0521 - Invasion der Ghouls
nicht fangen können, aber er konnte ihn zumindest vertreiben und dafür sorgen, daß er hier keine weiteren Opfer fand. Er würde vermutlich nicht in sein Revier zurückkehren, sondern es aufgeben.
Und bei Anbruch des Tages würde Zamorra ihn finden.
Der Ghoul mußte zwangsläufig eine Schleifspur hinterlassen. Und wo er wieder in der Erde verschwand, konnte Zamorra erneut ansetzen.
Ausgespielt hatte der Leichenfresser langfristig so oder so. Zamorra wollte jedoch versuchen, ihn lebendig zu fangen. Er mußte wissen, was hinter dieser regelrechten Invasion steckte. Warum tauchten die Ghouls plötzlich so gehäuft auf? Es mußte einen Grund dafür geben.
In den letzten Monaten war es erstaunlich ruhig gewesen. Nach der Zeitreise durch verschiedene Epochen der letzten tausend Jahre und der Rückkehr Don Cristoferos in seine Zeit hatte Zamorra einen Vampir zur Strecke gebracht, gegen Schatten gekämpft und schließlich in einer Traumwelt mit Stygia, Shirona und Julian Peters zu tun gehabt. Gegenüber der früheren Vielzahl von Ereignissen war das geradezu wenig gewesen. Wie Urlaub…
Er fürchtete, daß das nur die Ruhe vor dem Sturm war. Und vielleicht setzte dieser Sturm gerade jetzt ein; vielleicht hatte die Hölle nur versucht, ihre Gegner in Sicherheit zu wiegen, damit ihre Aufmerksamkeit nachließ, um dann um so effektiver zuschlagen zu können.
Wie auch immer - er mußte etwas unternehmen. Nur so konnte er auch etwas herausfinden.
Aber irgendwie hatte er das Gefühl, daß es nicht ganz so einfach ablaufen würde, wie er es sich vorstellte…
***
Dreieckige Augen funkelten. Lange Zähne blitzten. Durch schmale Nüstern nahmen die beiden Kreaturen Witterung auf. Suchend bewegten sie sich über das Gelände. Schatten in der Dunkelheit. An einem hohlen Baum hielt einer von ihnen an. - Hier verließ er sein Labyrinth -, rief er dem anderen zu.
Gemeinsam folgten sie der Schleimspur, hinterließen selbst kleine, stinkende Klumpen überschüssiger Substanz. Schließlich fanden sie die zerpulverten Reste ihres Artgenossen.
- Wir nehmen mit, was wir können. Vielleicht kann die Herrin ihm eine neue Existenz verleihen. -
- Aber wir werden auch seinen Jagdgrund überprüfen und feststellen, wieso er entdeckt wurde. Der Schuldige muß zur Rechenschaft gezogen werden. - Was das bedeutete, war klar: der Schuldige würde ihnen als Nahrungssubstanz dienen.
***
Der BMW stand auf dem Parkplatz. Langsam gingen die beiden Menschen über die verlassenen Friedhofswege. Das große Tor war nicht abgeschlossen gewesen, niemand hatte ihnen zu dieser Stunde den Zutritt verwehrt. Vermutlich rechnete aber auch niemand damit, daß jetzt, bei tiefer Dunkelheit, noch jemand über den Totenacker schlendern wollte.
»Unheimlich«, beschrieb Nicole die seltsame Stimmung; die über dem nächtlichen Friedhof lag. »Ich beginne die Menschen zu verstehen, die immer wieder einen Blick über die Schulter werfen und ein Liedchen pfeifen, wenn sie nachts über einen Friedhof oder durch einen dunklen Wald gehen müssen.«
Zamorra zuckte mit den Schultern.
»Die Toten ruhen in Frieden«, sagte er. »Sie tun niemandem etwas. Wer ihre Ruhe nicht stört, hat nichts zu befürchten. Die Untoten sind es, die Gefahr bedeuten - aber wo und wann lauern sie einem einsamen Wanderer schon auf? Es sind Ausnahmefälle.«
»Wie dieser.«
»Wie dieser«, wiederholte Zamorra, »aber eben nur Ausnahmefälle. Was ich mehr fürchte, sind jugendliche Satanisten, die ihrem Kultführer gehorchen und sich nachts auf Friedhöfen herumtreiben und ihre abstrusen Rituale durchführen oder, schlimmer noch, die Gräber schänden. Es wäre besser, die großen Tore würden bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen. Dann ständen wir jetzt zwar nicht hier, aber andere mit weniger lauteren Absichten hätten ebenfalls Probleme, herzukommen. Ein geschlossenes Tor bedeutet Arbeit, und der Mensch, auch wenn er Satansanbeter ist, ist von Natur aus faul. Ohne wirklich zwingenden Grund macht er sich keine vermeidbare Arbeit.«
»Glaubst du, daß solche Leute sich hier herumtreiben?« fragte Nicole überrascht.
»Vermutlich nicht - zumindest nicht heute. Auch ihre Anführer denken pragmatisch; das Wetter ist zu schlecht. Und für die wirklichen Anbeter des echten Satans sind momentan die Beschwörungskonstellationen falsch. Es ist nicht die richtige Zeit. In drei, vier Tagen wäre es günstiger.«
»Woher weißt du das?«
»Vergiß nicht, daß ich mich mit solchen Dingen schon
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