0520 - Das blaue Einhorn
schien, als seien die Fronten erstarrt, die Kämpfer auf beiden Seiten müde geworden. Julian wollte wissen, woran das lag. Er wollte, daß wieder etwas passierte.. Also hatte er Professor Zamorra und seine Freunde aus der Reserve zu locken versucht -und gleichzeitig noch Stygia und einige andere Dämonen. Aber bis auf Stygia hielten sie sich zurück, hatten scheinbar erkannt, wer hinter dem Traum steckte und wollten sich nicht mit ihm anlegen.
Da er die Amulette ebenfalls angesprochen hatte, um Eysenbeiß und Lucifuge Rofocale aufzuschrecken, mußte er auch jenes andere Wesen auf den Plan gerufen haben. Grundsätzlich war dagegen ja nichts einzuwenden. Abere Julian pflegte selbst immer mit »offenem Visier« zu kämpfen; er machte es anderen relativ leicht, ihn als den Drahtzieher zu erkennen. Das fremde Wesen dagegen brachte eine neue Variante ein: die der boshaften Täuschung. »Aber das paßt wohl zu dir, nicht wahr?« murmelte Julian Peters. »Du hast dich fortentwickelt. Damals konntest du nur in meinen Traum eindringen. Und sogar das war schon mehr als bestürzend genug.« [4]
Jetzt war das andere Etwas dabei, ihm die Kontrolle über seinen eigenen Traum zu entreißen; es entwickelte ihn fort, begann Teile zu steuern.
»Aber das«, murmelte der Träumer, »werde ich nicht zulassen. Ich glaube, ich sollte dir deine Grenzen aufzeigen.«
***
Zamorras Telefonrechnung schnellte in diesen Tagen in ungeahnte Höhen. Er rief noch einmal in Florida an, per Bildtelefon, weil in Tendyke’s Home auch so ein praktisches Ding stand. Aber das Bild war schlecht. »Atmosphärische Störungen«, vermutete Uschi Peters. »Bei uns herrscht gerade das prachtvollste Sauwetter, das du dir vorstellen kannst. Es regnet nicht nur, die Wolken scheinen gleich komplett ’runterklatschen zu wollen. Da dürfte auch der Funkstrahl zm Satelliten seine Problemchen haben. Hat’s denn schon wieder Träume gegeben?«
»Julian Peters ist doch dein Sohn«, sagte Zamorra. »Besteht irgendeine Möglichkeit, daß du oder Monica Kontakt zu ihm aufnehmt?«
Die blonde Telepathin lachte auf. »Wenn das ginge, hätten wir selbst viel öfter Kontakt mit ihm. Aber wenn er nicht will, ist er auch von uns nicht zu erreichen. Wir wissen ja nicht einmal, wo er sich herumtreibt. Vielleicht hat er sich gerade wieder einmal eine Traumwelt erschaffen, oder er besucht den Silbermond, oder er ist gleich nebenan und lacht sich eins ins Fäustchen. Es hat sich in den letzten Wochen und Monaten nichts geändert. Wenn er allein sein will, dann ist er auch beim besten Willen nicht aufzufinden. Du glaubst immer noch, daß er der Auslöser ist?«
»Es ist ja wohl kaum von der Hand zu weisen«, bemerkte Zamorra. »Ich weiß ja nicht, wenn ihr das letzte Mal Kontakt mit ihm hattet, aber hat er da oder früher einmal irgendwelche Andeutungen gemacht?«
»Nichts. Sag mal, Zamorra, bist du schon mal auf die Idee gekommen, Sid Amos zu befragen? Okay, er hat dir übel mitgespielt, und du hast allen Grund, sauer auf ihn zu sein, aber…« [5]
»Hm«, machte Zamorra.
»Auch ’ne Antwort… wir würden ihn ja fragen, wenn wir eine Ahnung hätten, wo und wie er zu erreichen ist. Aber da hast du selbst doch die besseren Möglichkeiten, oder?«
»Vielleicht«, erwiderte Zamorra. »Danke für den Tip.«
Die ständig flackernde Verbindung, in der sich ganze Bildzeilengruppen verschoben und die Farben nicht stimmen wollten, erlosch. Zamorra lehnte sich zurück. Sid Amos! Natürlich wußten die Peters-Zwillinge und Robert Tendyke nicht, wo er zu erreichen war. Zamorra und Nicole wußten es allerdings seit einiger Zeit, aber der Parapsychologe war nicht sicher, ob er es den dreien verraten sollte. Sid Amos hatte immerhin angedeutet, es sei ihm nicht recht, und es konnte durchaus geschehen, daß die Fetzen flogen, wenn Rob Tendyke erfuhr, daß der Ex-Teufel sich intensiv in die Personalpolitik seiner Firma mischte. Als »Sam Dios« hatte Sid Amos-Asmodis begonnen, den Tendyke-Konzern von Mitgliedern der Parascience-Society zu säubern, jener Sekte, die nach außen vorgab, eine Religion darzustellen und mit psychotherapeutischen Kursen den Menschen zum Heil verhelfen zu können, die in Wirklichkeit aber nur an Geld, Macht und noch mehr Geld und Macht interessiert war und selbst vor Mordanschlägen und Terrorismus nicht zurückschreckte. Sie schleusten ihre Anhänger in gewinnbringende Firmen ein, versuchten leitendes Personal für sich zu gewinnen, und irgendwann war es soweit,
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