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0511 - Fenster der Angst

0511 - Fenster der Angst

Titel: 0511 - Fenster der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht, weil ich mich auf die Schwester unseres Kollegen konzentrierte.
    »Ist er tot, Mr. Sinclair?«
    »Das weiß ich eben nicht. Schauen Sie ihn sich an. Mich macht seine Gesichtsfarbe stutzig. Sie wirkt noch relativ gesund, wenn ich das einmal so sagen darf. Zudem steht sein Mund offen.«
    »Was kann man denn tun?«
    »Ich mache die Probe mit dem Messer. Ich werde in seinen Fuß schneiden und versuchen, einen Reflex zu bekommen.«
    »Ja, versuchen Sie alles!«
    Ich holte den Dolch hervor. Natürlich wurde dies gesehen. Ein Raunen drang durch die Menge der Trauergäste. Die meisten wußten ja nicht, was ich vorhatte. Diejenigen, denen es bekannt war, hielten sich zurück, sie drückten mir die Daumen.
    Dr. Cisari hob einen Arm. Er wies auf mich, aber er sagte nichts, als er meinen Blick sah.
    Ich stellte mich an das untere Ende des Sargs, umfaßte mit einer Hand den linken Fuß des Toten und hob ihn an. Bevor noch jemand Widerspruch einlegen konnte, führte ich das Messer an die Hacke und schnitt hinein.
    Blut quoll aus der Wunde, benetzte die weiße Unterlage – und…
    Der Tote zuckte.
    Er reagierte, ein heftiger Stoß schien durch sein Innerstes zu gehen. Verdammt, der Totengräber hatte recht gehabt. Dieser Mann war nicht tot, er lebte!
    Ich drückte das Bein wieder zurück.
    Harriet hatte nicht zugeschaut. Als ich mich aufrichtete, trafen sich für einen Moment unsere Blicke, dann drehte sie sich um, weil sie den Trauergästen ihre Botschaft übermitteln wollte.
    »Er ist nicht tot!« brüllte sie. »Mein Bruder lebt! Er ist nicht gestorben! Habt ihr das gehört? Er lebt! Der Totengräber hat recht gehabt! Ken Bright lebt, er ist scheintot…!« Nach dem letzten Wort senkte sie ihren Kopf, schüttelte ihn gleichzeitig und bekam so etwas wie einen Lachanfall. Es war eine Mischung aus Erleichterung und Hysterie, die sie so reagieren ließ. Mit unsicheren Schritten wankte sie auf ihre Eltern zu und umarmte beide zugleich.
    Ich kam mir vor wie ein Fels in der Brandung. Den Dolch hatte ich wieder eingesteckt. Auf meinem Körper blieb die Gänsehaut liegen, als wäre sie angeklebt worden.
    Suko hatte meinen Blick gesucht. Ich nickte ihm zu, er gab das Zeichen zurück.
    Von den Trauergästen sprach keiner mehr. Nur Harriets leises Weinen war zu hören. Die Menschen aus Rippon zeigten sich geschockt. Einige wandten sich ab und starrten in die dünnen Nebelschleier.
    Der Pfarrer faßte sich als erster. Er kam auf mich zu, während der Arzt stehenblieb und seinen Kopf fast zwischen die Schultern gezogen hatte.
    »Können Sie mir eine Erklärung geben, Mister?« fragte mich der Geistliche mit zitternder Stimme. Seine Hände befanden sich in ständiger Bewegung. Sie schabten übereinander.
    Ich hob die Schultern. »Eine Erklärung ist zu schwer, mein Lieber. Wirklich.«
    »Aber…«
    »Ich kann Ihnen nur sagen, daß der alte Totengräber mit seiner Vermutung recht behalten hat. Dieser junge Mann hier ist nicht gestorben. Er ist nur scheintot.«
    »Und das haben Sie durch den Schnitt in den Fuß genau festgestellt?«
    »So ist es.«
    »Wie… wie … reagierte er?« Der Pfarrer schaute die Leiche an, als würde er sich vor ihr ekeln.
    »Er zuckte.«
    »Ach so, das habe ich nicht gesehen.«
    »Und weshalb steht er nicht auf?«
    »Das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Ich habe nur meine Vermutung.«
    »Darf ich sie erfahren?«
    Ich hob die Augenbrauen und krauste die Stirn. »Sie wird Ihnen nicht gefallen, ich werde meinen Verdacht trotzdem aussprechen. Meiner Ansicht nach steht Ken Bright, der Scheintote, zusätzlich noch unter einem magischen Bann.«
    Der Pfarrer wich einen kleinen Schritt zurück. Er starrte mich an, als hätte ich die Pest. »Magie, sagen Sie, nicht wahr?«
    »Richtig.«
    Er wischte mit der Rechten durch die Luft. »Hokuspokus oder so ähnlich.«
    »Nein, das ist kein Hokuspokus, sondern echt.«
    Dr. Cisari hatte unseren Dialog mitbekommen. »Unsinn!« rief er.
    »Es gibt keine Magie. Das ist ein Scharlatan, der so etwas sagt.«
    »Halten Sie den Mund!« fuhr ich ihn an. »Sie haben es gerade nötig, einen Kommentar abzugeben. Sie waren es doch, der sich geirrt hat und nicht feststellen konnte, ob Ken Bright tot war oder nicht. Seien Sie dem alten Totengräber dankbar, daß er die Dinge aus einer anderen Perspektive sah und an Vorgänge glaubte, die Sie mit dem Begriff Hokuspokus ablehnen. Seien Sie ihm dankbar, daß Sie nicht indirekt zu einem Mörder geworden sind, Mr. Cisari.«
    Meine Worte hatten ihn

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