    Es war herrlich, es war wunderbar, ich freute mich, und ich zog mein Kreuz zurück, das auf der Brust unseres Kollegen keinen Abdruck hinterlassen hatte.
    Plötzlich stand auch Suko neben mir. Er hatte die vier Träger zur Seite gedrängt, die sich mit leichenblassen Gesichtern zurückzogen, weil sie nicht wußten, was sie unternehmen sollten. Für sie war die Reaktion des »Toten« der kalte Horror gewesen. Ebenso für die anderen Trauergäste, deren ungeheure Spannung sich gelöst hatte.
    Nur nicht in Erleichterung, sie bekamen die blanke Furcht und zogen sich so schnell zurück, wie es eben möglich war.
    Nur Suko und ich blieben stehen.
    Der Pfarrer traute sich auch nicht näher. Er ging zurück, hielt einen Arm vorgestreckt und die Hand gespreizt. Er wirkte wie ein Mann, der das Böse abwehren wollte. Fehlte nur noch, daß sich seine Haare hochgestellt hätten.
    Der Schrei verstummte.
    Das Gesicht unseres Kollegen hatte sich verändert. Seine Züge waren noch vor Minuten sehr glatt gewesen, auch wächsern, jetzt aber waren sie verzerrt, und er schnellte plötzlich mit einem Ruck in die Höhe, als könnte er es kaum erwarten, die Totenkiste zu verlassen.
    Ken Bright saß im Sarg!
    Das sahen auch seine Eltern und Harriet. Für Paula Bright, die Mutter, war es zuviel gewesen. Ich sah die typische Drehbewegung, als ihre Knie weich wurden. Sie kippte dem Boden entgegen und wurde glücklicherweise von ihrem Mann aufgefangen. Ohnmächtig blieb sie in seinen Armen liegen, hatte eine schräge Haltung eingenommen und nur noch mit den Hacken Bodenkontakt.
    »Ist alles in Ordnung?« rief ich.
    Mr. Bright

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