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0520 - Das blaue Einhorn

0520 - Das blaue Einhorn

Titel: 0520 - Das blaue Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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weiß es nicht. Ein Traumwesen vielleicht. Sie machte einen Fehler. Sie war etwas zu aufdringlich in ihrer Art. Dadurch unterschied sie sich von dir. Ich wußte nicht, wer sie war, aber sie war ganz anders. So, als habe man einer anderen Frau dein Aussehen gegeben.«
    Nicole schluckte. »Und?« fragte sie leise.
    Zamorra umfaßte ihre Hand und drückte zu. Mehr brauchte er ihr zu diesem speziellen Thema nicht zu sagen. Statt dessen fuhr er fort: »Wenn es Auswirkungen des Traumes waren, oder eine Variante, dann wird dieser Traum nicht von Julian kommen. Er mag ein kleines Biest sein, unreif und geistig noch längst nicht erwachsen. Aber er kennt uns beide. So etwas würde er uns niemals antun.«
    »Wer weiß«, überlegte Nicole. »Er war auch einmal Fürst der Finsternis. Vielleicht ist es für ihn nur ein Spiel. Magisch ist er uns so unglaublich überlegen, wie man es sich nur eben vorstellen kann. Vielleicht sieht er uns als so etwas wie seine Versuchstiere an, an denen er Verhaltensstudien betreibt.«
    »Es muß mehr dahinterstecken«, grübelte Zamorra. »Entschieden mehr.«
    »Vielleicht finden wir es morgen heraus«, schlug Nicole vor. »Ich schätze, wir sind beide zwar noch ziemlich aufgedreht, aber trotzdem auch müde. Was hältst du davon, eine Ruhepause einzulegen und sich dann in ein paar Stunden frischer in die Einhornwelt gelangen. Sie ist variabel, scheint sich Wunschvorstellungen anzupassen.«
    »Du warst zwischen den Felsen?«
    Sie nickte.
    »Dort und auf einer freien Ebene, die uns der Traum gestern nicht gezeigt hat.«
    »War Stygia in der Nähe?«
    »Nein. Ich halt sie, wie gesagt, auch nicht für wirklich wichtig. Laß uns ein wenig ruhen, dann können wir mit klareren Köpfen als jetzt an die Sache herangehen.«
    Sie gab ihm einen Kuß auf die Wange und huschte davon.
    Zamorra nickte bedächtig. Dieses Verhalten paßte schon eher zu Nicole. Jetzt begann er auch zu verstehen, worauf das Amulett ihn hatte aufmerksam machen wollen. Nicole Duval ist nicht verändert worden, hatte es ihm mitgeteilt. Natürlich war sie nicht verändert, aber das Wesen, mit dem Zamorra es in jenem Moment zu tun gehabt hatte, war ja auch nicht Nicole Duval gewesen, sondern etwas anderes. Hast du’s gehört? hatte das Amulett außerdem gefragt, als die Doppelgängerin gesagt hatte, daß der Traum mehr ist als nur ein Traum. Er ist ein Stück gespiegelte Wirklichkeit.
    Gespiegelte Wirklichkeit?
    Was sollte das bedeuten?
    ***
    Irgendwo in unermeßlichen Weiten lachte ES zufrieden. ES hatte die Regeln des Spiels verändert. Es gab nicht mehr nur noch einen Spielleiter. Plötzlich waren alle Regeln offen und veränderlich. Das Spiel begann interessant zu werden.
    ***
    Stygia überlegte. Ihr erster heißer Zorn war verraucht. Sie hatte über das Gespräch mit Lucifuge Rofocale nachgedacht. Vielleicht hatte er recht, vielleicht sollte sie wirklich nicht mit blindem Eifer vorgehen.
    Aber sie konnte es auch nicht einfach so hinnehmen, bedroht zu werden. Sie mußte dem Telepathenkind zeigen, daß sie so nicht mit sich umspringen ließ. Die Kriegserklärung blieb, aber Stygia konnte jetzt in Ruhe darüber nachdenken.
    Daß sie keine Hilfe anderer Dämonen zu erwarten hatte, hatte Lucifuge Rofoccale ihr klargemacht.
    Daß sie augenblicklich noch nicht wußte, wo sie Julian Peters finden konnte, war ein Fakt.
    Ob er wirklich so stark war, wie LUZIFERS Ministerpräsident behauptete, mußte sich erst noch herausstellen.
    Sie kannte ihn doch. Sie war schließlich diejenige gewesen, die ihn aufgespürt hatte. Julian Peters, der in sich das Potential eines Mitglieds der dritten Tafelrunde und des Asmodis vereinte, war innerhalb eines einzigen Jahres vom Säugling zum Achtzehnjährigen gereift. ER war erst dabei, seine Fähigkeiten auszuloten und zu erkennen. Mochte er als Fürst der Finsternis stark gewesen sein, mochte seine Kraft ausreichen, den Silbermond in einen Traum zu hüllen - er war doch nur ein großer Junge, der vielleicht gar nicht wußte, was er mit seinen gewaltigen Kräften alles anrichten konnte. Einmal hatte es Stygia fast geschafft, den damals noch unbedarften Jugendlichen zu prägen.
    Er besaß Schwachstellen.
    Sie würde diese Schwachstellen finden, wie sie auch ihn selbst finden würde. Daß sie erst vor kurzer Zeit an einem solchen Vorhaben gescheitert war, berührte sie mittlerweile nicht mehr so stark wie damals, als sie den drei Thessalischen Hexen das Auge abgeschwatzt hatte, um damit Julian zu finden.

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