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0522 - Die Spur des Rächers

Titel: 0522 - Die Spur des Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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keinem schadet’s."
    „Mir hat es geschadet. Ich wurde dadurch zum Rebellen."
    Sandal deutete auf den Braten, den er mit schnellen und geschickten Schnitten in große Portionen zerlegte.
    „Aber ich esse ungern ohne Gesellschaft. Du wirst dich daran gewohnen müssen, daß ich dir beim Essen zusehe. Ich rülpse zwar nicht, aber du darfst es ungehindert tun. Es ist ein Lob für den Koch!"
    Tahonka-No sah ihn ausgesprochen verwirrt, unsicher und unschlüssig an.
    Dann begann er laut zu lachen. Er verzog Dabei sein Gesicht nicht, aber er lachte so laut, daß sich Sandal fragte, wovon sie in den nächsten Tagen leben sollten. Alles Wild mußte geflohen sein.
     
    9.
     
    Die Überlegungen und Empfindungen, die Tahonka-No im Augenblick hatte, waren durchaus zwiespältiger Natur. Er hatte sich also geirrt - die Furchtbaren Schergen hatten nicht ihn verfolgt, sondern diesen jungen Mann mit goldfarbenen Augen und weißem langen Haar, das mit einem Lederband aus der Stirn gehalten wurde. Ein fremder, merkwürdiger Mann mit einer noch fremdartigeren Waffe, die lautlos schoß und immer traf.
    Und dann ... das Essen.
    Auch Tahonka-No hatte Hunger. Sehr großen Hunger sogar.
    Obwohl er kein Herz besaß, das Blut durch ein Adersystem pumpte, sondern in einer knöchernen Kammer eine Art Pumpe, die sich drehte und eine pastöse Masse, das menschlichem Knochenmark nicht unähnlich war, durch ein System von Gängen und Kammern durch den Körper drückte, hatte er Hunger. Der Braten, dessen dampfende Stücke vor ihm auf einem großen Stein lagen, stach ihm in die Augen, der Geruch reizte seine Geschmacksnerven. Beim Anblick der Fleischstücke wurde sein Hunger übermäßig groß. Was sollte er tun?
    Er sah sich verstohlen nach dem Doppelmonument um und murmelte: „Schließlich bin ich ein Rebell. Hier gelten andere Maßstäbe."
    Er konnte weder lächeln noch grinsen; Sein Gesicht war unbeweglich bis auf den Unterkiefer, der aber nur sehr geringe Bewegungen zuließ. Als Rebell hatte er das heiligste Gesetz seines Volkes verletzt - er hatte sich bei der Nahrungsaufnahme zusehen lassen. Nicht als Provokation war dieses Essen und Tanken gedacht gewesen, sondern es war zufällig geschehen.
    Dann aber, als er die furchtbare Reaktion miterlebt hatte, als er erfuhr daß er als Verbrecher galt, dem die Todesstrafe zugedacht war, hatte sich sein Starrsinn gezeigt. Er hatte weiter gegessen, getrunken, laut gelacht und war dann hierher geflohen. Hier konnte er Sicherheit finden.
    „Hast du etwas gesagt?" erkundigte sich sein neuer Freund in den engen Stiefeln und der langen Hose.
    „Nicht viel", entgegnete Tahonka-No. „lch überlege nur."
    Sandal streute einige der kleinen, weißen Kristalle auf das Fleisch, verschloß das Säckchen und schob es in die Jackentasche zurück. Dann schnallte er den ledernen Armschutz ab, legte den Translator zwischen sich und den Knöchernen und sagte: „Was überlegst du? Greif zu - solange es heiß ist!"
    Tahonka-No lachte laut. Es war, wie Sandal schnell erkannte, ein Lachen der Verlegenheit. Er deutete auf das Fleisch und murmelte auffordernd: „Du traust dich nicht, mich zusehen zu lassen, wie du deine knochigen Kiefer bewegst, Freund No? Ist es das?"
    Der Fremde nickte. Seine rechte Hand zuckte vor und hieit dicht vor dem dampfenden, wohlriechenden Fleischstück an.
    „Ich bin nicht aus deiner Heimat!" erklärte Sandal und riß mit den Zähnen einen Fetzen vom Braten ab. Er begann mit bestem Appetit zu kauen.
    „Nein, du nicht. Aber ich bin ein Verbrecher."
    Sandal warf undeutlich ein: „Dann benimm dich auch wie ein Verbrecher und handle! Iß!
    Sonst esse ich alles auf, ehe du dich entschlossen hast. Du hast die Wahl - entweder führst du dein Rebellentum weiter, oder du verhungerst."
    Tahonka-No griff nach einer KeuIe, brach mit drei Fingern den Knochen ab und öffnete den Mund. Die scharfen Knochenleisten erschienen. Sandal nickte ihm wohlwollend zu. Das hatte er noch nicht erlebt! Jemand zögerte, seinen Hunger zu stillen, nur weil ein anderer ihm Dabei zusehen konnte.
    Tahonka-No sagte leise, fast entschuldigend: „Ich habe eines der heiligen Gesetze meines Volkes verletzt und in Gegenwart anderer Individuen gegessen. Speisen zu mir genommen. Das ist schamlos, unethisch und todeswürdig. Wir alle sind so erzogen. Du kannst nicht erwarten, daß ich mich in einer Stunde vollkornmen ändere."
    „Jedenfalls gehe ich nicht im Wald spazieren. während du ißt", sagte Sandal. „Ich werde die

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