0512 - Der lachende Tod
Aber das konnte nur gut sein.
In einer Tasche verschwand der Dhyarra-Kristall 3. Ordnung. Der Gürtel besaß eine Platte aus Kunstmetall, die sehr stark magnetisch war und das Waffenholster ersetzte. Daran haftete die Strahlwaffe. Nicole brauchte sie bei Bedarf nicht aus einem Holster zu zerren, sondern nur mit blitzschnellem Griff von der Plastikmetallfläche zu nehmen. Da sparte notfalls wertvolle Sekundenbruchteile. Die Ewigen, die dieses Magnet- »Holster« zur Perfektion entwickelt hatten, mußten wohl nicht immer nur ihren Dhyarra-Kristall en vertraut und es mit Welten zu tun bekommen haben, in denen Amerikas »Wilder Westen« als Kindergarten hätte fungieren können.
Nicole schaltete die Strahlwaffe auf »Betäubung«. Den Laser-Modus konnte sie immer noch benutzen, wenn die Lamia reglos vor ihr lag und es keine andere Möglichkeit gab, sie zu befrieden, als sie mit einem Blasterschuß zu zerstrahlen. Wenn es wirklich die Lamia war, mit der Nicole es hier zu tun hatte, so hegte die Französin Bedenken. Sie hatte es dann mit einer Sagengestalt zu tun, die möglicherweise gar nicht wirklich böse war, sondern nur einen falschen Weg ging, von dem man sie abbringen konnte. Warum also sie töten, ohne Einzelheiten zu wissen?
Nicole war wie Zamorra Dämonenjägerin, aber kein blindwütiger Killer.
Sie überprüfte ihre Ausstattung. Ein schwarzes Halstuch, das sie notfalls vors Gesicht ziehen konnte, um ihre helle Haut zu verdecken. Schwarze Handschuhe. Feuerzeug, Schnur, Multifunktionsmesser zum ausklappen. Ein Stück magischer Kreide.
Auf die klassischen Anti-Vampir-Waffen wie Hammer und geweihter Eichenpflock konnte sie angesichts des Blasters verzichten. Der erfüllte diese Funktion wesentlich gründlicher. Und Knoblauch als Schutzmaßnahme würde bei der Lamia auch nicht helfen. Ebensowenig das Silberkreuz, das Nicole sich trotzdem umhängte - zumindest konnte es nicht schaden, es zu tragen. Zum Schluß kam die schwarze Kurzhaarperücke. So konnte Nicole zum Schatten in der Dunkelheit werden.
Es war ärgerlich, daß die Zimmer sich nicht verschließen ließen. Sie rückte das Bett so leise wie möglich vor die Tür und hoffte, daß niemand so kühn sein würde, es in Griechenland mit »Fensterin« zu versuchen. Durch dieses Fenster turnte sie selbst nach draußen. Sie war jetzt eine ganz andere Person als das Frauchen, das zu Urlaubszwecken hierher gekommen war und auf ihren noch verhinderten Gatten wartete, dabei allen Versuchungen der männlichen Bevölkerung dieses Dörflein standhaft trotzend.
Bis zum Boden waren es gerade mal drei Meter. Nicole federte den Aufprall ab und verschwand sofort in den Schatten. Durch Hinterhöfe und Gärten verließ sie den Ort, näherte sich wieder ihrem weit abseits stehenden Wagen; vielleicht brauchte sie ihn. Alles deutete darauf hin, daß das blutsaugende Mörder-Ungeheuer die Straße benutzte.
Nicole Duval war bereit, den Kampf aufzunehmen.
***
Der Lachende Tod wußte, daß er die Silbermond-Druidin nicht entkommen lassen dufte. Wenn sie jetzt verschwand, fand er sie möglicherweise nie wieder; vielleicht würde sie ihn auch bei der nächsten Begegnung überraschend aus dem Hinterhalt angreifen. Denen vom Silbermond mit ihren fiesen Tricks war alles zuzutrauen. Schon einmal hatte ihn einer hereingelegt und ihm jenes Versprechen abgezwungen, das ihn an die Grenzen Frankreichs band.
Gib Druiden keine Chance! war seither sein Leitspruch. Und so gab er auch dieser Silbermond-Druidin keine. Er hatte die ganze Zeit darauf gelauert: Im gleichen Moment, als sie per zeitlosem Sprung vor ihm zu fliehen versuchte, packte er zu…
***
Ein einsamer Mann marschierte in Richtung Norden. Nicht zu schnell, um durch die unvermeidliche Bewegung des gesamten Körpers die Schulterverletzung nicht abermals aufbrechen zu lassen. Der Schmerz in seiner Seite hatte sich gelegt, der Kopf war wieder klar. Boris Saranow hoffte, daß er so bald wie möglich einen Ort erreicht oder wenigstens eine von Menschen bewohnte Hütte. Auf ein Telefon wagte er nicht einmal zu hoffen. Schließlich war das hier immer noch Rußland und nicht der Rest der Welt, und Vieles lag noch im argen.
Aber vielleicht gab es ein Pferd oder sogar ein Auto, das Saranow ausleihen konnte, um damit die nächste größere Ortschaft zu erreichen. Von dort zu telefonieren, dürfte dann kein Problem sein. Wenn er Moskau erreichte, konnte sein Assistent alles weitere erledigen.
Er hielt inne. Waren da nicht
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