0513 - Sandra und die Mördermaske
erledigen und keine Zeit zu verlieren. Aus diesem Grunde waren wir auch nicht mit dem Wagen gefahren, sondern bis Aberdeen geflogen und hatten uns dort einen geländegängigen Range-Rover besorgt, einen Mietwagen.
Schottland um diese Zeit war relativ gefährlich. Wir mußten mit verschlammten Bergstraßen rechnen und Wegen, die ein normales Fahrzeug nicht schaffte.
Von Aberdeen aus führte uns der Weg in Richtung Westen. Wir fuhren direkt auf die Grampian Mountains zu. Es gab eine Hauptstraße, die hoch bis Inverness führte. So weit brauchten wir nicht.
Uns reichten schon die Grampian Mountains, die wir kaum sahen, obwohl wir bereits zwei Stunden unterwegs waren.
Nebel hüllte sie ein.
Es war eine fast dichte Wolkendecke, die sich über dem gewaltigen Massiv zusammengezogen hatte und auch in langen Schleiern hinein in die Täler fiel.
Am frühen Nachmittag hatten wir das Ziel erreicht. Das heißt, wir steckten mitten in den Bergen.
Da sich die Wetterlage ein wenig verändert hatte und die Sicht besser geworden war, erkannten wir auch die langen Bergflanken, über die dichte Nebelwolken krochen. Von den Tälern hielt sie ein steifer Westwind fern. Regen brachte er nicht mit, dafür Kälte, die in unsere Gesichter biß.
Suko hatte für die kleine Pause plädiert, weil er etwas essen wollte. Wir standen neben dem Wagen. Der Wind fuhr gegen den Stoff unserer Parkajacken, und ich hatte die Karte auf der Kühlerschnauze ausgebreitet. Suko stand neben mir und kaute auf einem Sandwich.
»Schmeckts?« fragte ich.
»Wie nasse Pappe.«
»Der Hunger wird es schon reintreiben.«
»Richtig.« Suko hielt mit der freien Hand die Karte, damit der Wind sie nicht wegblies.
»Bis Peelham brauchen wir nicht«, sagte ich. Von dort führte eine Straße in zahlreichen Windungen hoch zu dem Kloster, in dem Father Ignatius und die anderen Mönche lebten. An Peelham hatte ich zudem keine guten Erinnerungen. Dort hatten wir den Fall mit den Todesrockern erlebt, und das war damals eine sehr böse Sache gewesen. [1] »Zweigt denn vorher eine Straße ab?«
Ich beugte mich tiefer über die Karte, um besser sehen zu können.
»So gut wie keine.«
»Also doch«, sagte Suko.
»Mehr ein Weg.«
Mein Freund schaute ebenfalls nach. Er hatte den letzten Rest des Sandwiches geschluckt und krauste die Stirn. »Wenn das mal ein Weg ist. Ich tippe eher auf einen Trampelpfad.«
»Jedenfalls ist er eingezeichnet.«
»Und wir haben einen guten Wagen.«
»Zum Glück.«
»Wann können wir ungefähr dort sein?«
Ich schaute nicht mehr auf die Karte, sondern in die Umgebung.
Die nebeligen Wolkenfelder waren nicht dichter geworden. Sie flossen dafür wie lange Ströme von den Bergen herab und verteilten sich auf den Hängen. »Wenn sich das Wetter so hält, vielleicht noch zwei Stunden Fahrt.«
»Dann Abmarsch.«
»Jetzt bist du ein Energiebolzen, wie?«
»Ich denke nur an Bill und daran, daß jede Sekunde schon zählen kann.«
»Ja, hoffentlich finden wir ihn.«
Suko, frisch gestärkt, wollte auch fahren. Ich hatte nichts dagegen, er konnte mit einem Wagen ebensogut umgehen wie ich. Ohne Licht war nichts zu machen.
Wir sahen immer nur einen Teil der Straße, manchmal zogen Nebelschwaden vorbei, dann wiederum nahmen uns vorspringende Hänge die Sicht auf den feuchten Asphalt.
Blätter taumelten durch die Luft. Sie hatten schon eine weite Reise hinter sich, und der Wind spielte noch immer mit ihnen. Kleine Seen sahen aus wie breite, glanzlose Augen. Zu allem Überfluß begann es noch zu regnen. Erst nieselte es nur, dann schüttete es derart aus den Wolken, daß die Wischer Mühe hatten, die Scheibe frei zu halten. Im Schrittempo rollten wir weiter durch die Nebelwelt bergauf.
Es war glücklicherweise nur ein kurzer Schauer. Als wir ein Hochtal erreicht hatten, klarte es auf. Auf den Bergen leuchtete eine weiße Schicht. Weiter im Norden reichte es bereits bis ins Tal.
Es war eine nur dünn besiedelte Gegend. Wer hier lebte, hatte sich der Natur angepaßt. Er war ebenso knorrig und unbeugsam wie das Wetter.
Die vier Jahreszeiten bestimmten den größten Teil des Lebens.
Noch oder als hier war es im Norden.
Ab und zu begegnete uns ein Wagen. Oft alte Fahrzeuge, die noch immer so in Schuß waren, daß sie die Strecken auch schafften und die Kurven ebenfalls.
Noch konnte ich den Weg auf der Karte gut verfolgen. Das änderte sich, als das Tal zusammenschmolz, wir an seinem Ende wie hingeworfen die Häuser einer Ortschaft sahen und Suko
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