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0513 - Die Hexenfalle

0513 - Die Hexenfalle

Titel: 0513 - Die Hexenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gedacht.«
    »Mir hätte es ja auch einfallen können. Das war eben Pech.«
    Sie kam zu ihm, setzte sich auf die breite Armlehne. Zamorra legte die Hand um ihre Taille, spürte weiche, warme Haut unter seinen Fingern. Nicole zuckte und wand sich. »Laß das Kitzeln! Da gibt’s ein Gesetz dagegen!«
    »Ach ja?« schmunzelte er.
    »Ich und der Präsident der Republik haben’s beschlossen«, beteuerte Nicole.
    »Es ist eines der schlechteren Gesetze, die den Volkszorn hervorrufen«, kommentierte Zamorra. »Ich frage mich, wieso ich ausrutschen und fallen konnte, als ich dieses Trugbild sah. Das Gefühl des Fallens an sich war also durchaus realistisch. Nur ging’s nicht senkrecht auf die Pfahlspitzen zu, sondern schräg die Steintreppe hinab…«
    Nicole wurde sofort wieder ernst. »Hattest du nicht in deinem geschrumpften Zustand im Baba Yaga-Haus ähnliche Fall-Erlebnisse? Und die spitzen Pfähle könnten eine Erinnerung an die Zaunpfähle mit den aufgespießten Köpfen ihrer Opfer sein.«
    Zamorra nagte an seiner Unterlippe.
    »Ich weiß nicht, ob es das war. Dazu hätte ich immerhin im Schlaf-Traum-Zustand sein müssen, aber ich war doch wach. Außerdem muß ich wirklich gerutscht sein, wenn mir das auch bei meinen Gummisohlen recht unglaublich erscheint. Bei deinen Stiefeln wäre es schon eher möglich gewesen.«
    »Die Wirklichkeit und das Trugbild haben sich miteinander vermischt«, überlegte Nicole. »Ob das Trugbild in die Wirklichkeit gegriffen und dich zu Fall gebracht hat? Wie war das mit Fenrirs Nackenbiß? Du sagtest, danach wärst du bewußtlos zur Seite gekippt und er habe das Lenkrad mit den Zähnen gehalten, bis der Wagen stand?«
    Zamorra nickte. »Ich war tot -wenigstens in meiner Vorstellung. Aber es war verdammt realistisch. Hätte er mich nicht wieder wachgebissen, wäre ich möglicherweise ebenfalls bewußtlos geworden. Bei der Treppe hat mich dann der Schmerz wieder geweckt. Der echte Schmerz.«
    »Es gibt etwas, das mir noch viel größere Sorgen macht«, sagte Nicole.
    »Und das wäre?«
    »Daß diese Trugbilder sich auch von dem weißmagischen Schutzfeld ums Château nicht aufhalten lassen. Du bist hier also auch nicht sicher.«
    Er nickte. »Morgen prüfen wir die Abschirmung. Und dann sehen wir weiter.«
    »Und was schlägst du für jetzt vor?«
    »Schlafen«, sagte Zamorra.
    Nicole rutschte von der Sessellehne auf seinen Schoß. »Die Idee ist so gut, daß sie fast von mir sein könnte«, behauptete sie und küßte ihn hingebungsvoll.
    ***
    Die faltige Hexe betrachtete sinnend die zusammengefügten Fragmente. Kopf, Hals, ein Teil der Schulter, und der rechte Arm war bereits mit dieser Schulter verwachsen. Sie prüfte, ob es irgendwo Fehler gab, konnte aber keine erkennen. Alles paßte harmonisch zusammen. Winzige Narben ließ sie verschwinden, indem sie mit den Fingern darüberstrich. Etwas floß aus ihren Fingern hervor und verband sich mit dem anderen Material.
    Der Rabe war eingeschlafen; sein Kopf steckte unter dem linken Flügel. Nur die Katze öffnete zuweilen ihre grünen Augen.
    »Ich denke, er soll leiden«, maunzte sie vorwurfsvoll. »Und jetzt läßt du ihm die ganze Nacht über sein Vergnügen?«
    Die Hexe kicherte verhalten. »Davon verstehst du nichts«, sagte sie. »Auch ich habe mein Vergnügen dabei. Sind sie nicht ein schönes Paar, das zu beobachten Freude bereitet?«
    »Verstehe einer euch Zweibeiner«, murrte die Katze. »Dafür verzögerst du sein Ende?«
    »Ah, warte nur ab.« Die Hexe rieb sich die Hände. »Es wird ihn um so schlimmer treffen…«
    ***
    Es war längst hell, als Zamorra abermals erwachte - diesmal zu halbwegs »normaler« Zeit, gegen zehn Uhr vormittags. So ganz genau konnte er nicht mehr sagen, wie Nicole und er schließlich wieder ins Bett gefunden hatten. Es war ziemlich drunter und drüber gegangen. In einer Mietskaserne mit hauchdünnen Wändchen zwischen den Wohnungen hätte es vermutlich erhebliche Proteste der gestörten Nachbarn gegeben… Aber nun lag Nicole malerisch ausgestreckt neben ihm auf dem Laken, eine wunderschöne Liebesgöttin, die er jetzt nicht zu berühren wagte, um sie nicht aufzuwecken.
    Sie bewegte sich nicht.
    Zamorra brauchte einige Minuten, bis ihm auffiel, daß etwas nicht stimmte; Nicole bewegte sich überhaupt nicht!
    Kein langsames, regelmäßiges Heben und Senken ihrer Brüste, das ihr Atmen verriet…
    Eine optische Täuschung? Aber so flach hatte sie noch nie geatmet, konnte es überhaupt nicht!

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