0526 - Der unheimliche Templer
drangen. Zudem zeigte er auf die Tür.
Suko und ich kreiselten herum.
Auf der Schwelle stand kein Mensch und auch kein Dämon, dafür ein schwebendes Etwas.
Ein weißes Gespenst…
Judy Landers!
***
Frank Didier konnte es nicht fassen. Er schlug die Hände vor sein Gesicht und preßte die Finger zusammen weil er einfach nichts sehen wollte.
Wir aber blieben cool und locker, da wir beide wußten, daß Judy harmlos war. Ein verfluchtes Schicksal hatte der Toten keine Ruhe gegeben, so daß ihr Geist, umklammert von teuflischen Kräften, umherirrte und auf eine Erlösung wartete, die so lange nicht eintreten würde, wie die Kamera existierte.
Ich winkte ihr zu. »Hallo… Judy …«
Die durchscheinende Gestalt deutete so etwas wie ein Lächeln an.
Es war so, als würde ein Lichtreflex über die Züge huschen.
Auch Suko hob den Arm und winkte ihr zu. Judy nickte zurück.
Obwohl sie ein feinstoffliches Wesen war, reagierte sie noch so, wie sie es auch als Mensch getan hatte.
Didier merkte ebenfalls, daß das Erscheinen dieser Gestalt nicht negativ zu beurteilen war. Er spürte keine Gefahr für Leib und Leben. Seine Hände sanken und blieben mit den Flächen auf den Oberschenkeln liegen.
Als ich einen Blick auf sein Gesicht warf, war die Haut beinahe so bleich wie die Gestalt der Judy Landers.
»Sie brauchen keine Furcht zu haben, Frank. Judy ist eine alte Freundin von uns. Sie wird uns nicht angreifen, darauf können Sie sich verlassen.«
»Aber sie ist kein Mensch.«
»Dafür ein Geist«, sagte Suko trocken.
Didier mußte lachen. »Geister – die… die gibt es doch nicht. Ich weiß, daß …«
»Wie Sie sehen, gibt es diese Geister doch«, erklärte ich. »Was Sie sehen, Frank, ist keine Einbildung.«
»Und was will sie?«
»Das werden wir noch herausbekommen. Ohne Grund ist sie nicht erschienen.« Ich ging einen Schritt auf die weiße, schwebende, in sich bewegende Gestalt zu und spürte abermals den kühlen Hauch, der mir entgegenstreifte.
»Ich freue mich für dich, Judy, daß du es geschafft hast, dich zu befreien.«
»Es war schwer genug…« Auch ihre Stimme klang geisterhaft.
Sie war mehr ein weiches Zischeln, und ich hatte Mühe, die einzelnen Worte zu verstehen.
»Dann stehst du nicht mehr unter seinem Einfluß?«
»Doch… doch, aber er konzentriert sich nicht mehr auf mich. Er hat andere Dinge vor.«
»Welche denn?«
In Judys Gesicht zuckte es. Wenn ich genauer hinschaute, konnte ich noch ihre ursprünglichen Züge erkennen. Ihre Haare hatten einstmals eine blonde Farbe besessen. Jetzt allerdings glichen sie ausfasernden Strähnen, als wären sie dünne Spinnweben, die sich zusammengedrückt hatten.
»Er will an die Templer. Ich weiß es. Baphometh lauert im Hintergrund. Er wurde zurückgeschlagen, aber es gibt Ariol Le Duc, den Grausamen. Er ist erwacht.«
»Wo?«
»Auf seinem Schloß. Es liegt nicht weit von hier. Château Le Duc ist ein gefährlicher Ort. Dort hat das Grauen lange gewartet, um endlich frei zu werden.«
»Le Duc – nicht?«
»So ist es. Man hat ihn nicht töten können. Er war ein Bild, ein Gemälde, das dachten die Menschen, die vor dem Rahmen standen und das Bild betrachteten. Es stimmte nicht. In Wirklichkeit lebte Le Duc. Er schlief nur und wartete darauf, wieder ins Leben zurückkehren zu können. Van Akkeren hat es geschafft. Es hat ihn aus seiner Verbannung erlöst. Der unheimliche Templer ist wieder da. Er wird sich rächen wollen. Er und van Akkeren werden Seelen für den Teufel sammeln.«
»Wie hat er es geschafft?« fragte ich.
»Durch den Apparat. Er ist ein Teufelswerk, deshalb muß er vernichtet werden.«
Das sagte sich so einfach. Wir hatten es ja versucht, waren aber gescheitert. Ich freute mich, daß es wenigstens Judy Landers’ Geist geschafft hatte, sich zu befreien, um uns vor der neuen Gefahr warnen zu können. Warnen wie der Abbé Bloch, der die Gefahr in seinem Würfel gesehen hatte.
»Was hat er noch vor?« fragte ich den Geist. »Kennst du eigentlich seine Pläne?«
»Ja!« drang der Hauch in den Barraum. »Er will sie alle. Die Menschen hier. Er kam in den Ort. Er nahm seine Kamera und fotografierte. Die Menschen sahen ihn und fürchteten sich. Sie wußten instinktiv, daß er Böses brachte. Er betrat die Häuser, als gehörte er zu ihnen. Er lachte und knipste. Dann ging er. Aber die Bewohner merkten, daß etwas mit ihnen geschehen war…«
»Flohen sie?« wollte Suko wissen.
»Zunächst noch nicht. Sie waren ratlos, bis
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