0526 - Der unheimliche Templer
das auf der Theke liegende Foto. Es zeigte einen Mann und eine Frau, die mitten im Raum tot in ihrem Blut lagen. Eine schreckliche Vision.
Der Unbekannte konnte den Anblick nicht ertragen. Er preßte die Hände vor das Gesicht, schüttelte den Kopf und flüsterte dabei:
»Wie oben im Schloß, wie oben…«
»Sie waren im Schloß?« fragte ich.
»Ja, da komme ich her. Ich mußte Hilfe holen, ich wollte von hier telefonieren, weil man die Reifen unseres Wagens zerstochen hatte. Verstehen Sie?«
»Noch nicht. Nur, daß Sie nicht allein unterwegs gewesen sind.«
»So ist es. Mit drei Freunden. Wir wollten eine Reise durch die Schlösser unternehmen, weil wir uns dafür interessieren. Geschichte und Kunstgeschichte, verstehen Sie?«
»Sicher. Wie heißen Sie denn?«
»Frank Didier.«
Auch wir stellten uns vor.
»Das hört sich nach England an. Ihre Namen, meine ich.«
»Ja, wir stammen aus London.«
»Ist es Zufall, daß ich Sie hier treffe.«
»In gewisser Weise schon«, sagte Suko. »Es geht uns eigentlich um Aufklärung einer grauenvollen Serie.« Er deutete auf das Foto.
»Damit hängt es zusammen.«
Didier nickte. Dabei schenkte er sich einen Cognac ein. »Im Schloß habe ich die Aufnahmen auch gesehen. Sie zeigten uns vier, und wir waren tot.«
»Haben Sie auch den Fotografen gesehen?«
Er nickte und trank gleichzeitig.
»Wie heißt er?« fragte ich.
»Ich kenne seinen Namen nicht. Ich habe ihn nur gesehen.« Er begann damit, ihn uns zu beschreiben.
Schon nach den ersten Sätzen wußten wir Bescheid. Didier brauchte nicht mehr weiterzureden. »Van Akkeren«, sagte ich nur.
»Vincent van Akkeren. Wer sonst?«
»Ist das sein Name?« fragte Didier.
»Ja.«
»Den habe ich nie zuvor gehört. Ich kenne den Mann auch nicht. Ich sah ihn heute zum erstenmal.«
Ich lachte hart auf. »Seien Sie froh, Monsieur Didier, daß Sie ihn nicht näher kennengelernt haben.« Ich nahm einen kleinen Schluck Cognac und legte Geld neben die Kasse. »Dieser Vincent van Akkeren ist ein Teufel in Menschengestalt.«
Didier ließ sich auf einen schmalen Stuhl fallen, der vor einem der runden Tische stand. Es befanden sich nur drei davon im Raum. Wir hatten Licht gemacht. Zwei Lampen gaben einen etwas trüben Schein ab, der gerade die Theke beleuchtete. »Wie meinen Sie das denn, Monsieur Sinclair? Das mit dem Teufel.«
»Wie ich es Ihnen schon sagte. Van Akkeren kennt keine Gnade, kein Pardon. Er ist grausam. Bei ihm spielen Menschenleben keine Rolle. Er geht über Leichen.«
Frank nickte. Dabei starrte er zu Boden. »Mon Dieu«, flüsterte er.
»Wenn ich daran denke, daß meine drei Freunde sich in seiner Gewalt befinden, dann habe ich unwahrscheinliches Glück gehabt, daß ich weggelaufen bin. Aber wie wird es ihnen ergehen? Ich… ich habe die Fotos gesehen, die uns als Tote zeigten. Sieht so unser Schicksal aus?«
Ich nickte. »Wenn es nach van Akkeren geht, ganz sicher. Er besitzt eine Kamera, die man ebenfalls als Teufelswerk bezeichnen kann. Es ist ein Apparat, der Bilder von Ereignissen schießt, die erst in der Zukunft stattfinden.«
Er starrte Suko und mich ungläubig an. »Das… das ist doch nicht wahr«, sagte er leise.
»Wir lügen Sie nicht an, Monsieur Didier«, erklärte mein Freund und Kollege.
»Und meine Freunde?« wiederholte er den Satz mit zitternder Stimme.
Ich winkte ab. »Langsam, Monsieur. Wir müssen davon ausgehen, daß van Akkeren ihnen etwas antun wird. Wann das sein wird, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich hoffe, er läßt sich genügend Zeit damit, so daß wir dem Schloß einen Besuch abstatten können.«
»Sie… Sie wollen meine Freunde da rausholen?«
»Was sonst?« sagte Suko.
Er schluckte. »Kann ich… kann ich dann mit?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Monsieur Didier, auf keinen Fall. Es wäre zu gefährlich. Van Akkeren ist ein Mensch, der keinerlei Rücksicht nimmt. Er wird zu einer Bestie, wenn er auf jemand trifft, der sich ihm in den Weg stellt.«
»Das tun Sie doch auch!«
»Natürlich«, gab Suko lächelnd zu. »Es ist unser Beruf, diese Menschen zu jagen.«
»Sind… sind Sie Polizisten?«
»So kann man es nennen«, erwiderte ich nickend.
»Sind Sie auch seinetwegen hergekommen?«
»Genau.«
Er wollte noch etwas sagen, doch seine Gesichtszüge erstarrten.
Zufällig war sein Blick zur Tür gefallen. Die Augen weiteten sich noch mehr, der Mund stand zwar offen, nur bekam er kein Wort mehr hervor. Es waren krächzende Laute, die über seine Lippen
Weitere Kostenlose Bücher