0512 - Der lachende Tod
Dialekt, der in der kurzen Ansprache des Jünglings mitschwang. Zusammen mit Zamorra, der ein natürliches Sprachgenie war, kam sie weit in der Weltgeschichte herum und hatte gelernt, sich zumindest in den wichtigsten Weltsprachen verständigen zu können. Bevor sie nach Griechenland kam, hatte sie ihre Sprachkenntnisse noch einmal aufgefrischt. Das klappte per Hypnosetraining ganz vorzüglich, wenn man erst einmal den Bogen raus hatte, wie man es am effektivsten durchzog. Bei der von ihr, Zamorra und dem Silbermonddruiden Gryf entwickelten Methode konnten sogar die Schlaf-Lern-Methoden renommierter Sprachschulen einpacken.
Nur wenn man das Gelernte nicht ständig anwandte, verschwanden die Kenntnisse ganz allmählich wieder, um allerdings bei der nächsten Auffrischung wieder präsent zu sein. Mehr brauchte Nicole eigentlich nicht.
»Ich brauche ein Zimmer«, sagte Nicole. »Ich möchte ein paar Tage hierblieben und warte auf meinen Mann, der später nachfolgt. Er wurde durch dringende Geschäfte aufgehalten.« Damit versuchte sie wilden Schürzenjägern von Anfang an den stärksten Wind aus den Segeln zu nehmen und trug vorsichtshalber auch einen Ring am richtigen Finger, der mit etwas gutem Glauben für einen Ehering gehalten werden konnte.
Zwei der ouzotrinkenden fossilen Kartenspieler sahen ganz kurz auf, um dann unbewegt weiterzuspielen. Zumindest war nun bekannt, daß Nicole kein Flittchen war, das nur deshalb in dieses abgelegene Dörflein kam, um anständigen Ehefrauen die Männer auszuspannen - vielleicht sehr zum Bedauern letzterer.
»Sie wollen also Urlaub hier machen? Warum hier und nicht an einem der großen Urlaubsorte?«
»Weil mir dort alles zu künstlich geworden ist, und deshalb habe ich meinen Mann überreden können, hierher zu kommen.«
»Und wie lange wollen Sie hier bleiben?«
Sie lächelte. »So lange es uns hier gefällt.«
»Wir haben Zimmer zu vermieten«, sagte der Bursche jetzt. »Möchten Sie sie sich direkt ansehen? Es sind zwei Räume. Nicht groß, aber auch nicht teuer. Kommen Sie. Geben Sie mir ihren Koffer!«
»Langsam«, warnte Nicole. »Erst mal ansehen.«
Das war verständlich und wurde akzeptiert; auch, daß der Koffer einfach stehenblieb, wo er war. Diebe gab es hier nicht. Deshalb auch keine Schlösser in den Zimmertüren, die sich versperren ließen. 2500 Drachmen sollte das Zimmerchen kosten, in dem die Tapeten von den Wänden blätterten und in dem ein einfaches Bett, ein noch einfacherer Tisch und ein klapperiger Stuhl standen. Vier-Sterne-Komfort hatte Nicole ohnehin nicht erwartet, und dieser Spottpreis, der immerhin auch das Frühstück einschloß, war der Unterkunft mehr als angemessen. Dafür bekam man gerade mal vier oder fünf Schachteln Zigaretten…
Um ihrer Rolle als vorausgeeilte Göttergattin zu unterstreichen, fragte sie nach einem zweiten Bett. Das stand im zweiten Zimmer, ließ sich aber dem Vernehmen nach mühelos herüberbringen. Daß man dann nirgends mehr richtig gehen und stehen konnte, war eine andere Sache.
»Gut, ich nehm’s«, entschied Nicole der Einfachheit halber und wollte den Preis im voraus entrichten. Davon wollte der junge Bursche aber nichts wissen. »Erst, wenn sie zufrieden sind«, bot er an. Und lieferte dann auch gleich die Erklärung mit, weshalb es hier am Ende der Welt überhaupt Fremdenzimmer gab: »Vor zwei Jahren waren ein paar Archäologen hier. Denen hat’s gefallen, nur ihrem Chef nicht. Der hat deshalb auch nichts bezahlen müssen. Aber wer extra hierher kommt, um der Hektik zu entfliehen, dem wird es wohl gefallen, und für Zerstreuung sorge ich gern!«
Aber sicher, mein Junge, dachte Nicole. Wäre sie etwas leichter geschürzt hier aufgekreuzt, hätte nicht nur ihr Gastgeber sie garantiert für sehr verfügbar gehalten. So tastete er lieber vorsichtig ab, ob er Chancen hatte oder nicht.
»Ich muß mich erst mal akklimatisieren«, wich sie aus. »Aber ich komme vielleicht auf Ihr Angebot zurück.«
Die Herberge war äußerst luxuriös -es gab weder Kakerlaken noch Mäuse, Spinnen und Ratten, dafür aber auch weder Fernseher noch Radio. So was brauchte man hier nicht, weil es schließlich den Dorfklatsch gab, und noch ehe Nicole ihren Koffer ins Zimmer geholt hat, wußte schon das ganze Dorf, daß der Sohn von Aristide Menarchos seinen Eltern eine schöne Frau als Logiergast ins Haus gelotst hatte, die hier auf ihren Gatten wartete. Und weil der geschäftlich verhindert war, mußte es sich wohl um einen sehr
Weitere Kostenlose Bücher