052 - Die Schlangengrube
Schlafkammer ein.
Matteo ging nach draußen, um die alte Zarina zu holen.
Dorian berührte Louretta an der Schulter. »Folgen Sie mir in den Nebenraum!«
Er gab Don Chapman einen Wink, die Räume der Unterkunft zu durchsuchen, ob das Monster sich irgendwo verbarg.
Louretta schluchzte. Tränen strömten über ihr dickes Gesicht. Andrej kam misstrauisch ebenfalls in den Aufenthaltsraum.
Don Chapman sah sich zunächst schnell im Schlafzimmer um, dann machte er sich an die Durchsuchung der anderen Ecken.
Dorian schob Phillip zu Louretta hin. Er hängte ihr seine gnostische Gemme um den Hals und zeigte ihr das Kreuz. Die dicke Frau schluchzte. Phillip legte ihr die Hände auf die Schultern.
Louretta reagierte nicht so, wie Dorian es erwartet oder befürchtet hatte, im Gegenteil. An Phillips Ausstrahlung spürte sie, dass er es gut mit ihr meinte. Sie legte die Arme um den Hermaphroditen und barg das tränenüberströmte Gesicht an seiner Schulter. Es war ein Bild, das unter anderen Umständen komisch gewirkt hätte. Die dicke, völlig aufgelöste Zigeunerin und der große, grazile, hellhäutige und ruhige Phillip.
Louretta war also nicht der Dämon. Dorian hörte aus dem Schlafraum ein leises Klappern und ging hinein. Raffael war anscheinend nicht ganz bei sich vor Schmerzen. Dorian legte ihm das Kreuz auf die Stirn, das er in der Jugendstilvilla eingesteckt hatte. Aber Raffael zeigte keine Reaktion. Dorian murmelte noch einen Bannspruch der weißen Magie. Wieder keine Wirkung.
»Er ist es also auch nicht«, sagte Dorian. »Das ist ebenfalls ganz sicher. Bleiben der Leichnam des Freaks und Hervio Masto.«
Er sah sich im Schlafraum um, schaute sogar unter die Betten und in den Schrank. Nichts Verdächtiges war zu sehen.
»Bei diesen Zigeunern komme ich noch so weit, dass ich überall Monster sehe«, murmelte der Dämonenkiller.
Die alte Zarina kam herein. Sie flößte Raffael Tropfen ein und massierte seine verkrampften Halsmuskeln.
»Der Teufel steckt in seinem Bauch und wütet«, krächzte sie. »Das kommt von all dem Zeug, das er in seinem Leben verschlungen hat. Der Herr hat ihn gestraft.«
Dorian war an ihren Reden nicht interessiert. Mit Matteo und Phillip ging er los, um nach dem toten Freak zu sehen. Sie betraten den umgebauten Bus und schlossen den Verschlag auf, in dem sie den Leichnam zurückgelassen hatten. Er lag noch in derselben Stellung, das Kreuz auf der Brust, steif und kalt. Dorian berührte ihn, sprengte ein wenig Weihwasser auf ihn.
»Der also auch nicht«, sagte er. »Nun, dann wollen wir uns um Hervio Masto kümmern.«
»Ich habe diesen Knochenkerl nie leiden können«, brummte Matteo. »Wenn die Sache mit Ramona nicht gewesen wäre, hätten wir ihn nie in die Sippe aufgenommen.«
»Welche Sache?«, fragte Dorian beiläufig.
Aber Matteo antwortete nicht.
Die Vorstellung war zu Ende, als Dorian mit Phillip und Matteo zum Schauzelt kam. Rosario hatte die beiden Liliputaner als Spaßmacher losgeschickt und noch zwei, drei Auftritte organisiert, damit die Vorstellung die übliche Länge hatte.
Dorian ließ die Zuschauer an sich vorbeiströmen, dann trat er mit den beiden anderen ins Zelt.
Hervio Masto hockte aufgedunsen und vollgefressen am Tisch. Der Knochenmann war nicht wiederzuerkennen. Während er zuvor wie ein Skelett ausgesehen hatte, war er jetzt ein hässlicher Mann mit einem Gewicht von einem runden Zentner – bei einer Größe von einem Meter fünfundfünfzig. Er war abscheulich proportioniert. Einige seiner Gliedmaßen waren verhältnismäßig dick, andere dafür fast so dürr wie vorher. Immer wieder rülpste er, wobei sein ganzer Körper zuckte.
Dorian trat auf die Bühne, Matteo und Phillip folgten. Hervio Masto stierte ihnen mit blutunterlaufenen Augen entgegen.
»Sieh her!«, sagte Dorian und hielt Hervio die gnostische Gemme hin, die er Louretta wieder vom Hals genommen hatte. In der Linken hielt Dorian das Kreuz. Er näherte es Hervios Gesicht. Phillip trat hinter Hervio und legte ihm die flache Hand auf den nur mit einem Haarflaum bedeckten Kopf.
Hervio rülpste laut.
»Was soll das?«, fragte er mit einer Stimme, die genauso unsympathisch klang, wie er aussah. »Soll ich bekehrt werden oder was?«
Dorian berührte ihn mit dem Kreuz und der Gemme und sprach die stärkste Bannformel, die er kannte. Hervio Masto reagierte nicht so, wie ein Dämon hätte reagieren müssen.
Dorian sah, dass er einer Pleite entgegensteuerte, denn Hervio Masto war zweifellos auch
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