052 - Invasion der Toten
jede Kieferbewegung zur Qual machten, aber auch wegen des schauderhaften Akzents. Sie gehörte nicht zu den Jellos, die in El'ay aufgewachsen waren.
»Was bist du?«, setzte Raiker das Verhör fort. »Eine Japs?«
Sie nickte, wurde darauf aber von den anderen Gefangen in einer fremden Sprache zurecht gewiesen.
»Klappe halten«, brauste Wulfgar auf.
»Wenn die Kleine nicht redet, schlitzen wir euch allen die Bäuche auf, um in euren Gedärmen die Zukunft zu lesen. Ist das klar?« So wie er in seinem Federmantel von einem Bein aufs andere sprang, traute selbst Raiker ihm zu, dass er die Drohung wahrmachen könnte.
Über den Schamanen waren die schauerlichsten Gerüchte im Umlauf, aber bisher hatte er noch keinem aus der Toten Taratze etwas getan.
Das allein zählte.
Raiker wollte gerade mit dem Verhör fortfahren, als Wulfgars drohende Haltung in sich zusammen sackte. »O verdammt«, hauchte er. »Was sind denn das für Freeks?«
Raiker wirbelte herum, bereit, jedem weiteren Leichendieb eine gehörige Abreibung zu erteilen. Beim Anblick der Gestalten, die zwischen den Gräbern auf sie zu kamen, verließ ihn jedoch der Mut.
Hastig überflog er die Zahl der in einer Linie näher Rückenden. Bei vierzig hörte er auf zu zählen. Verdammt, das war ja eine halbe Legion!
Eine Legion von Toten, wie das fahle Mondlicht enthüllte.
Viele wiesen schwere Kampfverletzungen auf. Große Wunden an Brustkorb oder Bauch, die auf Schwerthiebe schließen ließen. Anderen fehlte gar der halbe Arm. Kein Lebender konnte sich in diesem Zustand auf den Beinen halten.
Verwesungsgestank wehte ihnen voraus, wie eine Ankündigung drohenden Unheils.
»Die Toten aus dem Kampf am Microware-Turm«, flüsterte einer aus der Truppe entsetzt. »Jiina hat also doch nicht gesponnen.«
»Rückzug!«, befahl Raiker, der längst alleine über den verletzten Jellos stand.
Wulfgar und die anderen rannten bereits davon. Niemand wollte sich mit der unheimlichen Übermacht messen.
»Jetzt seid ihr dran«, kicherte eine Stimme zu Raikers Füßen. Sie gehörte einem der niedergeschlagenen Jellos.
Raiker trat ihm zum Abschied ins Gesicht, dann machte er sich ebenfalls aus dem Staub. In langen Sätzen hetzte er den Freunden hinterher, doch nach wenigen Schritten ereilte ihn das kalte Grausen. Links und rechts von ihm lösten sich weitere Umrisse aus der Dunkelheit.
Und Wulfgars Geschrei nach zu urteilen war auch weiter vorne der Rückweg abgeschnitten.
Die Toten hatten sie im Dunkeln eingekreist
!
Nun half nur noch Geschwindigkeit, Den Axtstiel über dem Kopf schwingend, brach Raiker nach links durch. Er tauchte unter einem Schwerthieb hinweg und stieß einen heran springenden Toten zur Seite.
Der Weg war frei.
Seine Freude währte nur wenige Atemzüge lang. Dann wuchs eine bullige Gestalt buchstäblich vor ihm aus dem Boden. Raiker lief direkt in eine offene Hand, die ihn brutal an der Kehle packte.
Raue Fingerkuppen bohrten sich tief in seine Haut, schnürten ihm die Luft zum Atmen ab.
Seine Reflexe reagierten, noch bevor er den Schreck verdaut hatte. Wie besessen prügelte er mit dem Axtstiel auf seinen Gegner ein, aber die Attacke zeigte keinerlei Wirkung.
Ungerührt verstärkte der Tote den Druck, während die Schläge auf ihn nieder prasselten. Ob ins Gesicht, in die Magengrube oder auf den ausgestreckten Arm, nichts konnte ihn beeindrucken.
Er presste weiter die Kehle zusammen, bis Raiker die Kraft zur Gegenwehr fehlte.
Der schwere Knüppel polterte zu Boden, doch Raiker gab sich noch nicht geschlagen.
Er packte nach der Klammer um seinen Hals. Kratzte und zerrte über das kalte, aufgequollene Fleisch, das ihn bedrängte - es half alles nichts. Etwas, das bereits tot war, ließ sich nicht mehr bekämpfen.
Seine Lungen brannten wie Feuer.
Raiker glaubte ersticken zu müssen, bis er sah, dass sein schweigsamer Gegner den linken Arm hob. Zupacken konnte er mit ihm nicht mehr, denn die Hand war abgerissen.
Bloßer Knochen ragte aus dem Stumpf hervor. Die angesplitterte Elle lief schmal zu wie ein angespitzter Pflock.
Stück für Stück schob sich das bleiche Ende näher. Bis es so dicht vor Raikers rechtem Auge verharrte, das er den Druck auf der Pupille zu spüren glaubte.
Voller Panik mobilisierte der Wirt die letzten Kräfte, drehte und wand sich in dem kalten Griff seines untoten Gegners.
Versuchte alles, um dem drohenden Schicksal zu entgehen. Aber es war zu spät.
Der Zombie stieß zu.
***
Aiko hielt unwillkürlich den
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