0520 - Ich jagte das Hexen-Trio
nicht.«
»Vielleicht ist sie mitgegangen.«
»Kann sein.«
Mamir meldete sich. »Ich hörte das Läuten der Kirchenglocken. Vielleicht sind sie dort?«
»Dann brauchen wir nicht lange zu warten.«
»Und wo?« fragte Mamir.
Waldo verteilte die Rollen. Er wollte nicht, daß sie nur im Wohnraum hockten. Sie stellten sich an strategisch günstigen Stellen auf.
Die beiden alten Leute hatten nicht die Spur einer Chance. Wenn sie sich trotzdem wehren sollten, waren die drei Killer bereit, Buckland in the Moor in eine Hölle zu verwandeln…
***
Dartmoor Forest!
Welch ein Name, welch ein Gebiet. Düsternis, Gänsehaut und leichtes Grauen überkamen die meisten Menschen, wenn sie von diesem Areal hörten.
Mir erging es kaum anders. Auch ich wußte, wie schrecklich es in dieser Sumpflandschaft werden konnte, aber ich hielt mich zurück und gab mit keinem Wort zu verstehen, daß ich mich nicht gerade wohl fühlen würde. Julie sollte nicht beeinflußt werden.
Noch vor drei Uhr in der Nacht hatte sie mich geweckt und mir erklärt, daß sie es nicht mehr aushielt.
Ich hatte nach den Gründen gefragt und zur Antwort bekommen, daß sich der Ring allmählich schließen würde.
»Welcher Ring?« hatte ich wissen wollen.
»Der um mich.«
»Für deinen Tod?«
»Ja.«
Sie hatte nichts mehr zu sagen brauchen. Ich war aufgestanden, nahm eine Kurzdusche, und ab ging die Fahrt.
Manchmal kommt man gut aus London heraus. Ich hatte das Gefühl zu fliegen, so schnell lag die Millionenstadt hinter uns.
Bis Southhampton fuhren wir auf dem Motorway mit der Bezeichnung M3. Danach in Richtung Westen auf der normalen Küstenstraße. In Dorchester tankte ich nach.
Es war noch immer dunkel, der Rover gab sein Bestes, ich hielt mich mit Kaffee frisch, und das Mädchen neben mir wollte weder etwas trinken, noch essen.
Julie war im Laufe der Zeit immer schweigsamer geworden. Auf Fragen hatte sie nicht oder kaum geantwortet, sie hing allein ihren Gedanken nach.
Bei Exeter gerieten wir in den Morgenverkehr und in die Dämmerung des anbrechenden Tages hinein. Im Sommer wäre es längst hell gewesen, zu dieser Jahreszeit dauerte es eben länger.
Schnee und Glatteis hatten wir vergessen können. Der Januar blieb auch in seinem ersten Drittel einfach zu warm.
Vor uns lag das gewaltige Gebiet des Dartmoor Forest. Von Straßen umgeben, aber nur von wenigen durchzogen, denn der Sumpf ließ einen Straßenbau oft genug nicht zu.
»Heimatliche Gefühle?« fragte ich Julie, als wir hinein in die hügelige Landschaft fuhren, die im Winter einen braunen, toten Farbton bekommen hatte.
»Nein, John.«
»Was dann?«
»Ich fürchte mich.«
Die Antwort hatte ehrlich geklungen, und ich fragte weiter. »Vor dem Hexen-Trio?«
»Ja und nein.«
Ich lachte leise. »Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr. Du weißt, daß dich die Hexen jagen wollen, aber…«
»Es ist da noch etwas anderes, John.«
»Und was?«
Sie hob die schmalen Schultern. »Ich kann es dir nicht erklären. Jedenfalls ist es vorhanden. Du weißt selbst genau, daß ich kein normales Kind bin. Ich habe etwas in mir, das ich als schlechtes Gefühl bezeichnen möchte. Verstehst du?«
»Ja, aber du solltest dich konkreter ausdrücken, Julie.«
»Wenn ich das nur könnte.« Sie senkte den Kopf und begann zu weinen. Hoppla, daß es so arg sein würde, damit hatte ich nicht gerechnet. »Was ist denn los?«
»Es ist nicht nur die eine Gefahr vorhanden«, sagte sie nach einer kleinen Pause. »Auch andere Dinge schweben über mir. Sie sind da, aber ich kann sie nicht greifen.«
»Verstehe…«
»Nein, du kannst es nicht verstehen. Ich habe das Gefühl, in den Tod zu fahren. Wenn der Tod nur für mich bestimmt wäre, würde ich das als normal ansehen, weil es einfach mein Schicksal ist. Aber der Tod lauert auch bei anderen Personen.«
Ihre Worte paßten zu der düsteren äußeren Stimmung, die uns begleitete. An diesem Morgen wollte es nicht richtig hell werden.
Die Dunstwände krochen die Straße entlang wie Tücher, die jemand immer weiter schob. Dahinter lag das einsame Sumpfgelände. Mal flach, mal mit kleinen Buckeln bestückt, die wie krumme Rücken aus dem Moor hervorragten. Es war eine menschenfeindliche Landschaft, in die freiwillig niemand einen Fuß setzte.
Mir entgingen auch nicht die Warntafeln an den Rändern der schmalen Straße. Sie waren auch bei schlechter Witterung nicht zu übersehen. Es wurde davor gewarnt, den Weg zu verlassen. Das Gelände war einfach zu
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